Auch in seinem temporären Domizil trifft das Bundesverfassungsgericht historische Entscheidungen (Bild: Wiki Commons / Matthias Cantow / CC-BY-SA-3.0)
Bereits in wenigen Wochen gibt das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zum Verbot der Sukzessivadoption für Homo-Paare bekannt.
Das Bundesverfassungsgericht wird am 19. Februar ein wichtiges Urteil zum Adoptionsverbot für gleichgeschlechtliche Paare bekannt geben. Wie Karlsruhe am Mittwoch mitteilte, wird an dem Tag um 10 Uhr die Entscheidung des Gerichts zum Verbot der Sukzessivadoption verkündet.
In der mündlichen Verhandlung am 18. Dezember deutete sich an, dass das Verbot gekippt werden könnte (queer.de berichtete). Eine "Kettenadoption", in der jemand das adoptierte Kind seines Partners adoptiert, ist durch §1742 BGB bislang nur Eheleuten erlaubt. Seit einer Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Jahr 2004 ist Lebenspartnern zwar die Adoption des leiblichen Kindes erlaubt, die sogenannte Stiefkindadoption. Eine Regelung für die Sukzessivadoption wie auch für die direkte gemeinschaftliche Annahme eines fremden Kindes nach §1741 BGB wurde zunächst nicht vorgesehen.
In der Verhandlung, in der allein um das Verbot der Sukzessivadoption ging, hatten mehrere Richter erkennen lassen, dass sie das Verbot für grundgesetzwidrig halten – wie auch fast alle geladenen Experten. Nach früheren Entscheidungen aus Karlsruhe könnten nur gewichtige Gründe eine Ungleichbehandlung von Ehe und Lesbenspartnerschaft rechtfertigen.
Kindeswohl im Vordergrund
Ein wichtiger Grund könnte das Kindeswohl sein. Doch fast alle geladenen Experten sahen gerade in dem Verbot der Adoption eine Benachteiligung des Kindes. "Es dient dem Wohl des Kindes, wenn eine faktische Beziehung auch rechtlich abgesichert wird", erklärte etwa Nina Dethloff von der wissenschaftlichen Vereinigung für Familienrecht.
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags war bereits 2010 zu dem Schluss gekommen, dass es auf wissenschaftliche Belege dabei gar nicht ankomme, obwohl keine aktuellen Studien mit einem negativen Ergebnis bekannt seien. Denn der Gesetzesgeber lasse es bereits jetzt ausdrücklich zu, dass adoptierte Kinder in Lebenspartnerschaften aufwachsen.
"Das Verfassungsgericht will eine schnelle Entscheidung", kommentierte der Grünenpolitiker Volker Beck die Ankündigung des Gerichts am Mittwoch. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir eine positive, ja historische, Entscheidung sehen werden. Ich hoffe, das Gericht wird deutlich machen, dass schwule und lesbische Paare genauso gute Eltern sind wie alle anderen Bürger auch. Es ist im Interesse der Kinder, wenn sie von zwei liebenden Eltern erzogen werden."
Die Einzelfälle
Verhandelt wurden die Fälle eines lesbischen sowie eines schwulen Paares. Die lesbische Beschwerdeführerin aus dem Münsterland verpartnerte sich 2005 und stellte daraufhin den Antrag, die heute 13-jährige Adoptivtochter ihrer Partnerin ebenfalls adoptieren zu dürfen. Das Kind war von seiner Mutter in Bulgarien zur Adoption freigegeben worden und wurde anschließend von den beiden Frauen in Deutschland großgezogen.
Das Paar argumentierte, das die augenblickliche Gesetzeslage erhebliche Nachteile für das Kind und die nicht anerkannte zweite Mutter mit sich bringe: So habe sie kein Auskunftsrecht beim Arzt, wenn das Kind krank ist, und darf beispielsweise keine Elternabende besuchen. Sollte ihre Partnerin sterben, könnte das Kind ins Heim geschickt werden.
Das Oberlandesgericht Hamm lehnte ein gemeinsames Adoptionsrecht jedoch 2009 ab: Die Richter argumentierten, dass "die Kindererziehung zuvorderst als Aufgabe einer aus Vater, Mutter und Kind bestehenden Familie" angesehen werde und damit "ein gewichtiger Sachgrund für eine Ungleichbehandlung" gegeben sei.
Anders entschied das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg im Fall eines verpartnertes Männerpaares, das 2002 ein Kind aus Rumänien adoptiert hatte: Die Richter befanden 2011, dass das Verbot der Adoption gegen den Gleichheitsgrundsatz in der deutschen Verfassung verstößt. Sie beriefen sich dabei auf den nur aus sieben Worten bestehenden Artikel 3, Absatz 1 des Grundgesetzes, in dem es heißt: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich" (queer.de berichtete). Daher setzten sie das Verfahren aus und legten die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor. (nb)
Ernsthaft: Ich drücke die Daumen! Ohne Aufhebung des Adoptionsverbots, blieben wir LGBTIAQs weiterhin stigmatisiert. Schluss damit!