Der Oberste Gerichtshof (Sąd Najwyzszy) in Warschau
Der Oberste Gerichtshof in Polen hat am Mittwoch entschieden, dass gleichgeschlechtliche Paare im Zivilrecht nicht rechtlos sind.
Im vorliegenden Fall gaben die Richter einem schwulen Mann Recht, der den Mietvertrag des verstorbenen Lebenspartners übernehmen wollte. Dieses Recht wurde bislang nur Eheleuten, heterosexuellen Lebenspartnern, sowie Kindern oder Enkeln gewährt. Das Höchstgericht hat nun entschieden, dass auch Schwulen und Lesben die Übernahme des Mietvertrags gewährt werden muss, die in einer "emotionalen, körperlichen und wirtschaftlichen Verbindung" gestanden haben.
Im vorliegenden Fall hat Adam K. die Stadt Warschau verklagt, weil sie ihn nach dem Tod seines Partners aus der gemeinsamen Wohnung, die im städtischen Besitz ist, hinauswerfen wollte. Grund: Der Mietvertrag lief nur auf den Verstorbenen.
In erster Instanz hatte der Mann die Klage noch verloren, danach verwies ein Berufungsgericht den Fall an das Höchstgericht weiter. Während sich das Bezirksgericht auf die polnische Verfassung berief, die die Ehe ausdrücklich als Verbindung zwischen Mann und Frau beschreibt, verwies der Oberste Gerichtshof auf kontinentales Recht: So hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits 2010 in einem ähnlichen Fall gegen Polen entschieden (queer.de berichtete). Die Straßburger Richter argumentierten, dass das osteuropäische Land gegen das in der Menschenrechtskonvention festgeschriebene Diskriminierungsverbot verstoßen hatte. Außerdem sei das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens tangiert worden.
Polen behandelt gleichgeschlechtliche Paare bislang als Fremde, allerdings gibt es Bewegung in der politischen Debatte: So hat die rechtsliberale Regierung angekündigt, eingetragene Partnerschaften einführen zu wollen (queer.de berichtete). Allerdings sollen Homo-Paare weniger Rechte als heterosexuelle Eheleute erhalten.
Viele Konservative sowie die rechtspopulistische Partei "Recht und Gerechtigkeit" des früheren Ministerpräsidenten Jarolslaw Kaczynski lehnen eine Anerkennung von Homosexuellen jedoch kategorisch ab, ebenso wie die in Polen mächtige katholische Kirche. (dk)