In Fernsehinterviews kritisiert Kardinal Philippe Barbarin die Gleichstellung von Schwulen und Lesben
In Frankreich trägt die katholische Kirche einen medialen Kampf gegen die von der Regierung geplante Öffnung der Ehe aus: Lyons Kardinal Philippe Barbarin erklärte, die Homo-Ehe führe zur Anerkennung von Inzest und Vielweiberei.
In mehreren Fernsehinterviews erklärte Barbarin, dass die Regierung und Schwule und Lesben den "Schutzwall" der traditionellen Ehe einreißen wollten, der Kinder schütze. Das könne zu einem "Zusammenbruch der Gesellschaft" führen: "Danach gibt es unzählige Konsequenzen", erklärte der Kardinal am Freitag gegenüber dem Lokalsender "Télé Lyon Métropole". "Als nächstes wollen sie dann Paare zu dritt oder zu viert. Und am Ende fällt vielleicht sogar das Inzestverbot." Die Ehe sei seit Jahrhunderten etabliert und enthalte mehr Wahrheit als "vergängliche Entscheidungen" eines Parlaments.
Die katholische Kirche reagiert damit auf den Plan der neuen sozialistischen Regierung, Schwule und Lesben im Eherecht gleichzustellen. Insbesondere die Gleichbehandlung im Adoptiosnrecht stößt bei den Bischöfen auf Ablehnung. Erste gleichgeschlechtliche Eheschließungen sollen im ersten Halbjahr 2013 möglich sein. Vergangene Woche hatte bereits der Chef der französischen Bischofskonferenz, Kardinal André Vingt-Trois, gegen die geplante Gesetzesreform mobil gemacht (queer.de berichtete).
Die neuerliche Medienoffensive führte zu heftiger Kritik von sozialistischen Politikern und Homo-Aktivisten. So erklärte der schwule Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë, Kardinal Barbarin sei "ausgeflippt". Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem bezeichnete die Aussagen des kirchlichen Würdenträgers als "Karikatur". Die Homo-Gruppe Inter-LGBT erklärte, dass Regenbogenfamilien nichts mit Polygamie zu tun hätten, diese Argumentationsweise sei aber "leider" in Kirchenkreisen normal.
Auch Homo-Aktivisten mit Gesetzentwurf unzufrieden
Am Gesetzentwurf der sozialistischen Regierung gibt es auch Kritik von Homo-Aktivisten. Sie bemängeln, dass lesbischen verheirateten Paaren der Zugang zur Reproduktionsmedizin weiterhin untersagt sein soll. Damit würden Homo-Paare, anders als von den Sozialisten im Wahlkampf versprochen, nicht vollständig mit Heterosexuellen gleichgestellt. "Ein Kind hat nicht das Recht auf einen Vater und eine Mutter", erklärte Catherine Michaud, die Vorsitzende der Homo-Gruppe GayLib, im Nachrichtensender "France 24". "Das Kind hat aber das Recht auf zwei Elternteile, die es lieben." (dk)
Youtube | Kardinal Barbarin im Interview