Rainer Maria Woelki: Lob für den "konstruktiven Dialog"
Überraschende Entscheidung des Bündnisses gegen Homophobie: Für den Respektpreis wurde der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki nominiert, obwohl er Homosexuellen vorwirft, "gegen das natürliche Gesetz" zu verstoßen.
Das Berliner Bündnis, das im Auftrag der Landesantidiskriminierungsstelle vom LSVD Berlin-Brandenburg koordiniert wird, hat für die dritte Preisverleihung neben Woelki die Kabarettistin Gabi Decker, den katholischen Rebellen David Berger und die Frauenrechtlerin Seyran Ateş nominiert. Ende November soll der Gewinner bekannt gegeben werden.
Insbesondere die Nominierung von Woelki dürfte zu Kontroversen führen: Das Bündnis begründete seine Entscheidung jedoch damit, dass der 56-Jährige "als erster katholischer Erzbischof in Deutschland offiziell mit dem Lesben- und Schwulenverband zu Gesprächen" zusammengekommen sei. "Damit hat Woekli das seit Jahrzehnten angespannte Verhältnis seiner Kirche zu Lesben und Schwulen durchbrochen und das Fundament für weiteren Austausch und konstruktiven Dialog geschaffen", heißt es in der Begründung für Woelkis Nominierung.
Außerdem hätten öffentliche Äußerungen eine neue Linie erkennen lassen. So zitiert das Bündnis Woelki, der in den vergangenen Monaten in Presse-Interviews erklärt hatte, dass "gleichgeschlechtliche Partner ein vergleichbares Maß an Fürsorge" zeigten und "zwei Homosexuelle Verantwortung füreinander übernehmen" könnten. Damit sei der Kardinal "die erste hochrangige Persönlichkeit der Katholischen Kirche, die sich öffentlich für ein neues Miteinander mit Homosexuellen in der Gesellschaft ausspricht".
Woelki: Sexuell aktive Homosexuelle können "nicht gebilligt" werden
Allerdings erwähnt das Bündnis gegen Homophobie nicht, dass Woelki diese Worte nur für Homosexuelle gelten lässt, die zölibatär lebten. Schwule und Lesben, die Sex in einer Beziehung haben, seien dagegen seiner Ansicht nach ein Problem, weil sie "gegen das natürliche Gesetz verstoßen und deshalb von unserer Glaubensüberzeugung her nicht gebilligt werden können", so Woelki im August gegenüber der "Frankfurter Rundschau". Dabei betonte der Kardinal ausdrücklich, dass er in dieser Frage "keinerlei Abstriche" mache (queer.de berichtete).
Dennoch überraschte Woelki in den vergangenen Monaten mit den für die deutsche katholische Kirche relativ milden Worte gegenüber sexuellen Minderheiten: So hat sich der Absolvent einer Opus-Dei-Universität und ehemaliger Sekretär des reaktionären Kölner Kardinals Joachim Meisner bislang mit homofeindlichen Äußerungen zurückgehalten. Im Mai sagte er auf dem Katholikentag in Mannheim, dass homosexuelle Beziehungen ähnlich sein könnten wie heterosexuelle. Allerdings warnte er schon damals vor überhöhten Erwartungen: So könne der innerkirchliche Veränderungsprozess lange dauern. Außerdem werde die Kirche bis in alle Ewigkeit daran festhalten, dass nur Heterosexuelle das Recht auf Eheschließung hätten.
Die Preisverleihung an einen der vier Nominierten findet am 4. Dezember im Berliner Grand Hotel Esplanade statt. Im vergangenen Jahr wurde die Berliner Staatssekretärin für Jugend und Familie, Sigrid Klebba (SPD) ausgezeichnet. Bei der ersten Preisverleihung 2010 erhielt die Moabiter Dohm-Schule den Preis.
In dem 2009 gegründeten "Bündnis gegen Homophobie" haben sich über 40 Unternehmen, Organisationen und Verbände aus den Bereichen Sport, Kultur und Wirtschaft zusammengeschlossen, darunter die Akademie der Künste, die AOK Nordost, die Deutsche Bank, der Polizeipräsident, das Deutsche Rote Kreuz, Kaiser's Tengelmann und der Fußballverein Türkiyemspor. Zuletzt war auch der Bruno Gmünder Verlag beigetreten (queer.de berichtete). (dk)