Die richtige Verbindung zur besten Schutzmethode auswählen... (Bild: irfan9727 / flickr / by 2.0)
Die HIV-Therapie schützt auch vor HIV-Übertragung, der Einfluss anderer Infektionen ist aber geringer als gedacht. Die wichtigsten Punkte dazu im Überblick.
Von Christian Scheuß
Kann es Safer Sex ohne Kondom geben, wenn die Medikamente beim HIV-positiven Partner gut wirken? Seit drei Jahren lautet die offizielle Antwort: Unter gewissen Umständen, dann aber so gut und zuverlässig wie Kondome. Die durch wissenschaftliche Studien abgesicherte Erkenntnis hat inzwischen das Label "Viruslastmethode" erhalten, eine neue Methode für Safer Sex, die HIV-Positive zum Schutz für sich und andere in ihr Sexleben einbauen können. Hier im Überblick nun der aktuelle Stand der Empfehlungen. Neue Erkenntnis in diesem Jahr: Der Einfluss anderer sexuell übertragbarer Krankheiten ist geringer als bislang gedacht.
Wie funktioniert der Schutz durch die HIV-Medikamente?
Die Therapie verhindert die Vermehrung des Virus im Körper. Nach einiger Zeit ist bei einer gut wirksamen Therapie im Blut kein HIV mehr nachweisbar. Man spricht dann von einer "Viruslast unter der Nachweisgrenze" Die Grenzen der Testmethoden der Labore liegen bei 20 bis 40 Viruskopien. Dann sind auch in den Schleimhäuten keine oder nur noch sehr weniger HI-Viren – eben unter dieser Grenze – nachweisbar. Eine Übertragung von HIV auf Sexpartner ist extrem unwahrscheinlich.
Wie sicher ist der Schutz durch die Medikamente
Studien haben ergeben, dass eine gut wirksame HIV-Therapie mindestens genauso zuverlässig vor der Übertragung von HIV schützt wie Kondome. In diesem Fall ist auch Sex ohne Kondom Safer Sex. Absolute Sicherheit gibt es in beiden Fällen nicht, denn auch beim Kondomgebrauch kann etwas schief gehen. Beide Methoden haben jedoch eine sehr hohe Schutzwirkung.
Wie groß ist das Restrisiko?
Das lässt sich schwer beziffern, auf jeden Fall sehr gering. Weltweit ist bisher nur ein Fall wissenschaftlich dokumentiert, in dem HIV trotz wirksamer Therapieübertragen wurde.
Welche Bedingungen müssen erfüllt sein bei der "Viruslastmethode"?
Die Viruslast muss mindestens seit einem halben Jahr unter der Nachweisgrenze liegen und der HIV-Positive muss die Medikamente regelmäßig einnehmen. Ob die Bedingungen erfüllt sind, zeigt der Bluttest, der alle drei Monate durchgeführt wird.
Kann die Viruslast wieder ansteigen und damit das Risiko einer Infektion?
Das kann vor allem dann passieren, wenn die Medikamente nicht regelmäßig eingenommen werden. Wer die Tabletten im Urlaub vergisst, hat nach zwei bis drei Wochen eine hohe Viruslast im Blut. Die Wirksamkeit der Therapien kann nach einiger Zeit auch aus anderen Gründen nachlassen, durch Resistenzen zum Beispiel. Das ist aber ein schleichender Prozess, der durch die dreimonatigen Checks rechtzeitig erkannt werden kann.
Steigern andere sexuell übertragbare Infektionen das Risiko?
Davon sind die Experten lange ausgegangen. Generell erhöhen sexuell übertragene Infektionen wie Syphilis, Tripper oder Chlamydien das Risiko der HIV-Übertragung erheblich. Mittlerweile zeichnet sich in Studien aber immer mehr ab, dass dies angesichts einer gut wirksamen HIV-Therapie nur wenig Einfluss auf das Übertragungsrisiko hat. Das Restrisiko erhöht sich nur minimal.
Kann die Viruslast nicht steigen, wenn der HIV-Positive eine Syphilis oder eine andere sexuell übertragbare Infektion hat?
Das ist möglich, der Anstieg wird aber angesichts der Therapien nur minimal ausfallen, so dass eine HIV-Übertragung weiterhin fast ausgeschlossen bleibt.
Ist es nicht sicherer, zusätzlich zum Schutz durch die Therapie weiterhin Kondome zu benutzen?
Zwei sehr sichere Methoden zusammen erhöhen natürlich noch einmal die Schutzwirkung, allerdings nur noch graduell, wenn man einen 95-prozentigen mit einem 96-prozentigem Schutz zusammenlegt. Kondomtreue über Jahrzehnte durchzuhalten ist zudem schwierig, es gibt immer wieder einmal Situationen, in denen man es weglässt. Die Sorge danach ist dann aber geringer. Gerade für Paare ist vertrauensvoller Sex Teil der Intimität und Nähe der Beziehung. Deren Wunsch, auf das Kondom verzichten zu können, von daher mehr als verständlich. Mit der Viruslastmethode haben diskordante Paare (einer HIV+, der andere HIV-) eine neue Option.
Was spricht noch dafür, weiterhin Kondome zu verwenden?
Bei wechselnden Partnern helfen Kondome, das Risiko anderer sexuell übertragbarer Infektionen zu verringern. Daher ist es vor allem bei anonymen Kontakten mit Partnern, deren Gesundheitsstatus man nicht kennt, nach wie vor das erste Mittel der Wahl.
Disclaimer
Dieser Artikel wurde inhaltlich frei von einem queer.de-Autoren verfasst. Der Themenkanal "Gesundheit HIV+" wird durch Unterstützung von "GILEAD Sciences GmbH" ermöglicht.
Gegenüber der Variante ohne Kondom hat sich der Schutz hier also verfünfundzwanzigfacht...