Lothar Binding (SPD) brachte den Vermittlungsausschuss ins Spiel
Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag erneut eine Gleichstellung von Homo-Paaren im Steuerrecht abgelehnt. Ein Änderungsantrag der Grünen zum Jahressteuergesetz (PDF), der Lebenspartnern ein Ehegattensplitting gebracht hätte, scheiterte wie erwartet an den meisten Abgeordneten von CDU/CSU und FDP.
Von 550 anwesenden Abgeordneten stimmten 253 für den Antrag der Grünen, 288 dagegen. Neun Parlamentarier enthielten sich. Die Grünen hatten eine namentliche Abstimmung beantragt, die Ergebnisse liegen aber noch nicht vor (Update s.u.). Die SPD hatte zudem einen Antrag vorgelegt, in dem unter anderem die Nicht-Berücksichtigung der steuerlichen Gleichstellung für Homo-Paare kritisiert wurde (PDF); er fand ebenfalls keine Mehrheit.
Zuletzt hatte der Bundestag im Juni über Anträge der Opposition für eine Gleichstellung einerseits und eine Öffnung der Ehe andererseits debattiert und diese abgelehnt (queer.de berichtete). Danach hatte unter anderem der schwule FDP-Politiker Michael Kauch erklärt, die Frage des Ehegattensplittings im Herbst im Koalitionsausschuss zu klären. Er verwies dabei auf den Koalitionsvertrag. In ihm heißt es, die Regierung werde "gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht abbauen und insbesondere die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten umsetzen".
Unions-Sommerdebatte ohne Erfolg
Lisa Paus und Volker Beck von den Grünen erinnerten an das Bundesverfassungsgericht
Im August hatten 13 Abgeordnete der Union eine Initiative für das Ehegattensplitting für Homo-Paare gestartet (queer.de berichtete), ihnen schloss sich Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und die bekannte Nürnberger Abgeordnete Dagmar Wöhrl an (queer.de berichtete). In Folge gab es teils heftige Gegenstimmen aus der CDU und ein Machtwort der Kanzlerin (queer.de berichtete): Ohne ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu der Sache, das für nächstes Jahr erwartet wird, werde man nicht tätig werden. Ihr "Nein" zu einer Gleichstellung hat sie seitdem zweimal öffentlich wiederholt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte in den letzten Monaten immer wieder seine Ablehnung einer Gleichstellung zum Ausdruck gebracht.
Der schwule CDU-Abgeordnete Jens Spahn aus Steinfurt-Borken gehörte zu den 13 "Rebellen". Bereits im Juni hatte er gegen die Anträge der Opposition gestimmt und auch am Donnerstag hatte er das vorab erklärt: "Ich springe nicht über jedes Stöckchen, dass Volker Beck plötzlich über Nacht hinhält. Da geht's um Parteitaktik, nicht um die Sache", so Spahn gegenüber "Blu". Auch ein weiterer "Rebell", der Abgeordnete Matthias Zimmer, sagte dem Magazin, er werde das "Taktieren der Grünen" nicht mitmachen.
Ronny Pohle von den Lesben und Schwulen in der Union (LSU) hatte diese Äußerungen am Nachmittag bereits bei Facebook kritisiert: "Da wettern einige Unionsabgeordnete gegen denn Volker Beckschen Antrag zum Jahressteuergesetz und begründen somit ein Nein bei der Abstimmung. Sie bekommen es aber nicht gebacken, einen eigenen Antrag innerhalb der Regierungsfraktion zu stellen um somit die Ungleichbehandlung abzuschaffen." Auch CDU-Bundesvorstandsmitglied und LSU-Mitglied Regina Görner kritiserte die mangelnde Initiative der eigenen Leute: "Dass man sich jetzt wieder mal vom politischen Gegner und demnächst vom Verfassungsgericht vorführen läßt, ist einfach kurzsichtig und überflüssig wie ein Kropf."
