Orlando Cruz hat sich am 4. Oktober via Pressemitteilung geoutet. Nun will er der erste offen schwule Boxweltmeister werden (Bild: WBO Boxing)
Unter großem Jubel des Publikums besiegte der puertoricanische Boxer Orlando Cruz in der Nacht zum Samstag seinen Konkurrenten Jorge Pazos aus Mexiko. Der Wettkampf in Kissimmee im US-Bundesstaat Florida war der erste nach seinem Coming-out als Schwuler vor zwei Wochen (queer.de berichtete).
Der 31-Jährige setzte sich vor etwa 3.000 Zuschauern im Civic Center nach Punkten durch. Bereits beim Einmarsch war er frenetisch gefeiert worden – die Mehrheit der Fans waren Landsleute. Sein Gegner Pazos war ihm lange Zeit ebenbürtig, doch die Ringrichter sprachen Cruz den Sieg einstimmig mit 118-110, 116-111, 118-110 zu. Damit behält Cruz nicht nur seinen Super-Fliegengewicht-Titel in der World Boxing Organization (WBO), er ist auch seinem Ziel, erster offen schwuler Boxweltmeister zu werden, einen Schritt nähergekommen.
"Es ist mein Traum, der Traum meiner Mutter und der Traum meiner ganzen Community", sagte Cruz auf einer Pressekonferenz nach dem Wettkampf: "Das war mein Moment. Und ich habe gewonnen." Der Boxer freute sich zudem über die positive Reaktion der Fans: "Das Publikum war klasse, hat mich respektiert und genau darauf habe ich auch gehofft. Ich möchte einfach, dass die Leute mich als normalen Boxer und Mann sehen."
"Große Last von den Schultern gefallen"
Cruz, der im Jahr 2000 für sein Land bei den Olympischen Sommerspielen in Sydney antrat, steht derzeit auf Platz vier der Weltrangliste im Federgewicht (bis rund 57 Kilo). Von den jetzt 22 Profi-Kämpfen hat er 19 gewonnen, davon neun mit einem Knock-out, und nur zwei verloren. 2008 holte er den ersten Weltmeister-Titel der WBO.
Orlando Cruz ist der weltweit erste Boxer, der sich während seiner aktiven Karriere als schwul geoutet hat. Auf seine entsprechende Presseerklärung vom 4. Oktober 2012 habe er "zu 95 Prozent positive Reaktionen" erhalten, erklärte der Sportler in zahlreichen Interviews. "Das ist ein sehr mutiger Schritt", meinte etwa der frühere Weltmeister Henry Maske: "Es gibt immer welche, die den Kampf als Erste führen."
Ihm selbst sei eine große Last von den Schultern gefallen, räumte Cruz ein. "Die ersten Tage waren wie ein Eimer kaltes Wasser, aber ich musste es tun." Jetzt könne er sich endlich zu hundert Prozent auf seine Karriere konzentrieren. Entsprechend entspannt gab sich der Boxer vor dem Kampf gegen Pazos: "Ich bin bereit, ich bin hungrig. Hier kommt der neue Orlando."
Auf homophobe Beschimpfungen und Beleidigungen, die ihn ebenfalls erreicht hätten, reagierte Orlando Cruz gelassen: "Sie nennen mich Schwuchtel, aber das ist mir jetzt egal. Sie können mich nicht mehr verletzen." (cw)