Zu Update springen: Stellungnahme von Thomas Mosmann (16:42h)
In Villingen-Schwenningen wurde am Sonntag die "Demokratische Schwul/Lesbische Partei (DSLP) gegründet. Der Vorsitzende Thomas Mosmann bezeichnete sich selbst als "NPD-Sympathisanten".
Von Micha Schulze
SPD, Grüne, Linke, Piraten und sogar die FDP fordern in ihren Parteiprogrammen die Öffnung der Ehe für schwul-lesbische Paare – nur CDU und CSU beharren noch immer auf eine Bevorzugung der Heteros. Doch selbst bei den Konservativen bröckelt der Widerstand gegen eine Gleichstellung. Braucht die Bundesrepublik da wirklich noch eine Partei, die den Kampf um LGBT-Rechte zum Hauptschwerpunkt macht?
Bei entsprechenden Neugründungen sollte man also vorsichtig sein und genauer hingucken. Nachdem im vergangenen Jahr der Kölner Holger Quernheim eine "Queerpartei Deutschland" (QPD) ins Leben rufen wollte (queer.de berichtete), wurde nun am vergangenen Sonntag im Schwarzwald tatsächlich eine "Demokratische Schwul/Lesbische Partei – Die Bürgerpartei (DSLP)" gegründet.
Versammlungsort war der Club 46 in Villingen-Schwenningen, der als Deutschlands älteste Homo-Bar gilt. Zum Bundesvorsitzenden wurde Thomas Mosmann gewählt – ein Mann, der bislang weniger als Homo-Aktivist, dafür in der Region umso mehr als Sympathisant der rechtsextremen NPD in Erscheinung getreten ist. Sein Stellvertreter ist Jörg Schnellbächer, ein eher unbeschriebenes Blatt.
Forderung nach Wiedereinführung der Grenzkontrollen
DSLP-Homepage im schlichten Design: Spenden sind schon möglich
"Die politische Ausrichtung ist weder rechts noch links ausgerichtet", erklärte DSLP-Pressesprecher Bernd Tritschler – doch das ist eine glatte Lüge. Das am Sonntag verabschiedete Programm, das auf der Homepage zum Download zur Verfügung versteht, erinnert in vielen Punkten an rechtspopulistische und rechtextreme Parteien – auch wenn dies beim ersten Lesen des wirren Themenmixes vielleicht nicht auffällt und man sich offiziell zum Grundgesetz bekennt.
Doch zwischen den Forderungen nach einem "Verbot von exotischen Tieren" im Zirkus und nach einem Ende der "Abzocke an der Tankstelle" wettert die Partei u.a. gegen Migranten, die sich nicht an die "Gepflogenheiten des Landes anpassen", gegen "Parallelgesellschaften" und den "überproportionalen" Bau von Moscheen. Staatliche Drogen-Substitutionsprogramme, wie sie von den Aids-Hilfen gefordert werden, lehnt die "Demokratische Schwul/Lesbische Partei" strikt ab. Sie fordert darüber hinaus "keine Entschädigungszahlen vom Zweiten Weltkrieg [sic!] mehr an das Ausland", die Wiedereinführung der Grenzkontrollen in Deutschland sowie einen Volksentscheid über den Euro.
LGBT-Themen spielen im Parteiprogramm dagegen eine eher untergeordnete Rolle – die Forderungen der etablierten Parteien etwa zu Antidiskriminierungs- und Aufklärungskampagnen sind da teilweise sogar fundierter, konkreter und umfangreicher. Das Thema HIV und Aids taucht im Programm überhaupt nicht auf.
Vater von drei Kindern, schwul und NPD-Sympathisant
Auf Facebook präsentiert sich Parteichef Thomas Mosmann in Leder und mit Hund
Kein Wunder: Denn DSLP-Initiator Thomas Mosmann ist in erster Linie ein in der Region bekannter rechter Aktivist, der sich in Leserkommentaren für die "Schwäbische Zeitung" und Onlineforen u.a. für eine NPD-Geschäftsstelle in Tuttlingen stark machte. "Thomas Mosmann kann man nach den uns zur Verfügung stehenden Informationen mindestens als NPD-Sympathisanten bezeichnen", erklärte etwa das Administratoren-Team von tuttlingen.mixxt, das den Rechtsradikalen als Kommentator sperrte.
Dies räumt Mosmann übrigens auch selbst ein: "Bin selbst vater von 3 Kinder und schwul und NPD Symphatisant", postete Mosmann auf der ehemaligen Homepage der rechtsextremen Deutschen Volksunion (Rechtschreibfehler nicht korrigiert): "Wisst ihr eigentlich wieviele schwule NPD/DVU Symphatisanten sind? Mehr als ihr denkt". Im Jahr 2010 begrüßte er auf der Facebook-Seite der NPD die Verschmelzung der Nationaldemokraten mit der Deutschen Volksunion: "Endlich!!!!!! Das wird auch höchste zeit das die Streiterei aufhört…nur gemeinsam sind wir stark."
Doch nun, nur knapp drei Jahre später, geht Mosmann seinen eigenen Weg und versucht den Kampf für gleiche Rechte für seine rechtsextreme Agenda zu missbrauchen. Als die beiden nächsten Schritte kündigte er die Gründung eines DSLP-Landesverbandes Baden-Württemberg und eines Kreisverbands im Schwarzwald-Baar-Kreis an.
Bei den Bundestagswahlen im Herbst will die rechte Homo-Clique aus dem Schwarzwald allerdings noch nicht antreten. "Unsere erste Wahl werden wir 2014 mit der Europawahl bestreiten und dort erstmals mit unserem Programm auf Europaebene Bewegung in die Entscheidungen zu bringen", heißt es im schlechten DSLP-Deutsch in einer Pressemitteilung.
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Update 16:42h: Stellungnahme von Thomas Mosmann
In einer Stellungnahme vom Dienstagnachmittag wies DSLP-Parteichef Thomas Mosmann den Vorwurf, eine rechtsextreme Partei gegründet zu haben, zurück. Er sei zwar "in kurzen Zeitabschnitten mal auf dem 'Holzweg'" gewesen und habe sich rechtem Gedankengut angeschlossen, dies bedauere er jedoch im Nachhinein. "Wir werden außerdem noch Aktionen gegen Rechtsextremismus starten", kündigte Mosmann an und bat um eine zweite Chance. "Ich bitte alle, uns an unseren programmatischen Aussagen zu messen."
Die queer.de-Redaktion merkt an: Genau dies haben wir getan. Die ins Parteiprogramm aufgenommene Weigerung, Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus zu übernehmen, der mehrfache Ruf nach dem Law-and-Order-Staat, das Schüren rassistischer Vorurteile, das Betonen des Nationalen und die populistische Kritik an der Europäischen Union zeigen eindeutig, in welchem Spektrum die DSLP anzusiedeln – und dass der "Holzweg" noch lange nicht beendet ist.