Mit dem Bundesparteitag startet die CDU in den Wahlkampf...
Auf dem CDU-Bundesparteitag in Hannover haben die Delegierten am Dienstag mit deutlicher Mehrheit die Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern im Steuerrecht abgelehnt.
Von Dennis Klein
Die CDU wird als Partei in den nächsten Wahlkampf ziehen, die eingetragene Lebenspartner weiter höher belasten will als vergleichbare Ehepaare. Per Handzeichen hat eine "eindeutige Mehrheit für das Votum der Antragskommission" gestimmt, wie Wirtschafts-Staatssekretär Peter Hintze am Dienstagabend bekannt gab. Eine "beachtliche Minderheit" votierte dagegen. Damit nahm die Partei einen ursprünglich vom konservativen Kreisverband Fulda eingebrachten und von der Bundespartei entschärften Antrag an, in dem es heißt: "Eine steuerliche Gleichstellung von eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften im Ehegattensplitting lehnt der Bundesparteitag ab".
Hintze lobte die Delegierten für eine "sehr ernsthafte Diskussion". Insgesamt hatten sich rund zwei Dutzend Personen zum Thema geäußert. Die Gegner der Gleichbehandlung hatten dabei eine Vielzahl von Argumenten angeführt. Der "Klassiker" kam vom Fuldaer Delegierten Walter Arnold: Es gehe ihm "in keiner Weise um die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften". Vielmehr wolle er den im Grundgesetz festgelegten besonderen Schutz der Ehe verteidigen. Das "Abstandsgebot" zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft sei wichtig, um traditionelle Familien zu fördern.
Mehrere Gegner der Gleichbehandlung schlossen sich Arnold an: Der NRW-Bundestagsabgeordnete Karl Schiewerling erklärte: "Es geht nicht um technische Lösungen von technischen Fragen", sondern um den "Schutz von Ehe und Familie". Friedhelm Koch, der Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, rechnete kalt vor, dass die gleichgeschlechtlichen Beziehungen nicht im "öffentlichen Interesse" seien. Wichtig sei nur das "demografische Problem": "Alles andere ist privat". Und die alleinerziehende Elke Duhme von der Frauen-Union fürchtete gar, dass gleiche Rechte zur Verschlechterung ihrer persönlichen Situation führen könnte: Es könne nicht sein, dass durch eine Gleichbehandlung von Homo-Paaren "Alleinerziehende noch weiter an den Rand gedrängt werden".
"Gott hat sich etwas dabei gedacht"
Delegierte beim Parteitag bei einer Abstimmung
Steffen Flath, der Vorsitzende der sächsischen CDU-Landtagsfraktion, machte die Besserstellung von heterosexuellen Paaren gleich zum religiösen Thema: "Ich bin in die CDU eingetreten weil ich Christ bin. Gott hat uns Menschen geschaffen als Frau und Mann und ich glaube, dass er sich etwas dabei gedacht hat." Daher sei die Ehe für ihn etwas "Besonderes", das Homosexuelle nicht erhalten dürften. "In meiner katholischen Kirche nennt man das ein Sakrament". Die Bevorzung der Ehe ist daher für ihn eine Frage des "Fortbestands der Menschheit".
Die Gegner der Gleichstellung argumentierten zudem, dass eine Gleichbehandlung von verpartnerten Homo-Paaren im Steuerrecht die Ehe weniger wichtig machen würde. So behauptete der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Thomas Bareis, dass eine Ausweitung des Ehegattensplittings die "Ehe verwässern" würde.
