Für Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel darf eine Ehe nur aus Mann und Frau bestehen (Bild: Hardo / flickr / by-sa 2.0)
Die Bundeskanzlerin will die Privilegierung der Ehe gegenüber der Eingetragenen Lebenspartnerschaft erhalten, andere CDU-Spitzenpolitiker pflichten ihr bei.
Von Carsten Weidemann
Kurz vor dem CDU-Bundesparteitag mehren sich die Stimmen führender Unions-Politiker gegen eine steuerliche Gleichbehandlung von schwul-lesbischen Paaren. Einer entsprechenden Initiative einiger Abgeordneter um die stellvertretende Fraktionschefin Ingrid Fischbach erteilte auch die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel eine klare Absage.
"Ich persönlich möchte die steuerliche Privilegierung der Ehe beim Splitting-Tarif erhalten, weil unser Grundgesetz die Ehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Familie sieht und beide unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt", sagte Merkel in einem Interview mit der "Bild am Sonntag". Sie sei sich aber nicht sicher, ob ihre Position auf dem Parteitag auch eine Mehrheit erhalten werde, entschärfte die CDU-Chefin ihr Machtwort. "Nun bin ich gespannt auf den Parteitag, ich bin sicher, wir werden eine gute, respektvolle Diskussion haben."
Bereits im Oktober hatte Merkel bei einer CDU-Regionalkonferenz in Fulda vor 1.800 Parteimitgliedern klargestellt, dass mit ihr keine weiteren Schritte zur Gleichstellung zu machen seien. "Aus eigenem Antrieb" werde es kein Ehegattensplitting für schwule und lesbische Paare geben (queer.de berichtete). Im Sommer hatte die Bundeskanzlerin noch versucht, eine entsprechende Debatte im Keim zu ersticken (queer.de berichtete).
Fraktionschef Kauder glaubt an Niederlage de Gleichstellungs-Befürworter
Will das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten: Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (Bild: Wiki Commons / Michael Aldick / CC-BY-3.0)
Unions-Fraktionschef Volker Kauder geht anders als Merkel von einem eindeutigen Nein des Parteitags aus. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Delegierten mehrheitlich dafür stimmen, das Ehegattensplitting auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu übertragen", sagte der CDU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung". Kauder kritisierte im gleichen Atemzug die Parteifreunde, die sich gegen eine Diskriminierung von Schwulen und Lesben wenden, als taktisch unklug: "Wenn ich also Befürworter der Gleichstellung wäre, müsste ich mich spätestens jetzt fragen, ob ich meinem Anliegen einen Dienst erwiesen habe."
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister sprach sich dafür aus, das für 2013 erwartete Karlsruher Urteil zum Ehegattensplitting abzuwarten. "Ich würde (…) in jedem Fall empfehlen, abzuwarten, was das Bundesverfassungsgericht hier für grundsätzliche Anmerkungen macht", meinte der CDU-Politiker gegenüber "dpa". Möglicherweise würde das höchste deutsche Gericht der Politik einen "konkreten Handlungsauftrag" erteilen. Sollte Karlsruhe für eine Gleichstellung entscheiden, sei er "gerne" bereit zu prüfen, wo es noch Benachteiligungen für homosexuelle Paare in allen Rechtsbereichen geben könnte, so McAllister.
Zu Wort meldete sich auch der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer. In der "Welt am Sonntag" warnte er die Schwesterpartei vor einem Gleichstellungs-Beschluss. Er beharre darauf, dass es "auch in Zukunft eine Form der Privilegierung von Ehe und Familie geben muss", sagte Seehofer. "Der besondere Schutz von Ehe und Familie ist nicht umsonst ins Grundgesetz geschrieben."
Breiter Widerstand gegen den Initiativantrag der "Wilden 13"
Prominenteste CDU-Befürworterin einer Gleichstellung im Steuerrecht ist Familienministerin Kristina Schröder (Bild: Michael Panse / flickr / by-nd 2.0)
Bereits Ende November hatte die CDU-Parteiführung einen Antrag für den Parteitag beschlossen, der sich gegen eine Gleichstellung wendet: "Die steuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im Ehegattensplitting lehnen wir ab", heißt es darin. Die aus 14 Personen bestehende Antragskommission für den Parteitag unter Führung von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hatte einen bereits bestehenden Antrag des erzkonservativen CDU-Kreisverbandes Fulda übernommen, verbal entschärft und mit einem Hinweis auf Toleranz versehen (queer.de berichtete).
Grund für das Einschreiten der Bundes-CDU war ein Antrag von einer "Wilde 13" genannten Gruppe von CDU-Abgeordneten, die sich für eine Gleichstellung ausspricht. In deren Initiativantrag heißt es, in der eingetragenen Partnerschaft werde "wie in der Ehe wechselseitige Verantwortung übernommen. Dadurch wird wie in der Ehe die Gemeinschaft entlastet. Es werden wie in der Ehe konservative Werte gelebt." Prominenteste Unterstützerin einer Gleichstellung im Steuerrecht ist Familienministerin Kristina Schröder.
Der CDU-Bundesparteitag findet vom 3. bis 5. Dezember in Hannover statt. Die Union hatte in der Vergangenheit mehrfach das Ehegattensplitting abgelehnt und im Bundestag mitsamt der FDP dagegen gestimmt, einer wiederholten Bitte des Bundesrates zum Trotz. Die Opposition will die Gleichstellung über das Jahressteuergesetz erzwingen, das im Bundesrat gescheitert ist und nun im Vermittlungsausschuss landet (queer.de berichtete).
Vermutlich im nächsten Jahr wird das Bundesverfassungsgericht zum Ehegattensplitting urteilen und wahrscheinlich die Gleichstellung fordern. Karlsruhe hatte bereits in mehreren Fragen, auch bei steuerrechtlichen, entschieden, dass eine Unterscheidung zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe eine verfassungswidrige Diskriminierung ist.
Ich hoffe nur, dass sie dafür bei der nächsten Wahl die Quittung bekommt.