Vitus Huonder ist der Bischof von Chur (Bild: Bistum Chur)
Die Eidgenossen wollen gemeinsam mit der Initiative "Stoppt kreuz.net" gegen das Hassportal vorgehen. Doch wie glaubhaft und uneigennützig ist das?
Von Norbert Blech
Während die Deutsche Bischofskonferenz zu nicht mehr als einer schwachen Distanzierung von kreuz.net findet, wollen die Schweizer Bischöfe offensiver gegen das katholische Hetzportal vorgehen. Wie queer.de erfuhr, haben die Eidgenossen eine Zusammenarbeit mit der Initiative "Stoppt kreuz.net" begonnen.
Bereits vor wenigen Wochen hatte der Medienbeauftragte des Bistums Chur Kontakt zu David Berger aufgenommen, der Theologe leitet die durch Spenden und ein Kopfgeld gestützte Initiative des Bruno-Gmünder-Verlags. Bezüglich der "Demaskierung der kreuz.net-Leute" habe man "gewiss gemeinsame Interessen" und könne sich "gegenseitig helfen", heißt es im ersten von vielen Schreiben aus Chur.
Jede Gelegenheit, sich von kreuz.net zu distanzieren und "bei der Aufdeckung der wahren Strippenzieher zu helfen", sei willkommen, so der Bischofssprecher weiter.
Homophober Bischof gegen Homophobie?
Das ist insofern bemerkenswert, als Bischof Vitus Huonder selbst Kontakt zu Personen hatte, die im Verdacht der Autorenschaft von kreuz.net stehen, etwa durch das Umfeld der "Kölner Liturgischen Tagung". Der 70-Jährige gilt als erzkonservativ und wird auf dem Portal häufig gelobt und verteidigt.
Auch hat Huonder selbst schon heftig gegen Homosexuelle ausgeteilt: Ein Adoptionsrecht für Homo-Paare spreche gegen die "Ordnung der Natur", sagte er in diesem Sommer. Denn: "Die besten Voraussetzungen zur Entwicklung einer sicheren Geschlechtsidentität hat ein Kind, wenn es in der Geschlechterspannung von Mutter und Vater aufwachsen kann" (queer.de berichtete).
Auf eine Reporteraussage, dass Kinder schon längst bei Schwulen und Lesben aufwüchsen, sagte der Bischof: "Was Fakt ist, muss nicht unbedingt ethisch in Ordnung sein." Jedes Kind habe ein Recht auf Mutter und Vater, so Huonder weiter. "In der Struktur einer homosexuellen Partnerschaft wird dieses Recht dem Kind vorsätzlich verwehrt. Das ist eine Verletzung des Kindsrechts." Huonder forderte ansonsten auch für Eltern ein "Widerstandsrecht" gegen einen Sexualkundeunterricht, der auf religiöse Weltanschauungen keine Rücksicht nehme und die "höchst problematische Ideologie" verbreite, im Schutz vor Aids vor allem auf Kondome zu setzen.
Meinungsfreiheit und Angemessenheit
Bereits im Februar musste das Bistum Stellung zu kreuz.net nehmen, nachdem Texte eines lokalen Priesters auf kreuz.net erschieden waren. Reto Nay, zugleich Mitgründer und vermutlich Chef des ebenfalls nicht völlig harmlosen Portals gloria.tv, wurde einbestellt. Er distanzierte sich nur halbherzig – die Texte seien ungefragt übernommen worden, er sei aber für jede Verbreitung dankbar.
Huonder ließ danach öffentlich verbreiten, es sei "für einen Priester der Diözese Chur nicht angemessen, auf diesem Portal zu publizieren". Die Arbeit des Mannes für gloria.tv sei aber dessen Privatsache und auch für Priester gelte Meinungsfreiheit.
Ist der Kampf gegen kreuz.net für die Kirche vielleicht das, was der Kampf gegen Rechts für die CSU ist? Es soll nichts rechts von uns geben? Oder ist das Engagement vielleicht einfach nur vorgeschoben? Die Initiative "Stoppt kreuz.net" hat jedenfalls einen Vorschlag aus Chur aufgegriffen und in einem Offenen Brief die Schweizer Bischofskonferenz offiziell zur Mitarbeit aufgefordert: "Das Zeichen, dass Sie durch eine solche Geste setzen würden, wäre unübersehbar. Es würde die vielerorts schon verloren gegangene Glaubwürdigkeit wiederherstellen, dass man wirklich allen Menschen mit 'Takt und Respekt' begegnen und sich gegen jede ungerechte Diskriminierung wenden möchte!"
(Goethe)