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SPD-Kanzlerkandidat
Ist Steinbrück unser Mann?
- 28. September 2012 3 Min.

Peer Steinbrück will neunter deutscher Bundeskanzler werden (Bild: dirk@vorderstrasse.de / flickr / by 2.0)
Peer Steinbrück soll nach dem Willen der SPD nächstes Jahr das Kanzleramt übernehmen. Bei Homo-Rechten war der 65-Jährige bislang eher zurückhaltend.
Von Dennis Klein
Der Chefgenosse ist gefunden: Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier haben sich Medienberichten zufolge aus dem Rennen um die SPD-Kanzlerkandidatur zurückgezogen und dem gebürtigen Hamburger das Feld überlassen. Die Sozialdemokraten hoffen, dass Wirtschaftsexperte und Raubein Steinbrück im kommenden Jahr am ehesten Merkels, Seehofers und Röslers Parteien Stimmen abjagen kann. Doch wie hält es der frühere NRW-Ministerpräsident und Bundesfinanzminister der Großen Koalition mit Homo-Rechten?
Der Bundesvorsitzende des Arbeitskreises Lesben und Schwule in der SPD (Schwusos) freut sich über die Wahl, hätte aber auch mit Steinmeier oder Gabriel leben können: "Wenn man sieht, was die Bundesregierung gerade tut, ist jeder SPD-Kandidat für uns besser", erklärte Ansgar Dittmar gegenüber queer.de. Er erinnerte an die Rede Steinbrücks vor dem SPD-Zukunftskongress vor zwei Wochen. Darin warf ein Steinbrück im Wahlkampfmodus der Bundesregierung vor, die Gleichbehandlung von Homosexuellen abzulehnen, um "an einer spießigen Biedermeier-Idylle des 19. Jahrhundert" festzuhalten.
Homo-Politik hat keine Priorität
Allerdings hat Homo-Politik für Steinbrück keine Priorität. Damit erinnert er an Gerhard Schröder, der die meisten Themen, die ihn nicht interessieren und die nicht eine große Zahl seiner Wähler betreffen, als "Gedöns" bezeichnet hatte. Beim Thema Homo-Gleichstellung im Landesrecht hat sich Steinbrück als Ministerpräsident von seinem grünen Koalitionspartner und der FDP-Opposition treiben lassen. Am Ende stellte er kurz vor seiner Abwahl 2005 Homo-Paare so weit gleich, wie es damals möglich war (queer.de berichtete). Damit war seine Regierung aber weit aktiver als die schwarz-gelbe Nachfolgeregierung gewesen, die sich bis 2010 beständig weigerte, weitere Gleichstellungsschritte einzuleiten.
Als Ministerpräsident machte Steinbrück auch gegen das Antidiskriminierungsgesetz mobil, das er sogar als "Bullshit" bezeichnet haben soll. Damit habe er sich aber nicht wie viele konservative Politiker gegen Minderheiten aussprechen wollen, erklärte Schwusos-Chef Dittmar: "Er hat damals nur die Wirtschaftlichkeit angezweifelt und fürchtete einen höheren Aufwand für Arbeitgeber". Die Schwulen und Lesben in der SPD seien sich sicher, dass Steinbrück dem SPD-Parteitagsbeschluss aus dem Jahr 2011 folgt, der eine Öffnung der Ehe vorsieht (queer.de berichtete). Es gebe "keine Anzeichen, dass er nicht an der Parteilinie festhält", so Dittmar.
Noch keine Mehrheit
Damit Steinbrück nächstes Jahr Kanzler werden kann, muss er noch viele Skeptiker überzeugen: Der neuesten Forsa-Umfrage zufolge liegt die SPD bei der Sonntagsfrage zwölf Prozentpunkte hinter der Union. Zusammen mit den Grünen kommt sie nur auf 38 Prozent – und ist damit von einer Mehrheit weit entfernt. Da die planlosen Piraten und die mit sich selbst beschäftigten Linken als mögliche Koalitionspartner ausfallen, bliebe Steinbrück neben einer eher unwahrscheinlichen Ampel nur der Ausweg in die Große Koalition. Diese Konstellation sorgte aber beim letzten Mal in Sachen Homo-Rechte für wenige Fortschritte. Immerhin konnte Finanzminister Steinbrück in Verhandlungen mit der Union durchsetzen, dass Schwule und Lesben im Erbschaftssteuerrecht weitgehend gleichgestellt werden (queer.de berichtete). Ob Steinbrück bei der Union mehr Zugeständnisse bei Homo-Rechten herausholt als die auch nicht gerade ergiebige FDP, ist aber zumindest fraglich.















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