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Ulrich Würdemann
"Ondamaris" verabschiedet sich aus der Blogosphäre
- 14. November 2012 2 Min.
Eine der wichtigsten und kritischsten deutschsprachigen Quellen zum Thema HIV und Aids versiegt. Der Blogger Ulrich Würdemann verabschiedete sich am Mittwoch mit einem "Danke und Tschüss" von seinen Lesern. Sieben Jahre lang hatte der HIV-positive Autor auf ondamaris.de mit Leidenschaft die Community mit Nachrichten, Hintergrundinfos und Analysen auf dem Laufenden gehalten. "Ondamaris" – die Meereswelle – hatte er sich als Titel ausgesucht, weil sie als Symbol für die "Wellenbewegung des Fortschritts und Rückfalls" bei diesem Thema schlicht passe. Und weil er gern ans Meer fährt (Leidenschaft!!). Mindestens einmal im Jahr, möglichst mit seinem Mann, mit dem er seit 30 Jahren zusammen ist (Leidenschaft!!!).
Dafür hat er nun mehr Zeit, denn das zeitfressende Projekt eines journalistisch fundierten und gut gepflegten Blogs hat er erst mal an den Nagel gehängt. "Nach sieben Jahren hat sich bei mir eine Routine eingeschlichen, die im Widerspruch zu meinem Selbstverständnis als Journalist mit aktivistischer Sichtweise steht", nennt Würdemann gegenüber queer.de einen seiner Gründe. Der 53-Jährige, der vor 26 Jahren sein positives Testergebnis erhielt, fühlt sich aber auch nicht mehr ganz repräsentativ als Berichterstatter in Sachen HIV und Aids. "Es wird Zeit für Jüngere, die das Thema aus ihrer Perspektive heraus und in ihren eigenen Erzählweisen aufgreifen."
Einen jüngeren Nachfolger, der ondamaris.de weiter betreiben würde, hat Ulrich Würdemann nicht gefunden. Die potentiellen Kandidaten aus seinem Mitautorenkreis schreckten vor Verantwortung und Aufwand für die ehrenamtlich wie finanziell unabhängig betriebene Website zurück. "Ich hatte den 'Luxus', als Frührentner die Zeit für ondamaris zu haben. Wer arbeiten geht, kriegt das nicht nebenbei hin." Deshalb ist nach mehr als 2.300 Artikeln und 8.000 begleitenden User-Kommentaren erst einmal Schluss mit der kritischen Stimme, die über "tabuisierte Feigwarzen" und das "minimale Risiko Oralverkehr" kompetent aufklärte, die Themen der Selbsthilfe-Bewegung hintergründig dokumentierte und zu den sozialen wie politischen Folgen der Immunschwächekrankheit fundierte Analysen lieferte. Was im Sommer 2009 mit der Verleihung des Medienpreises der Deutschen Aids-Stiftung zu Recht gewürdigt wurde. Das Team von queer.de sagt mit Leidenschaft "Danke" für die vergangenen sieben Jahre.
Was stellt er jetzt mit der vielen freien Zeit an? "Ideen habe ich viele, es wird sich zeigen, was umsetzbar ist." Ondamaris bleibt auf jeden Fall als Archiv online, er selbst in den sozialen Netzwerken präsent. Und wer wissen will, wohin genau ihn die Wellenbewegungen seines privaten Lebens samt Mann und Meer treiben, der kann dies auf 2mecs.de verfolgen… (cs/Foto: ondamaris)

Links zum Thema:
» "Ondamaris" verabschiedet sich
» Privates Blog 2mecs.de
Alles gute für die zukunft!