LSU-Bundesvorsitzender Alexander Vogt, gegen den Pohle kürzlich antreten wollte (queer.de berichtete), sagte hingegen, der Antrag der Grünen sei "parteitaktisch motiviert": "Dies ist eindeutig Wahlkampfgetöse und dient damit nicht der Sache", überzeuge keine Politiker der anderen Fraktionen. Man freue sich aber "über jede Stimme aus der Union, die dieses Ansinnen unterstützt."
Herdprämie ja, Homoprämie nein
Vor dem Merkel-Machtwort hatte die FDP mit einer Blockade der "Herdprämie" gedroht, sollte die Union nicht zu einer Gleichstellung von Homo-Paaren zu gewinnen sein (queer.de berichtete). Anfang der Woche wurde bekannt, dass die FDP den Widerstand gegen das Gesetz aufgegeben hat und im Gegenzug eine finanzielle Entlastung von Patienten erreichen will. Vor der heutigen Debatte hatte Michael Kauch erklärt, er werde für den Grünen-Antrag stimmen. Gegenüber queer.de wollte er aber nicht sagen, wie seine Fraktionskollegen abstimmen würden. Die Frage, ob er innerhalb dieser Legislaturperiode noch mit einer Gleichstellung rechne, ließ er unbeantwortet.
Kurze Debatte mit Nachschlag
Barbara Höll begrüßte die Antrage von SPD und Grünen
Die queerpolitische Sprecherin der Linken, Barbara Höll, hatte im Vorfeld erklärt, ihre Fraktion werde für den Änderungsantrag stimmen. In der Debatte zum eigentlichen Jahressteuergesetz, in der für die Homo-Gleichstellung nur ein paar Sätze Zeit waren, nannte sie die Änderung zugunsten von Homo-Paaren "sinnvoll". Ob die Partei geschlossen für den Antrag stimmte, muss sich noch nach dem Ergebnis der Abstimmung zeigen: Im Juni hatten sich einige Abgeordnete enthalten, da sie generell gegen ein Ehegattensplitting sind.
Lothar Binding (SPD) kritisierte die Koalition für die fehlende Gleichstellung, die nun im Vermittlungsausschuss folgen werde – selbst der Bundesrat hatte die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert (queer.de berichtete). Lisa Paus von den Grünen erinnerte an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht, das immer wieder eine Gleichstellung forderte, und kritisierte die Koalition: "So geht eine vermeintlich bürgerliche Regierung mit ihren Bürgern und Bürgerrechten um." Selbst 14 von 16 Bundesländern setzten Homo-Paare bei der Steuer inzwischen vorläufig gleich (queer.de berichtete).
Dr. Daniel Volk von der FDP erklärte, es sei "abwegig" zu behaupten, die Koalition habe über das Steuergesetz miteinander gerungen. Auch habe man viel erreicht, etwa bei der "Hagelversicherung für Landwirte". Er ging auf weitere Punkte ein, nicht aber auf die Homo-Ehe. Auch Patricia Lips (CDU) erwähnte die Landwirte, Lebenspartnerschaften nicht.
Die Debatte war eigentlich vorbei, da meldete sich Volker Beck von den Grünen mit einem Redebeitrag zu Wort. Wie Viele in seiner Partei sei er "kein Fan des Ehegattensplittings". Aber nach all den Urteilen aus Karlsruhe sei eine Gleichstellung geboten. Er zitierte dafür vor allem Politiker der FDP mit entsprechenden Aussagen. Die Gleichstellung sei "kein Thema für Koalitionsreibereien, sondern ein verfassungsrechtliches Gebot."
Daraufhin antwortete Michael Kauch (FDP): "Was in der Koalition vereinbart ist und durchgesetzt wird, das klären wir unter uns", wies er Beck zurecht, "wir brauchen keine Nachhilfe." Die Gleichstellung sei "ein Gebot der Fairness und der Verfassung", daher würden acht Kollegen für den Antrag zum Ehegattensplitting stimmen und drei sich enthalten. An die eigene Koalition gerichtet sagte er, man würde sich freuen, wenn alle den Koalitionsvertrag mit allen Bestimmungen annehmen würden.
