Die beiden Regisseurinnen von "Call Me Kuchu" auf der Berlinale: Katherine Fairfax Wright (li) und Malika Zouhali-Worrall
Die Doku "Call Me Kuchu" über mutige LGBT-Aktivisten im homophoben Uganda ist derzeit auf Roadshow durch Deutschland (queer.de berichtete). Im Interview berichten die beiden Regisseurinnen Katherine Fairfax Wright und Malika Zouhali-Worral mehr über ihr Projekt und verraten, wie man die Aktivisten am besten unterstützen kann.
Von Peter Fuchs
Kürzlich hackte die Gruppe Anonymous die Regierungsseiten von Uganda und platzierte LGBT-freundliche Botschaften. Ist das cool oder kontraproduktiv?
Malika: Schwierig zu sagen, ich sprach bisher auch nicht mit den Aktivisten darüber. Ich kenne aber ihre Befürchtungen in dieser Hinsicht. Je mehr ihr Kampf von Menschen aus westlichen Ländern unterstützt wird, desto mehr argumentieren ugandische Parlamentarier oder homophobe Zeitungen, dass es sich dabei um eine westliche, homosexuelle Agenda handelt. Für die Aktivistinnen in Uganda ist es jedoch wichtig, dass ihr Kampf unabhängig vom Westen gesehen wird.
Deutschland denkt in dieser Angelegenheit auch über eine Reduktion der Entwicklungshilfe nach. Ist das gut?
Malika: Ein Streichen der Entwicklungshilfe trifft vermutlich vor allem Regionen mit armen Bevölkerungsgruppen. Die sind eher nicht an der Diskussion um LGBT-Rechte beteiligt. Deshalb ist die Gefahr groß, dass die Aktivistinnen und Aktivisten für die Reduktion verantwortlich gemacht werden. Das würde ihre Forderungen nicht weiterbringen. Es ist also ein ziemlich schmaler Grat, der da beschritten wird.
Szenenfoto aus "Call Me Kuchu": Die Doku zeigt den gefährlichen Kampf um LGBT-Rechte in Uganda
Wie lässt sich die Situation dann überhaupt verbessern?
Malika: Am besten von innen. Die Aktivisten legen den Schwerpunkt auf Diplomatie hinter geschlossenen Türen. Es hat sich gezeigt, dass ausländische Regierungen mehr in inoffiziellen Gesprächen bewirken. David Kato war darin auch sehr gut. Ich bin da sehr naiv rangegangen, aber wir entdeckten, dass die Gruppe ziemlich gut Lobbyarbeit betreibt und zwar von den lokalen Bezirksbehörden bis hinauf zu den Vereinten Nationen.
Aber was können wir in Europa tun, um der LGBT-Community in Uganda zu helfen?
Katherine: Wie gesagt: Gutgemeintes kann auch nach hinten losgehen. Zu starker Druck auf die Regierung wird auch als Einmischung und Schwächung der Souveränität empfunden und provoziert reaktionäre Antworten. Aber man kann auch anders an die Sache herangehen. Ein großer Teil der Vorgänge in Uganda wird von amerikanischen Pastoren verantwortet. Wir können die Problematik daher von dieser Wurzel angehen. Kirchengemeinden in den USA und in Europa sollten einen zweiten Blick darauf werfen, wie es kommt, dass sie diese Art von Hass exportieren. Die Erziehung innerhalb der Religionsgemeinschaften ist ein wichtiger Punkt. Und jeder sollte die Informationen über die Vorgänge in Uganda weiter geben. Je mehr Leute diese Zustände kennen, je differenzierter sie über den Zusammenhang zwischen dem Hass und den Predigern Bescheid wissen, desto besser.
Manche Aktivistinnen und Aktivisten ließen sich nur mit Maske vor der Kamera interviewen
Wie seid Ihr überhaupt auf das Filmprojekt gekommen?
Malika: Wir hörten 2007 von einer Transperson in Uganda, die nach einer schikanösen Hausdurchsuchung vor Gericht zog, um die Generalstaatsanwaltschaft und die Polizei anzuzeigen. Und die Person gewann den Fall. Wir waren überrascht, dass in einem Land, in dem Sodomiegesetze vollstreckt werden, Menschen verhaftet werden, weil sie homosexuell aussehen, gleichzeitig so ein Prozess zustande kommt und dann auch noch positiv ausgeht. Das ließ uns hoffen, dass es ein starkes demokratisches System in Uganda gibt und dass es für die Aktivistinnen und Aktivisten in den nächsten Jahren so etwas wie Fortschritte geben könnte. Wir wussten nicht, wie es ausgehen würde, aber wir fanden, dass Uganda spannend sei.
