Dass Kinder in Heterofamilien besser aufwachsen, ist für die Richter ein "Vorurteil" (Bild: Kurt Löwenstein Educational Center International Team from Germany, Lizenz: CC-BY-2.0)
Das oberste Gericht Italiens hat am Freitag in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Kindern in Regenbogenfamilien nichts fehlt.
Nach Auffassung von Italiens höchstem Gericht schadet es dem Kindeswohl nicht, mit schwulen oder lesbischen Eltern aufzuwachsen. Die Vorstellung, dass eine homosexuelle Familie für das ausgeglichene Wachstum schädlich sei, basiere nicht auf "wissenschaftlichen Gewissheiten", sondern lediglich auf Vorurteilen, heißt es in einem historischen Urteil des Kassationsgerichts in Rom vom Freitag.
Die Richter wiesen damit die Klage eines Mannes ab, der nach der Trennung von seiner Partnerin das Sorgerecht für das gemeinsame Kind an die Mutter verloren hatte. Weil diese nun in einer lesbischen Beziehung lebt, wollte er das Sorgerecht zurückgewinnen.
Die vor Gericht vorgetragene Behauptung des Mannes, dass das Umfeld eines homosexuellen Paares nachteilig für das Kind sei, "setzt etwas voraus, das zu beweisen ist, nämlich die Schädlichkeit eines solchen Familienkontextes", erklärten die Richter in der Urteilsbegründung.
Homo-Rechte wichtiges Thema im Wahlkampf
Der italienische LGBT-Verband Arcigay begrüßte die Entscheidung des Kassationsgerichts und sprach von einem "historischen Urteil". Es gibt zudem dem Thema Homo-Rechte neuen Auftrieb im Vorfeld der Ende Februar stattfindenden Parlamentswahlen.
Erst in der vergangenen Woche hatten sowohl der amtierende Ministerpräsident Mario Monti als auch Herausforderer Silvio Berlusconi erklärt, sich eine rechtliche Anerkennung homosexueller Partnerschaften vorstellen zu können (queer.de berichtete). Großer Widerstand kommt jedoch von der katholischen Kirche, für die eine "wahre" Familie auf der Ehe von Mann und Frau basiert.
Bereits im vergangenen Jahr hatte das italienische Kassationsgericht in einer ebenso wegweisenden Entscheidung eine Gleichstellung schwuler und lesbischer Paare gefordert (queer.de berichtete). Der Unterschied der Geschlechter als Zulassungsgrund für die Ehe sei ein überwundenes Prinzip, hieß es in dem Urteil vom März 2012. Der Aufforderung der Richter, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu erarbeiten, kam das italienische Parlament jedoch bislang nicht nach. (cw)
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