"Aus gleichen Pflichten müssen gleiche Rechte folgen"
Der Berliner Delegierte Jan-Marco Luczak appellierte an die Anwesenden, für die Gleichbehandlung zu votieren – vergebens
Für die Seite der Reformer, die einen von 111 Delegierten unterstützten Gegenantrag eingebracht hatten, sprach als erster Redner der Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak: "Wir nehmen der Ehe nichts weg", so der 37-Jährige, der 2009 den Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg erstmals seit 15 Jahren wieder für die CDU gewinnen konnte. "Aus gleichen Pflichten müssen gleiche Rechte folgen. Das sollte für uns eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein". Immerhin sehe er schon einen Fortschritt darin, dass die Debatte bei einem CDU-Parteitag überhaupt stattfindet: "Vor 20 Jahren wäre das nicht möglich gewesen".
Luczak glaubt, dass Karlsruhe im nächsten Jahr ohnehin die Benachteiligung von Lebenspartnern im Eherecht für verfassungswidrig erklären wird, wie es das Gericht schon bei der Erbschaftssteuer getan hat. "Ich bin sicher, wir werden im nächsten Jahr eine Entscheidung bekommen, die uns verpflichtet, eingetragene Partnerschaften gleichzustellen", so Luczak. Das habe unter anderem Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière bestätigt.
Allerdings, das verschweigt Luczak, lehnte de Maizière trotzdem die Gleichbehandlung ab – und das im Fernsehsender "Phoenix" mit einem zynischen Kommentar: "Wenn wir vor dem Bundesverfassungsgericht verlieren, was ich vermute, dann werden wir das ordnungsgemäß umsetzen. Aber erst dann".
Der abgelehnte Antrag der Gleichstellungbefürworter erklärt in einem Satz, warum die CDU gut beraten gewesen wäre, für die gleichen steuerlichen Regelungen für Homo- und Hetero-Paare einzutreten: "Eine Partei, die sich ihrer Werte verpflichtet weiß, darf die erforderlichen Entscheidungen nicht auf das Bundesverfassungsgericht schieben, zumal deutlich ist, dass sie damit Menschen im Stich lässt, die selbst konservative Werte leben, indem sie dauerhafte Bindungen eingehen." Mehrere Redner warnten deshalb davor, dass die CDU in Großstädten weiter absacken könnte.
"Durch die Basis legitimierte Diskriminierung"
In einer ersten Reaktion bedauerte Ronny Pohle, Vorstandsmitglied bei den Lesben und Schwulen in der Union (LSU) , dass es dem Kreisverband Fulda gelungen ist, die Union in die Vergangenheit zu führen: "Das ganze war eine symbolische Scheindebatte zur Schärfung des konservativen Profils", so Pohle gegenüber queer.de. Die Union sei nach wie vor die letzte größere Partei, "die die Lebensrealität nicht anerkennt" – und nun gebe es zusätzlich "eine durch die Basis legitimierte Diskriminierung".
Auch der grüne Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck kritisierte die Entscheidung der CDU-Delegierten in einer ersten Reaktion scharf: "Ob Frauenquote, Betreuungsgeld oder Lebenspartnerschaft: die CDU macht Gesellschaftspolitik nach dem Leitbild der 50-er-Jahre". Die Christdemokraten schielten mit dieser Politik "auf den rechten Rand".
Zu den Rednern für die Gleichbehandlung gehörten auch die beiden schwulen Bundestagsabgeordneten Stefan Kaufmann aus Stuttgart und Jens Spahn aus NRW. Spahn fühlte sich durch die Angriffe seiner Parteifreunde bei seiner Rede vor dem Parteitag ein wenig gekränkt. So erklärte er, es sei "nicht fair, die Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften mit der Förderung der Familie auszuspielen". Außerdem wehrte er sich gegen den Vorwurf, nur seinen persönlichen Lebensentwurf verwirklichen zu wollen: "Ich verwirkliche nichts. Ich bin einfach, wie ich bin", so Spahn.
Mit der CDU / CSU wird es niemals irgendeinen noch so kleinen Fortschritt geben. Für die Union werden wir immer Menschen 2. Klasse bleiben.
Wer da immer noch irgendwelche Hoffnungen in die Union oder deren Mehrheitsbeschaffer von der FDP steckt, sollte langsam mal aufwachen und die Realität anerkennen.