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Gesetze gegen "Homo-Propaganda"
Westerwelle kritisiert Russland
- 29. Januar 2013 3 Min.

Bislang war Guido Westerwelle in Sachen russischer Schwuler und Lesben kaum in Erscheinung getreten (Bild: World Economic Forum / flickr / by-sa 2.0)
Laut Spiegel Online kritisierte der deutsche Außenminister das geplante Gesetz gegen Homo-Propaganda gegenüber dem russischen Botschafter deutlich.
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle hat sich offenbar in die Debatte um Gesetzesverschärfungen gegen Schwule, Lesben und Transgender in Russland eingeschaltet. Wie "Spiegel Online" unter Bezugnahme auf einen Mitarbeiter Westerwelles schreibt, habe er das Thema "sehr deutlich" bei einem Treffen mit Russlands Botschafter Wladimir Grinin angesprochen.
Die Webseite des Außenministeriums selbst erwähnt das Treffen bislang nicht. Dem Online-Magazin zufolge soll Westerwelle klargestellt haben, "dass der Entwurf aus deutscher Sicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt". Der Mitarbeiter habe die Position des Außenministers so zusammengefasst, dass ein solches Gesetz "die europäisch-russischen Beziehungen erschweren und auch das Image Russlands in Europa beschädigen" würde.
"Weiter habe Westerwelle darauf hingewiesen, dass er als Freund Russlands und Verfechter guter Beziehungen persönlich enttäuscht sei", berichtet das Magazin. "Es gehe, so der Außenminister, in der Demokratie auch um den Schutz von Minderheiten."
Kritik vom Menschenrechtsbeauftragten
Am Freitag hatte bereits der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), das Gesetzvorhaben kritisiert: "Unter dem Vorwand, Minderjährige zu schützen, soll die Meinungsfreiheit ausgehebelt werden", kritisierte der im Auswärtigen Amt angesiedelte Politiker. "Leider passt dies ins Bild der letzten Monate – Bürgerrechte und die Freiheit, sich zu engagieren, werden immer stärker eingeschränkt."
Kurz zuvor hatte die russische Duma in erster Lesung ein landesweites Gesetz gegen "Homo-Propaganda" beschlossen, mit deutlicher Mehrheit (queer.de berichtete). Ähnliche Regelungen sind bereits in zehn Regionen in Kraft.
Vor der Duma hatte es Proteste von LGBT-Aktivisten gegeben, die anders als gewalttätige Gegendemonstranten von der Polizei festgenommen worden waren. Ein Lehrer und Familienvater, der am Homo-Protest teilgenommen hatte, wurde am Montag von seiner Schule entlassen (queer.de berichtete).
SPD fordert Einschreiten des Europarats

Russland entwickelt sich "zivilisatorisch zurück", findet der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs
Am Dienstag hat auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs das geplante Gesetz gegen "Homo-Propaganda" als "Affront Russlands gegenüber den Menschenrechten und gegen internationale Verträge" bezeichnet. "Damit sollen Schwule, Lesben und Transgender in der Öffentlichkeit unsichtbar gemacht werden", so Kahrs. "Gleichzeitig werden die Rollen von Täter und Opfer vertauscht: in Russland sind homophobe Übergriffe an der Tagesordnung. Der Staat schützt aber homosexuelle Bürger faktisch nicht vor gewalttätigen Angriffen orthodoxer und nationalistischer Fanatiker. Das Gesetz impliziert nun, dass vielmehr die Gesellschaft vor Homosexuellen 'geschützt' werden müsse."
Es sei kein Wunder, dass das Image Russlands inzwischen auch bei ausländischen Investoren schrumpfe. "George Soros rief in Davos öffentlich dazu auf, nicht in Russland zu investieren, und begründete das mit der unheimlichen Entwicklung hin zu mehr Repression, staatlicher Gängelung und dem Abbau von Bürger- und Menschenrechten", so Kahrs. "Der homophobe Gesetzentwurf zeigt deutlich, dass er damit richtig liegt."
Der offen schwule Abgeordnete aus Hamburg forderte im Namen der SPD-Bundestagsfraktion "die schwarz-gelbe Bundesregierung, insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Außenminister Westerwelle dazu auf, das Gesetz zur Sprache zu bringen und zu verurteilen." Auch die Parlamentarische Versammlung des Europarates müsse das Gesetz thematisieren.
LSVD: Politiker aller Parteien müssen handeln
Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) hat es begrüßt, "dass Bundesaußenminister Westerwelle Presseberichten zu Folge klare und deutliche Worte gegenüber dem russischen Botschafter in Berlin gefunden hat." Das im russischen Parlament diskutierte Gesetzesvorhaben sei ein Anschlag auf die Menschenrechte. "Wir fordern die Bundesregierung auf, nun kontinuierlich weiter auf die russische Regierung einzuwirken, um das geplante Gesetz zu verhindern", so LSVD-Geschäftsführer Klaus Jetz.
"Der Entschlossenheit der russischen Duma, das Gesetz zu verabschieden,
sollte auch weiterhin eine sehr deutliche und entschlossene Haltung
Deutschlands und der EU entgegenstehen", so der LSVD, der von Partnerorganisationen in Russland "alarmierende Nachrichten" erhalte. "Wer sich außerhalb Europäischer Menschenrechtsnormen positioniert, verdient die Missbilligung der Politik und Gesellschaft." Alle deutschen Politiker seien gefordert, "ihre Gesprächspartner in Russland zur Einhaltung der universell gültigen Menschenrechtsnormen zu ermuntern."
akt. um 13.20h: SPD, 14:40h: LSVD














