Ein paar homophobe Artikel, die der Bund Lesbischer und Schwuler Journalisten gesammelt hat und zu Rügen durch den Presserat führten (Bild: BLSJ)
Von der "pervertierten Welt der Luxus-Homos" zu Strichern im Vatikan: Die Entscheidungen des Presserats in einem Überblick.
Von Norbert Blech
Im Laufe der Jahre hatte der Presserat immer wieder über Beschwerden zu Artikeln zu entscheiden, die mit schwulen und lesbischen Themen zu tun hatten. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Presse, die nicht für Gratis-Blätter und nur teilweise für Online-Magazine zuständig ist, kann unter anderem Rügen verteilen, die das betroffene Medium abdrucken muss.
Die Beschwerdeausschüsse des Organs beziehen sich dabei auf den Pressekodex. Ziffer 12, der Diskriminierung verbietet, erwähnt nicht ausdrücklich das Merkmal der sexuellen Orientierung. Wörtlich heißt es aber: "Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden."
Andere relevante Abschnitte sind Ziffer 1 (Wahrung der Menschenwürde) und Ziffer 9 ("Es widerspricht journalistischer Ethik, mit unangemessenen Darstellungen in Wort und Bild, Menschen in ihrer Ehre zu verletzen"). Wie die Entscheidung zu Peter Altmaier zeigt, kann Ziffer 8 ("Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen") ebenfalls Auswirkungen auf die Berichterstattung über Schwule und Lesben haben. Ob ein Verstoß vorliegt, ergibt sich aus einer Abwägung mit anderen wichtigen Gründen für eine Berichterstattung, etwa die freie Meinungsäußerung und das öffentliche Interesse.
Zu einem Einschreiten kommt es eher selten: 1999 war die "B.Z." gerügt worden, weil sie bei einer "Spuren-Suche im Kinderporno-Skandal" den schwul-lesbischen Nollendorfkiez mit dem Hinweis "eine Adresse für perverse Männer" abgebildet hatte. Zwei Jahre zuvor hatte sich die Zeitschrift "Coupé" eine Rüge eingehandelt, als ein Kolumnist forderte: "Entzieht schwulen Friseuren sofort die Lizenz – für immer."
Klare und fragwürdige Entscheidungen
Im gleichen Jahr erhielt die "Bunte" einen redaktionellen Hinweis, nachdem sie den Mörder von Gianni Versace als "Todesengel" beschrieb, "wie ihn nur die dekadente, pervertierte Welt der Luxus-Homos hervorbringen konnte". 1997 wurden "Bild" und "Bunte" auch für ihre Berichterstattung über einen Doppelmord gerügt, die Boulevardzeitung hatte etwa getitelt: "Die Lesben-Pension – wie viele tote Männer liegen noch im Garten?" Dabei war "Bild" bereits 1973 für eine ähnliche Berichterstattung gerügt worden – für die Serie "Die Verbrechen der lesbischen Frauen".
Wie erst kürzlich die "Bild"-Kolumne von Franz-Josef Wagner zeigte, bekommt aber nicht jeder homophobe Text eine Rüge – der Beschwerdeausschuss hielt sie durch das Recht auf Meinungsäußerung für gedeckt (queer.de berichtete). Auch andere Entscheidungen gingen nicht "zugunsten" von Schwulen und Lesben aus.
2006 war der Presserat in Kritik geraten, nachdem er eine Fotomeldung der "Bild"-Zeitung milde mit einer Missbilligung und nicht mit einer Rüge bewertete; nur letztere muss abgedruckt werden. Das Blatt hatte ein Bild mit der Überschrift "Hier werden zwei Kinderschänder gehängt" versehen. Es stammte von einer iranischen Nachrichtenagentur und zeigte höchstwahrscheinlich zwei Jugendliche, die wegen ihrer Homosexualität getötet wurden (queer.de berichtete).
2001 kam es auch zu einer Missbilligung für eine Boulevardzeitung, die die Homophobie der Kirche kritisierte. Der Satz "Würde der Vatikan schließen, Roms Stricher hätten ein Problem" sei "eine unzulässige und pauschalierende Feststellung, die alle Angehörigen des Vatikans diskriminiert", so der Presserat.