Noch während der Dreharbeiten wurde der Aktivist David Katos ermordet. War es schwierig, sein Vertrauen zu gewinnen?
Katherine: Das war nicht schwer. David setzte sich schon seit Jahren für die Sache ein, war bereits geoutet und stellte sich auch bei jedem als der Kuchu – wie Queers in Uganda genannt werden – vor, der er war. Er war sehr stolz darauf und fungierte als Türöffner zu den anderen. David war wirklich ein mitfühlender, lustiger Mensch, stellenweise auch voll derbem Humor, aber immer superintelligent.
Malika: (lacht) Manchmal überraschte er uns auch mit einem ziemlichen Schandmaul, wir mussten auch ein paar schmutzige Worte aus der Doku schneiden. Er war nicht nur ein konsequenter Aktivist, sondern auch ein lebenslustiger Mensch. Diese Dimension wollten wir ebenfalls zeigen. Man soll sich beim Zuschauen mit ihm identifizieren können. Dokus über Afrika zeigen oft eine Kluft zwischen westlichem Publikum und Menschen in der Doku. Das wollten wir vermeiden, weil die Kluft mehr in unseren Köpfen als in der Realität besteht.
Welche Kraft trieb diesen tapferen Mann, sich in einer so feindlichen Umgebung zu exponieren?
Malika: Für David schien es die einzige Option zu sein. Bei seinem Aufenthalt in Südafrika erkannte er seine Homosexualität und erlebte die rechtliche Gleichstellung der dortigen LGBT-Community. Anstatt zu bleiben, ging er dennoch als schwuler Mann zurück nach Uganda, weil er spürte, dass er in seiner Heimat etwas ändern muss. Anfangs tat er das sogar ganz allein, als Einzelkämpfer.
Alle Termine der "Call Me Kuchu"-Roadshow
22.09. Frankfurt am Main, Mal Seh'n (mit Regie), 20 Uhr (-26.9. tgl. 18 Uhr)
22.09. Hamburg, Abaton (mit Regie), 20 Uhr, (-26.9. tgl)
22.09. Berlin, Eiszeit (mit Regie) (-26.9. tgl.)
24.09. München, Atelier, 21.15 Uhr (im Rahmen von MonGay)
25.09. Dortmund, Dortmunder U (mit Regie)
25.09. Karlsruhe, Kinemathek, 19 Uhr
27.09. Regensburg, Kino im Andreasstadel
11.10. Köln, Filmhaus (im Rahmen des Festivals "Jenseits von Europa")
13.10. Bremen, City 46, 18 Uhr
14.10. Dortmund, Schauburg, 18:30 Uhr (im Rahmen von "homochrom")
14.10. Nürnberg, Filmhaus, 17 Uhr (+ 18.-24.10. tgl.)
15.10. Düsseldorf , Bambi, 21 Uhr (im Rahmen von "homochrom")
16.10. Köln, Filmpalette, 21 Uhr (im Rahmen von "homochrom")
17.10. Essen, Galerie Cinema, 21.15 Uhr (im Rahmen von "homochrom")
19.10. Bochum, Metropolis, 21.30 Uhr (im Rahmen von "homochrom")
21.10. Oberhausen, Lichtburg, 21 Uhr (im Rahmen von "homochrom")
24.10. Weiterstadt, Koki, 20 Uhr
26.10. Hannover, Kommunales Kino, 18 Uhr
29.10. Halle, LUX Kino am Zoo
01.11. Münster, Cinema (-4.11.)
02.11. Oldenburg, Cine K
11.11. Aachen, Apollo
13.11. Konstanz, Zebra Kino, 20 Uhr
14.11. Braunschweig, Universum, 19 Uhr
20.11. Saarbrücken, Kino achteinhalb
20.11. Pforzheim, Kommunales Kino, 18.30 Uhr
26.11. Wiesbaden, Caligari
28.11. Mannheim, Cinema Quadrat e.V.
03.12. Leipzig, Cinémathèque (-5.12.)
18.12. Heidelberg, Karlstorkino