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Politisches Chamäleon
Berlusconi doch für Homo-Rechte?
- 08. Januar 2013 3 Min.

Nach Umfragen liegt Silvio Berlusconi zurück - will er jetzt um die Stimmen von Schwulen und Lesben buhlen? (Bild: Alessio85 / flickr / by 2.0)
Im Wahlkampf hat der frühere italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi erklärt, dass er sich eine Anerkennung von Homo-Paaren vorstellen könne. Schwul-lesbische Gruppen sind aber skeptisch.
Am Montagmorgen überraschte Berlusconi in einem Interview von Radio RTL 102,5 mit der Ankündigung: "Ich bin dafür, zusammenlebende Paare anzuerkennen, auch homosexuelle, sofern es eine Mehrheit dafür gibt". Bislang hat Berlusconi Homo-Rechte jedoch stets abgelehnt, mit teils schroffen Worten. So sagte er 2011, dass Homo-Paare "nie auf einer Stufe" mit Familien stehen könnten (queer.de berichtete).
Homo-Aktivisten trauen dem früheren Regierungschef nicht über den Weg: "Die drei Regierungen, die Berlusconi zwischen 1994 und 2011 geleitet hat, haben gar nichts für Schwule und Lesben getan", sagte Fabrizio Marrazzo von der Gruppe Gay Center. Er forderte Berlusconi auf, seine Vorschläge zum offiziellen Programm seiner konservativen Partei "Volk der Freiheit" (PDL) zu machen. Auch die Organisation Arcigay zeigte sich überrascht über den "plötzlichen Meinungswechsel" – und vermutet einen "fehlgeleiteten Witz" des 76-Jährigen. Lediglich die konservative Homo-Gruppe GayLib begrüßte den Vorstoß: "Berlusconis neue Offenheit für die Anerkennung von Homo-Paaren ist eine Nachricht, die man nicht ignorieren kann", erklärte GayLib-Chef Enrico Oliari.
Lob für den Schwenk kam aus dem liberalen Flügel der PDL. So sagte Parteisprecher Daniele Capezzone, dass die Aussage Berlusconis "große Bedeutung" habe und von "Vernunft und Modernität" zeuge. Andere Abgeordnete erklärten jedoch, dass eine Familie nur aus einem Mann und einer Frau bestünde und daher die Beziehungen von Schwulen und Lesben nicht anerkannt werden sollten.
Vatikan ist besorgt

Kirchensprecher Domenico Sigalini
Scharfe Kritik an Berlusconis Aussage kommt von der katholischen Kirche: "Meiner Ansicht nach ist es verrückt, dieses Thema zur Priorität zu machen", erklärte Domenico Sigalini, ein Sprecher der italienischen Bischofskonferenz.
Mit dem Vorstoß Berlusconis werden Homo-Rechte immer mehr zu einem Thema bei den Ende Februar stattfindenden Parlamentswahlen. Bereits vergangene Woche hatte der amtierende Ministerpräsident Mario Monti im Nachrichtensender SkyTG24 zum Thema Homo-Ehe Stellung genommen, allerdings eine Positionierung vermieden: Er erklärte, dass die Mehrheit im Parlament entscheiden solle. Der auch vom Vatikan unterstützte Kandidat erklärte, dass gerade die katholischen Kleinparteien mit diesem Vorstoß Probleme haben würden. Fragen der "persönlichen Würde" sehe er aber als wichtiger an als Wirtschaftsreformen, so Monti kryptisch.
Laut Umfragen liegt das Mitte-Links-Bündnis unter Führung der Demokratischen Partei derzeit mit 40 Prozent deutlich vor Berlusconis PDL, die nach Zahlen von SkyTG24 auf 25 Prozent kommen würde. Montis neu gegründete Partei könnte demnach nur mit zwölf Prozent der Stimmen rechnen.
Eine Mitte-Links-Regierung unter Ministerpräsident Romano Prodi versuchte bereits 2007, eingetragene Partnerschaften einzuführen (queer.de berichtete). Das Vorhaben scheiterte aber am Widerstand der oppositionellen Berlusconi-Partei und von einer katholischen Gruppierung in Prodis Neunparteienkoalition. (dk)














