Präsident Obama steht unter Beschuss wegen der geplanten Nominierung von Chuck Hagel als Verteidigungsminister
In Amerika ist ein Streit über die mögliche Nominierung von Chuck Hagel als neuer Verteidigungsminister entbrannt. LGBT-Organisationen sorgen sich darüber – mit teils undurchsichtigen Gründen.
Von Norbert Blech
US-Präsident Barack Obama ist für eine mögliche Nominierung eines ehemaligen republikanischen Senators als Verteidigungsminister in Kritik geraten. Der 66-jährige Chuck Hagel, der für Nebraska zwölf Jahre lang im US-Senat saß, gilt als aussichtsreicher Nachfolger für Leon Panetta, der in den Ruhestand geht.
Kritiker vor allem aus der republikanischen Partei sagen, Hagel sei gegen Israel zu hart eingestellt und gegenüber dem Iran zu sanft. Hagel hatte einmal gesagt, "die jüdische Lobby schüchtert [im Kongress] viele Leute ein", auch sei er sei kein "israelischer Senator". Ansonsten scheint die Kritik aber vor allem darauf abzuzielen, den Präsidenten zu schwächen. Die Demontage Hagels knüpft an Obamas gescheiterten Versuch an, die Uno-Botschafterin Susan Rice zur neuen Außenministerin zu machen.
Homophobe Äußerung, Entschuldigung 14 Jahre später
Der offen schwule James Hormel war von 1999 bis 2001 US-Botschafter in Luxemburg
Ein weiterer Kritikpunkt an Hagel ist eine mögliche Homophobie. 1998 hatte der Vietnam-Veteran die Nominierung des offen schwulen James Hormel zum Botschafter in Luxemburg durch Bill Clinton kritisiert. Botschafterposten seien "sensibel" und Hormel "öffentlich aggressiv homososexuell".
Die LGBT-Organisation Human Rights Campaign forderte vor wenigen Tagen eine Entschuldigung Hagels für diese Worte und wies auf sein Abstimmungsverhalten im Senat hin: Dort stimmte er praktisch immer auf Seiten der Homo-Gegner. Die Organisation wies darauf hin, dass auch im Pentagon eine fortschrittliche und schwulen- und lesbenfreundliche Politik geleistet werden müsste.
Hagel entschuldigte sich wenig später. Hormel kritisierte zunächst, dass dies 14 Jahre gedauert habe und aufgrund der Nähe zur Nominierung wenig glaubhaft sei. Nachdem er die Entschuldigung gelesen hatte, nahm er diese Kritik aber zurück: Er habe noch nie erlebt, dass sich ein Nominierter für irgendwas entschuldigt hätte, und Hagel habe die richtigen Worte gefunden.
Der Nominierte hatte sich nicht nur für "unsensible Kommentare" entschuldigt, sondern klargestellt, dass er die LGBT-Politik des Präsidenten unterstützen und umsetzen werde. Am Sonntag nahm dann auch Präsident Obama Hagel in Schutz. Für diesen Kommentar habe er sich entschuldigt, so Obama in der NBC-Sendung "Meet The Press", was ein Zeichen sei "für den positiven Wandel in den Einstellungen der Leute gegenüber Schwulen und Lesben in unserem Land." Darauf sei er stolz und jeder in seiner Regierung verstehe seine Haltung in diesen Fragen.
Woher kommt das Kampagnen-Geld der Homo-Republikaner?
Die Anzeige der Log Cabin Republicans
Die größte Kritik an Hagel kam von den Log Cabin Republicans. Die Vereinigung schwuler und lesbischer Republikaner hatte am Donnerstag eine ganzseitige Anzeige in der "New York Times" geschaltet: Hagel sei bei Homo-Rechten ebenso fehlgeleitet wie bei den Fragen Iran und Israel.
Diese Anzeige überraschte, zumal die Log Cabin Republicans Kritik an den eigenen Reihen bislang eher leise vertraten und etwa die auch nicht gerade homofreundlichen McCain und Romney als Präsidentschaftskandidaten unterstützten.
Der britische "Guardian" fragte sich zudem, wie die Vereinigung plötzlich auf die Themen Irak und Iran komme, wozu sie sich vorher praktisch nie geäußert habe. Und woher das Geld kam für die Anzeige, die rund 100.000 US-Dollar gekostet haben könnte.
Das "follow the money" führte zu nichts, der Log-Cabin-Republican-Chef R. Clark Cooper sprach von Spendern von außerhalb der Organisation, wollte diese aber nicht benennen. Da Cooper sich noch wenige Tage vor der Anzeige positiv über den Nominierten geäußert hatte, war für "Guardian"-Autor Glenn Greenwald die Sache klar: "Eine bevorzugte Taktik von Neocons – die die Schmutzkampagne gegen Hagel leiten – ist das zynische Aussnutzen von liberalen Fragen, um Unterstützung für ihre militaristische Agenda zu bekommen." Das habe sich unter anderem bei Frauenrechten in Afghanistan gezeigt und nun bei dem Versuch, Debatten mit unterschiedlichen Ansichten zu Israel zu verhindern. "Schwule Aktivisten sind die ausgenutzten Werkzeuge bei diesem Versuch", so der "Guardian".