Kurz nach der Abstimmung griff Volker Beck die Regierung erneut in einer Pressemitteilung an: "Im Sommerloch unterhielten FDP und Union das staunende Publikum mit Überlegungen zur Gleichstellung von homosexuellen Paaren. Jetzt ist klar: der kurze Sommer und die warmen Worte konnten das Eis nicht brechen." Die Regierung bleibe "beim Vorsatz, diskriminieren zu wollen, wo Diskriminierung möglich ist". Beck sagte, im Bundesrat werde es zum Jahressteuergesetz "keine Zustimmung ohne eine Gleichstellung" geben: "Durch ihre Verweigerungshaltung gefährdet die Koalition ihre eigenen Steuerpläne."
Auch der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) kündigte am Abend die Anrufung des Vermittlungsausschusses an. (nb)
Update: Am Abend wurde das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt (PDF). Bei Grünen, SPD und Linken stimmten alle anwesenden Abgeordneten für den Antrag zur Gleichstellung. Bei der Union enthielten sich Stefan Kaufmann, Jürgen Klimke, Jan-Marco Luczak und Elisabeth Winkelmeier-Becker, ansonsten stimmten alle Abgeordneten gegen den Änderungsantrag.
Für die Gleichstellung bei der FDP stimmten Sylvia Canel, Michael Kauch, Jürgen Koppelin, Sebastian Körber, Oliver Luksic, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Peter Röhlinger und Marina Schuster. Es enthielten sich Christine Aschenberg-Dugnus, Lars Lindemann, Birgit Reinemund, Manfred Todtenhausen und Daniel Volk; der Rest der anwesenden Liberalen stimmte gegen die Gleichstellung.
Nicht anwesend waren unter anderem Angela Merkel, Guido Westerwelle und Peter Altmaier. Mit Nein stimmten unter anderem Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, die Staatssekretärin Katherina Reiche, Bildungsministerin Annette Schavan und Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Updates: 22.08h Nils Schmid, 21.50h Abstimmungsergebnis, 20.40h PM Volker Beck.
Die Debattenbeiträge als Video von Volker Beck und Michael Kauch.
Für heute nur soviel an diese unerträgliche schwarz-gelbe Gurkentruppe:
IHR ÜBT VERRAT AN EINEM NICHT UNERHEBLICHEN TEIL DER BÜRGER UND BÜRGERINNEN DIESES LANDES, DEREN VERFASSUNGSMÄSSIGE RECHTE IHR AUF DEM GÖTZENALTAR VON KATHOLISCHER KIRCHE UND ZURÜCKGEBLIEBENEN HINTERWÄLDLERN OPFERT.
Ich spucke vor Euch aus, Ihr seid keine Vertreter der Menschen dieses Landes, sondern selbstsüchtige, durch unsere Steuergelder (über-)bezahlte, Marionetten von Kreisen, die Euch mit verschleierten Parteispenden (allein 2 Millionen ungeklärter Herkunft, die der Ex-Parteivorsitzender der CDU Helmut Kohl, sich weigerte ordentlich verbuchen zu lassen: Ich habe den Spendern, "wahrscheinlich war es das organisierte Verbrechen", mein "Ehrenwort" gegeben, dass für mich die Gesetze nicht gelten und mein lächerliches Ehrenwort über allen Gesetzen dieses Landes steht - daher musste ich auch nicht ins Gefängnis, sondern werde - als wäre nichts gewesen - von CDU-CSU der entsetzten Öffentlichkeit als "Vorbild" präsentiert.
Ich könnte mich übergeben, angesichts dieser Verlogenheit und Menschenverachtung.
Wahltag ist Zahltag!