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Mit Homophobie gegen Drogenkonsum
Zweibrücken: "Saufen ist schwul"
- 01. Februar 2013 3 Min.

Mit "coolen" Sprüchen wollen Verwaltungsbeamte stockheterosexuelle Jugendliche von Drogen abhalten.
Das rheinland-pfälzische Zweibrücken hat einen kostenlosen Anti-Drogen-Wandkalender für Jugendliche herausgebracht, in dem Alkoholmissbrauch als "schwul" bezeichnet wird – die Stadt weist Kritik von Homo-Aktivisten zurück.
Zu Update springen: Alle Kalender eingestampft (02.02.2013, 18.20h)
Gemeinsam mit der gemeinnützigen Bildungseinrichtung Internationaler Bund hatte die Stadtverwaltung einen Kalender erstellt, der Jugendliche vom Drogen- und Alkoholkonsum abhalten soll ("Drogen machen hässlich", "Bist du high, sagst du Bye", "Schon mal ins Gras gebissen"). Vor Alkohol warnt der Kalender, in dem er Bier und Co. mit Homosexualität gleichsetzt: "Nüchtern cool, saufen schwul", heißt es neben Bildern von Schülern.
Der Lesben- und Schwulenverband kritisierte die Aussage am Freitag scharf und forderte die Stadt Zweibrücken auf, das Werk zurückzuziehen: "Dieser Kalender ist mit öffentlichen Geldern geförderte Homophobie", erklärte LSVD-Sprecher Manfred Bruns. Die Schule sei nach wie vor ein Ort, in dem die Lesben und Schwulen die meisten Diskriminierungen erfahren müssten. "Statt für ein Umfeld zu sorgen, an dem auch lesbische und schwule Jugendliche selbstverständlich Akzeptanz erfahren, werden hier Mobbing und Ausgrenzung gefördert und verstärkt", beklagte Bruns.
Schuldezernent: Thema "nicht so extrem hoch hängen"
Die Stadt Zweibrücken sieht den Kalenderspruch allerdings locker: Man solle das Thema "nicht so extrem hoch hängen, das ist sicherlich nicht gegen Schwule gerichtet", erklärte der Zweibrücker Jugend- und Schuldezernent Rolf Franzen (CDU) im "Pfälzischen Merkur". Zwar sei die Verwendung von "schwul" ein "Lapsus", Schüler nutzten das Wort aber "leider" von sich aus als Schimpfwort. Franzen glaubt sogar, dass der Kalender positive Auswirkungen haben könne: "Vielleicht knüpfen Lehrer im Unterricht daran an, und man kann so die Brisanz deutlich machen, 'schwul' als Schimpfwort zu benutzen."
Kritisch sieht dagegen die rot-grüne Landesregierung den Kalender: "Der Spruch in dem Anti-Drogen-Kalender ist nicht akzeptabel, da er Menschen wegen seiner sexuellen Identität diskriminiert. Von Seiten unseres Ministeriums wäre es sehr zu begrüßen, wenn die Stadt Zweibrücken den diskriminierenden Passus entfernen würde", heißt es aus dem Ministerium für Integration, Familie, Kinder und Frauen.
Homo-Aktivisten warnen allgemein davor, dass homosexuelle Jugendliche aufgrund der negativen Erfahrungen in ihrem sozialen Umfeld eine deutlich höhere Selbstmordgefahr ausgeliefert seien. Einer Berliner Studie zufolge verwendeten fast zwei Drittel der Grundschüler "schwul" oder "Schwuchtel" als Schimpfwörter (queer.de berichtete). (dk)
Update 02.02.2013, 18:20h
Nach einem Bericht von "Zeit Online" wurde der Kalender inzwischen zurückgezogen. "Die Kritik ist berechtigt, das ist nicht optimal gelaufen", räumte ein Sprecher der Stadt sein, der Spruch sei wohl "durchgerutscht". Der Internationale Bund, der zusammen mit der Stadt Zweibrückenen als Herausgeber fungierte, soll bereits alle verbliebenen Kalender eingestampft haben.















So schockierend homo-feindliche Meldungen etwa aus den USA sind, so sind auch hierzulande viele Mitmenschen noch lange nicht so liberal eingestellt wie "Homo-Inseln der Glückseligkeit" wie Berlins Mitte oder Köln es glauben machen. Es bleibt noch viel zu tun.