Ministerpräsident Donald Tusk konnte nicht einmal seinen eigenen Justizminister überzeugen
Das Parlament in Warschau stimmte am Freitag mit knapper Mehrheit gegen mehrere Anträge zur Einführung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft.
In Polen bleiben gleichgeschlechtliche Paare weiterhin ohne rechtliche Anerkennung. Die Abgeordneten des Parlaments in Warschau stimmten am Freitag mit knapper Mehrheit gegen einen Gesetzentwurf der regierenden liberalkonservativen "Bürgerplattform" (PO).
228 Abgeordnete votierten gegen den Gesetzentwurf, 211 dafür. Zehn Abgeordnete enthielten sich. Zwei weitere Gesetzesvorschläge der Linksopposition erhielten deutlich weniger Stimmen aus dem Sejm.
Ministerpräsident Donald Tusk (PO) hatte zuvor an die Abgeordneten appelliert, das Gesetz zu verabschieden, da es das Leben aller Polen verbessert. Eine Äußerung von Justizminister Jaroslaw Gowin (ebenfalls PO), wonach alle Gesetzentwürfe gegen die Verfassung verstießen, bewertete er als "Privatmeinung".
Eingeschränkte Rechte
Vor dem Parlament hatten am Donnerstag und Freitag LGBT-Aktivisten für die Einführung der Homo-Ehe demonstriert (Bild: Miłość nie wyklucza)
Der jetzige Stand der Gesetzgebung passe nicht mehr zu den gesellschaftlichen Herausforderungen, sagte Tusk am Freitag, der mit dem Entwurf ein Wahlversprechen einlöste, bei der eigentlichen Debatte am Donnerstag aber aus Krankheitsgründen fehlte.
Der Gesetzentwurf der PO sah eine Ehe mit eingeschränkten Rechten vor, auf ein Ehegattensplitting und ein Adoptionsrecht wurde verzichtet. Die neue Rechtsform sollte vor einem Standesbeamten oder einem Notar geschlossen werden können und auch Heterosexuellen offen stehen.
Die polnische Verfassung besagt, dass die Verfassung die "Ehe als Verbindung von Mann und Frau, Familie, Vaterschaft und Mutterschaft" schützt. Einige Juristen und Politiker halten daher die geplante Homo-Ehe für verfassungswidrig – in der Regel nach Parteizugehörigkeit. Allerdings stand auch die mitregierende Bauernpartei (PSL) dem Projekt skeptisch gegenüber, sie gab die Abstimmung frei.
In der Debatte am Donnerstag hatte der Abgeordnete Tadeusz Wozniak von der Rechtspartei "Solidarisches Polen" (SP) homosexuelle Beziehungen als "unnatürlich" bezeichnet. Auch die Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) lehnte den Entwurf als überflüssig ab.
Der offen schwule Abgeordnete Robert Biedron Robert Biedron der linksliberalen Partei Ruch Palikota sprach hingegen von einem "Recht auf Glück": Der Staat müsse alles in seiner Macht tun, dass jeder Bürger "glücklich mit Würde leben kann" und ihm Gleichheit vor dem Gesetz und im Alltag gewährleistet sind.
Langer vergeblicher Kampf
Bei einer früheren Abstimmung zur Homo-Ehe im letzten Sommer hatte die Opposition Regenbogenflaggen mitgebracht (Bild: Poln. Parlament)
Bereits im letzten Sommer hatte der Sejm eine Debatte über die zwei Gesetzesanträge der Opposition zur Einführung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften abgelehnt (queer.de berichtete). Die Regierung versprach damals eine eigene Initiative.
Der eine Antrag der Opposition hätte Polen eine Partnerschaft nach dem französischen Pacs-Modell gebracht, eine Art "Ehe light" ohne Adoptionsrecht für hetero- wie homosexuelle Paare. Der andere Entwurf sah eine Partnerschaftsform vor, in der die Paare vor einem Notar ihre Rechte und Pflichten selbst bestimmen; auch hier wäre die Schließung heterosexuellen Paaren offen gewesen und hätte nicht alle Möglichkeiten der Ehe vorgesehen.
Im November hatte der Oberste Gerichtshof Polens immerhin entschieden, dass gleichgeschlechtliche Paare im Zivilrecht nicht völlig rechtlos sind. Die Richter entschieden, dass ein Mann den Mietvertrag seines verstorbenen Partners übernehmen kann (queer.de berichtete). (nb)