Guido Westerwelle ist sauer auf den homofeindlichen Koalitionspartner - die Grünen fordern den Außenminister auf, nicht zu "jammern" sondern zu "kämpfen". (Bild: Christliches Medienmagazin pro / flickr / by 2.0)
Außenminister Westerwelle ist enttäuscht über die homofeindliche Haltung der CDU und fordert den Koalitionspartner auf, mit der Zeit zu gehen – auch die Kritik der Opposition an den Konservativen reißt nicht ab.
FDP-Politiker haben einmütig mit ihren Kollegen aus der Opposition die Entscheidung der CDU verurteilt, verpartnerte Homo-Paare weiterhin im Steuer- und Adoptionsrecht gegenüber heterosexuellen Eheleuten zu benachteiligen. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hatte am Montag erklärt, dass das CDU-Präsidium "einmütig" entschieden habe, an der Ungleichbehandlung festzuhalten (queer.de berichtete).
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich nach der Entscheidung laut dpa "sehr enttäuscht". "In ganz Europa werden die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften anerkannt. Der Zug ist in ganz Europa auf dem Gleis. Und Deutschland sollte nicht im Bremserhaus dabei sein, sondern in der Lokomotive", wird der ehemalige FDP-Chef zitiert. Er appelliert an die Union, sich nicht eine weitere Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht einzuhandeln: "Das muss in Berlin entschieden werden und nicht in Karlsruhe."
Über die Klage zur Gleichstellung bei der Einkommensteuer will das Bundesverfassungsgericht noch vor der Sommerpause entscheiden. Karlsruhe hat Schwarz-Gelb innerhalb von rund vier Jahren bereits fünf Niederlagen beim Thema Homo-Rechte eingebracht: Die Bundesregierung wurde gezwungen, verpartnerte Paare bei bei der Grunderwerbsteuer, beim Familienzuschlag, der Erbschaftsteuer, der Hinterbliebenversorgung und der Sukzessiv-Adoption gleichzustellen. Auch die liberale Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP-Generalsekretär Patrick Döring und der NRW-Parteichef Christian Lindner haben die CDU daher aufgefordert, die gesellschaftlichen Realitäten anzuerkennen.
Grüne an FDP: Tut endlich was!
Die Grünen halten die Aussagen der FDP-Politiker für verlogen: "Westerwelle soll nicht jammern, sondern kämpfen. Wie kann man sich als Koalitionspartner kampflos gefallen lassen, dass ein Projekt aus dem Koalitionsvertrag abgesetzt wird?", fragte der grüne Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck. Er bezieht sich dabei auf den Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2009, in dem Schwarz-Gelb versprochen hatte, "gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht" abzubauen (queer.de berichtete). "Wenn Westerwelle will, dass es in Deutschland voran geht, darf er nicht fortwährend dagegen stimmen! Freigabe der Abstimmung oder geschlossen wegbleiben ist die Lösung!", so Beck. Die Grünen wollen gemeinsam mit der SPD eine namentliche Abstimmung zur Gleichbehandlung im Bundestag abhalten und fordern die Liberalen auf, mit der Opposition zu stimmen.
Der Parteivorsitzende Cem Özdemir sieht die CDU als 50er-Jahre-Partei (Bild: Grüne NRW / flickr / by-sa 2.0)
Grünen-Chef Cem Özdemir wirft der CDU vor, den Anschluss an die Zeit verpasst zu haben: "Die Union hat ganz offensichtlich Schwierigkeiten zu akzeptieren, dass wir nicht mehr in der 50er Jahren der vorherigen Jahrhunderts leben", sagte Özdemir in der Dienstagsausgabe "Passauer Neuen Presse".
Auch innerhalb der CDU gibt es trotz der Präsidumsentscheidung weiter Unbehagen über die homofeindliche Haltung der Partei. So erklärte der baden-württembergische CDU-Chef Thomas Strobl in der "Rhein-Neckar-Zeitung", die CDU müsse eine Antwort geben, "wie wir Ehe und Familie im 21. Jahrhundert in einer sich verändernden Gesellschaft definieren wollen". Auch er wird allerdings scharf dafür kritisiert, dass seine Stimme in der Partei nicht gehört werde: "Große Klappe, nichts dahinter", kommentierte SPD-Generalsekretärin Katja Mast nach dapd-Angaben. Strobls schöne Worte seien nach der Entscheidung des CDU-Präsidiums "in Schall und Rauch" aufgegangen.
Kritik an der CDU kam auch aus der Showbranche. TV-Komikerin Hella von Sinnen erklärte am Dienstag: "Ich bin sprachlos. Das ist ein undemokratischer Skandal", so die 54-Jährige nach dpa-Informationen. "Sollte die CDU bei ihrer Meinung bleiben, wird sie hoffentlich bei der nächsten Wahl die Quittung der Wähler erhalten", so von Sinnen. Sie setzt sich bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten für die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Eherecht ein und hat deshalb unter anderem mit der Band Rosenstolz den Hochzeitssong "Ja, ich will!" aufgenommen. (dk)