Das Kreszentia-Stift im Glockenbachviertel (Bild: Wiki Commons / Nothere / CC-BY-SA-3.0)
"Die Schwestern wollen das nicht" – Das Münchner Kreszentia-Stift diskriminiert einen 72-Jährigen und rudert zurück, als es zu spät ist.
In München ist ein neuer Fall von kirchlicher Diskriminierung im Dienstleistungssektor bekannt geworden: Wie die Münchner "tz" berichtet, weigerte sich das von einer katholischen Stiftung getragene Kreszentia-Stift, einen schwulen Rentner aufzunehmen.
Der 72-Jährige lag zu diesem Zeitpunkt seit Wochen im Krankenhaus, während sein 66-Jähriger Lebenspartner Karl Schaffner einen Platz für ihn in einem Pflegeheim suchte. Dass die beiden Männer seit 48 Jahren ein Paar sind, verschwieg der Mann im Telefonat mit dem in seiner Nachbarschaft gelegenen Stift nicht.
Die Pflegedienstleitung habe daraufhin gesagt, "sie müsse erst mit den Schwestern reden, weil es nicht so leicht sei: ein Mann mit einem Lebensgefährten", so Karl Schaffner zur "tz". Dann kam der Rückruf: "Die Schwestern wollen das nicht." Man sei schließlich eine katholische Stiftung.
153-jährige Tradition
Das Kreszentia-Stift war vor über 150 Jahren von katholischen Ordensschwestern gegründet worden, den Kreszentia-Schwestern vom Dritten Orden des hl. Franziskus. Inzwischen wurde die Leitung an eine Kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts übertragen, die Schwestern sind aber weiterhin in die Pflege eingebunden. Sie werden seit 1990 von Schwestern aus Kroatien unterstützt, den "Töchtern der göttlichen Liebe".
Auf der Homepage des Stifts heißt es, Ziel der Pflege sei unter anderem, "die Persönlichkeit aller Bewohner gleichwertig zu achten, zu schätzen und zu fördern". Geschäftsführer Christian Poka behauptet inzwischen, er habe später von der Anfrage erfahren und noch versucht, Schaffner über die Klinik des Lebenspartners zu erreichen, um ihm den Platz anzubieten. Dabei habe er aber keinen Erfolg gehabt.
Das Haus nehme erst seit 15 Jahren Männer auf, einen Bewohner in Eingetragener Partnerschaft habe man noch nicht gehabt. "Dass da die ein oder andere Unsicherheit besteht, ist normal", so Poka gegenüber der "tz". Es sei "mehr Sensibilität angebracht" gewesen und er bedaure es, wenn sich Schaffner "diskriminiert gefühlt habe".
Heimplatz gefunden
Stadtrat Thomas Niederbühl spricht von einer "unglaublichen Geschichte"
Der fühlte sich tatsächlich diskriminiert und erinnerte sich an eine Zeit, als der Paragraf 175 noch existierte und man Schwierigkeiten hatte, eine gemeinsame Wohnung zu finden. Inzwischen hat Schaffner für seinen Partner einen Platz im Leonhard-Henninger-Haus gefunden, einem etwas weiter entfernten evangelischen Pflegeheim: "Die sind ganz toll mit uns umgegangen", so Schaffner zur "tz". Im Kreszentia-Stift wäre man wohl nur "geduldet" worden.
Stadtrat Thomas Niederbühl (Rosa Liste), an den sich Schaffner gewandt hatte und der den Kontakt zur Zeitung vermittelte, sagte, es gebe immer wieder Probleme, wenn ältere Schwule in Pflegeeinrichtungen kommen. "Aber von einer derart offenen Ablehnung, dass man das so unverblümt sagt, habe ich noch nie gehört." Auch in katholische Einrichtungen gebe es "kein Recht auf Diskriminierung." (nb)
Update 17.10h: Erste Reaktionen
Die Schwusos in Bayern zeigten sich in einer Presseerklärung empört "über die offensichtliche Diskriminierung, die dem 72-jährigen Rentner zu teil wurde." Sie appelierten daher "gerade an Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft, das Persönlichkeitsrecht eines jeden Menschen zu wahren". Es dürfe keine Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung geben.
"Erst Köln, jetzt München!", schrieb der Grünen-Politiker Volker Beck auf Facebook, in Anspielung auf eine von einem katholischen Krankenhaus abgewiesene vergewaltigte Frau in der Domstadt. "Vielleicht, liebe katholischen Einrichtungen, mal wieder das Gleichnis vom barmherzigen Samariter bei der Morgenandacht lesen? Lk 10,25-37 steht in jeder gewöhnlichen Bibel. Wer nicht jeden aufnimmt, kann nicht Teil unserer staatllich oder sozialversicherungsrechtlich finanzierten Infrastruktur sein!"
Bleibt das Problem eines Unfalles. Wenn man verunglückt, kann man das kaum entscheiden und der Rettungswagen ist dazu verpflichtet, einen zum nächsten Krankenhaus zu fahren, ob es konfessionell ist oder nicht. Da müsste der Gesetzgeber sich etwas einfallen lassen.