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- 08. Januar 2013 3 Min.

Chuck Hagel soll als Verteidigungsminister die Abschaffung von "Don't ask, don't tell" überwachen, obwohl er Homo-Rechte in der Vergangenheit ablehnte
Am Montag hat US-Präsident Barack Obama Ex-Senator Chuck Hagel für den Posten des Verteidigungsministers nominiert. Viele Homo-Aktivisten sehen den Kandidaten kritisch.
Der 66-jährige Republikaner soll Leon Panetta ablösen und muss noch vom Senat bestätigt werden. Kritik an der Nominierung gibt es sowohl von Rechts als auch von Links: Republikanische Parteifreunde bemängeln, dass Hagel eine zu nachgiebige Haltung gegenüber dem Iran habe und damit Israel gefährde – außerdem nehmen sie ihm übel, dass er als Senator einen schnellen Abzug aus dem Irak und Afghanistan gefordert hatte. Auf demokratischer Seite wird insbesondere kritisiert, dass Hagel sich in der Vergangenheit homophob geäußert hatte: 1998 hatte der Vietnam-Veteran die Nominierung des offen schwulen James Hormel zum Botschafter in Luxemburg durch Präsident Bill Clinton kritisiert. Botschafterposten seien "sensibel" und Hormel "öffentlich aggressiv homosexuell". Vergangenen Monat entschuldigte sich Hagel bei dem Diplomaten und erklärte, er werde sich für die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben einsetzen.
Senatorin Tammy Baldwin, die vor wenigen Tagen als erste Lesbe in der Parlamentskammer vereidigt worden war, kündigte an, vor der Zustimmung zur Nominierung Hagel befragen zu wollen, "ob seine Entschuldigung ehrlich gemeint ist und ausreicht", wie sie im linksliberalen Nachrichtensender MSNBC erklärte. "Ich möchte wissen, wie seine Ansichten sich in den letzten 14 Jahren entwickelt haben." Schließlich müsse er Umsetzung der Abschaffung von "Don't ask, don't tell" verwalten, die 2011 in Kraft trat (queer.de berichtete).
Auch Homo-Aktivisten schauen mit gemischten Gefühlen auf die Nominierung: "Er muss beispielsweise sagen, wie er zu Fragen wie Transsexuellen in den Streitkräften steht", sagte Richard Socarides, der frühere Berater von Präsident Bill Clinton zu schwul-lesbischen Fragen. "Diese Fragen muss jeder Kandidat für den Posten des Verteidigungsministers beantworten, aber sie sind besonders wichtig für jemanden wie Senator Hagel, der wegen seiner Äußerungen Überzeugungsarbeit leisten muss."
"Aggressive Engstirnigkeit"

Der schwule Demokrat Barney Frank lehnt Hagel als Verteidigungsminister ab
Der Anfang Januar aus dem Amt ausgeschiedene Barney Frank, der sich als erster Kongressabgeordneter in den 80er Jahren geoutet hatte, hat bereits erklärt, er lehne die Kandidatur Hagels ab, weil seine Äußerungen "aggressive Engstirnigkeit" zeigten. Außerdem habe Hagel als republikanischer Senator "andauernd gegen eine faire Behandlung von LGBT-Menschen gestimmt", so der Demokrat. Tatsächlich hat Hagel zwischen 2001 und 2006 nach Angaben der Homo-Gruppe Human Rights Campaign in "null Prozent der Fälle" für Homo-Rechte gestimmt. Als Senator hat er sich auch jahrelang dagegen ausgesprochen, dass Schwule und Lesben offen im Militär dienen dürfen.
Die Obama-Beraterin Valerie Jarrett verteidigt Hagel jedoch in Namen des Präsidenten: "Eines der großen Erfolge der LGBT-Bürgerrechtsbewegung ist, dass Menschen ihre Meinung ändern können und ihre falschen Ansichten aus der Vergangenheit einer Evolution ausgesetzt sind", so Jarrett. "Der Präsident glaubt Hagel, dass ihm die Aussagen aus der Vergangenheit leid tun und dass er alle Militärangehörigen und ihre Familien gleich behandeln wird."
Die Kritik aus der republikanischen Partei könnte nach Ansicht von Analysten andere Ursachen haben, besonders weil er als Senator vor wenigen Jahren noch hoch angesehen war. Heute attackieren Konservative die Nominierung Hagels aber mit Worten wie: "Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Freunde Israels", wie Senator Lindsay Graham aus South Carolina zu Protokoll gab. Politikwissenschaftler gehen davon aus, dass die angeschlagene Oppositionspartei mit ihrem Widerstand dem demokratischen Präsidenten schaden will, damit die Partei in zwei Jahren bei den Kongresswahlen den Senat zurückerobern kann. So hat der Protest gegen die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice im Dezember bereits dazu geführt, dass sie aus dem Rennen um das Amt des Außenministers ausscheiden musste. (dk)
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