Am Nachmittag wird es im Bundestag heiß werden. (Bild: Tom Vogler / flickr / by-nd 2.0)
Die schwarz-gelbe Mehrheit setzt eine Beratung im Rechtsausschuss des Bundestages ab. Während die Debatte in der Union weiter geht, folgt am Nachmittag eine Aktuelle Stunde zum Thema im Parlament.
Wie ernst meint es die Regierung mit ihrer Gleichstellung von Lebenspartnerschaften? Während die "Bild"-Zeitung berichtet, es könnte sogar ein gemeinschaftliches Adoptionsrecht folgen, setzt die Regierungsfraktion eine Debatte darüber im Rechtsausschuss des Bundestages ab.
Dort hätte am Mittwoch ein entsprechender Gesetzentwurf der Grünen debattiert werden sollen. Doch der Union war die Debatte zum jetzigen Zeitpunkt wohl zu unangenehm: Die schwarz-gelbe Koalition setzte den Tagesordnungspunkt gegen die Stimmen der Opposition ab.
"Die Merkel-Koalition beweist ihre Unfähigkeit zum gemeinsamen Handeln und rettet sich in ihre Geschäftsordnungsmehrheit", kritisiert der Grünenpolitiker Volker Beck. Blamabel sei das Vorgehen auch für die FDP: 'Druck machen für die vollständige Gleichstellung' beinhaltet für die Partei offenbar die Verhinderung von Debatten. Es ist ein Zeichen von Verzweiflung, wenn die Regierung Oppositionsvorschläge unterdrückt."
Trotzdem wird die Regierung am Mittwoch offenlegen müssen, was sie zum jetzigen Zeitpunkt offiziell zur Gleichstellung denkt: Im Bundestag gibt es um ca. 15.40 Uhr eine von SPD und Grünen angesetzte Aktuelle Stunde zur "Haltung der Bundesregierung zur vollständigen Gleichstellung von Lebenspartnerschaft und Ehe als Konsequenz aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts".
Die neuesten Debattenbeiträge in der Union
Katherina Reiche sorgt sich wieder um die Zukunft (Bild: Wiki Commons / Frank Bergmann / CC-BY-SA-2.5)
Die Aktuelle Stunde kommt für die Union zu einem ungünstigen Zeitpunkt, CDU und CSU diskutieren gerade, ob und wie sie eine weitere Gleichstellung von Homo-Paaren wollen. Am Mittwoch wurden weitere Details aus der Fraktionssitzung vom Dienstag bekannt.
Nach Angaben der "Rheinischen Post" soll sich bei der Sitzung hinter verschlossenen Türen nur jeder dritte Abgeordnete für eine weitere Gleichstellung ausgesprochen haben, darunter auch überraschend Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die CSU sei geschlossen gegen die Gleichstellung. Für eine Gleichstellung sprachen unter anderem Matthias Zimmer, Jens Spahn, Elisabeth Winkelmeier-Becker, Ruprecht Polenz und Jan-Marco Luczak.
Spahn sagte laut "SZ", man könne Ehe und Familie fördern, ohne die Lebenspartnerschaften zu diskriminieren. Außerdem sei die gegenseitige Übernahme von Pflichten durch Lebenspartner doch gerade eine positive, wertegebundene Entscheidung, wie sie die Union immer fordere.
Umwelt-Staatssekretärin Katherina Reiche spekulierte stattdessen erneut über die Zukunft: "Ohne Mann und Frau keine Kinder, ohne Kinder keine Zukunft in diesem Land. Ich habe das Gefühl, dass es nicht mehr um die Beseitigung von Ungerechtigkeiten geht, auch nicht um die Gleichstellung. Nein, es geht einigen Aktivisten um die Aushöhlung, ja die Abschaffung der bürgerlichen Familien", so die 39-Jährige laut "Bild".
Entscheidungen wurden keine getroffen, nach übereinstimmenden Berichten unterschiedlicher Medien bat Kanzlerin Angela Merkel um zehn weitere Tage Zeit für eine Beratung. Die Debatte passe zum Volkspartei-Charakter der Union, so Merkel, die zugleich betonte, dass ihr selbst eine Gleichstellung im Adptions- und Steuerrecht schwer falle.
Die "Bild" berichtet am Mittwoch, nach ihren Informationen planten Kanzleramtsminister Ronald Pofalla und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe noch vor der Sommerpause einen Gesetzesvorstoß zur vollen Gleichstellung von Homo-Paaren bei der Adoption. Grund für den Vorstoß sei "die Sorge, eine solche Initiative könnte via Bundesrat von der Opposition eingebracht werden", berichtet "Bild" – allerdings wird eine entsprechende Initiative schon deutlich vor der Sommerpause im Bundestag landen.
Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) sagte am Mittwoch, Ehen mit Kindern müssten stets besser gestellt sein: "Wer alles fördert, fördert am Ende gar nichts". Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sprach sich gegen ein gemeinsames Adoptionsrecht für Homo-Paare aus und forderte auch nicht, wie manche Medien vermeldeten, eine Gleichstellung im Steuerrecht. Vielmehr solle "das Ehesplitting von einem Familiensplitting abgelöst werden".
Drei Viertel der Bevölkerung für Gleichstellung
Nach einer aktuellen Umfrage des Magazins "Stern" fänden es 74 Prozent der Deutschen gut, wenn Lebenspartnerschaften vollkommen mit der Ehe gleichgestellt würden. 23 Prozent sprechen sich dagegen aus, drei Prozent sind unentschieden.
Am stärksten befürworten dies die Wähler der Grünen (86 Prozent) und der SPD (82 Prozent), gefolgt von Anhängern FDP (71 Prozent) und der Linken (70 Prozent). Selbst bei Unionswählern gibt es mit 64 Prozent eine Mehrheit für die Gleichstellung. Nach dem Adoptionsrecht wurde nicht gezielt gefragt; Umfragen aus Frankreich legen nahe, dass eine entsprechende Fragestellung zu deutlich weniger Zustimmung führt.
Nach einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage von Forsa ist indessen die Union in der Wählergunst abgesackt. Bei der Sonntagsfrage sank sie von 43 Prozent in der Vorwoche auf 40 Prozent. Die SPD kam auf 25 Prozent, die Grünen auf 16 Prozent. Für die Linke wurden acht Prozent vorhergesagt. Nicht im Bundestag wären die FDP mit vier Prozent und die Piraten mit zwei Prozent. Forsa führt den Abstieg der Union auf den Pferdefleischskandal zurück. (nb)
Update 12.15h: LSU meldet sich zu Wort
Die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) haben CDU und CSU zu "entschlossenem Handeln und Besonnenheit im Umgangston" aufgefordert. "Über ein Gespräch mit der Vorsitzenden oder eine Einladung zur Diskussion in der Bundestagsfraktion" würde man sich freuen, so der Bundesvorsitzende Alexander Vogt in einer Presseerklärung. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Thomas Mehlkopf betonte, man habe sich "immer sehr besonnen in die vielen Diskussionen innerhalb der Union eingebracht" und wolle das auch nicht ändern.
"Allerdings wird es für uns in der LSU als persönlich Betroffene immer unerträglicher, mit ansehen zu müssen, wie nun in Teilen der Union wieder Ressentiments hervorgeholt werden, die wir eigentlich als Vergangenheit betrachtet haben", so Mehlkopf, der eine Gleichstellung im Steuer- und Adoptionsrecht forderte.
Update 12.25: LSVD fordert Klartext
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) hat Bundeskanzlerin Merkel am Mittwoch aufgefordert, "Klartext zu reden": "Ist diese Bundesregierung willens und in der Lage, die Vorgaben des Verfassungsgerichts umzusetzen oder müssen wir auf die nächste Regierung warten?" Die Regierung zeige "ein Bild totaler Verwirrung": "Nachdem die Union die FDP zur Oppositionspartei in Regierungsverantwortung gemacht hat, ist sie nun auch mit sich selbst nicht mehr einer Meinung. Die CDU-Spitze kündigt etwas an, dann wird es wieder dementiert. Nur auf die Gegnerschaft der CSU scheint Verlass zu sein."
Die Ablehung der Beratung im Rechtsausschuss sei ärgerlich, so der LSVD, der sich direkt an die Kanzlerin wandte: "Angela Merkel hat angekündigt, die Regierung brauche zehn Tage Bedenkzeit. Nachdenken kann nicht schaden, aber bitte nicht blockieren! Am Ende der zehn Tage erwarten wir eine Entscheidung. Die verfassungskonforme Lösung kann nur die Gleichstellung von Eingetragener Lebenspartnerschaft mit der Ehe sein. Liebe Frau Merkel: Öffnen Sie die Ehe!"
Update 14.00h: CDU dementiert "Bild"-Bericht
Die Union plant keine Initiative für die volle Gleichstellung homosexueller Partnerschaften beim Adoptionsrecht. Ein entsprechender Bericht der "Bild"-Zeitung wurde am Mittwoch von einem CDU-Sprecher in Berlin dementiert. Die Partei wolle nach den Angaben des Parteisprechers lediglich prüfen, ob nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Konsequenzen für die Gesetzgebung gezogen werden müssten.
Update 14.05h: Zeitplan
Die "ergebnisoffene Diskussion" über die Konsequenzen aus dem Karlsruher Urteil werde am kommenden Montag bei der CDU-Präsidiumssitzung fortgeführt werden, sagte ein CDU-Sprecher am Montag. Auf der nächsten Fraktionssitzung in der übernächsten Woche solle "ein Fazit der Diskussion gezogen werden", so die Nachrichtenagentur AFP.
Update 14.10h: Justizministerin gibt Interview
Im Interview mit Spiegel Online sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) : "Wir wollen nicht nur Getriebene sein." Die FDP werde "die Union gerne in ihrem Lernprozess unterstützen – damit am Ende die volle Gleichstellung zu heterosexuellen Paaren steht." Die Ministerin schlug das Jahressteuergesetz vor, um Lebenspartnern ein Ehegattensplitting zu ermöglichen. Auch verwies sie auf ihren Gesetzentwurf zur Gleichstellung in vielen kleinen Bereichen.
Die Union muss erst mal selbst wissen, was sie will. Da ist es doch klar, dass sie bis dahin Debatten aus dem Weg geht.
Das muss man jetzt nicht überbewerten.
Es ist ekelhaft wie Frau Reiche ständig vorbeiargumentiert und Müll redet. Und die BILD ist ihr Sprachrohr. Eine echte Freundschaft wie mir scheint.