Landtag in Wiesbaden: Der Entwurf im schwarz-gelben Hessen geht weiter als das Gesetz im grün-roten Baden-Württemberg (Bild: dierk schaefer / flickr / by 2.0)
Die Landesregierung will verpartnerte Richter und Beamte mit ihren verheirateten Kollegen rückwirkend zum 1. August 2001 gleichstellen.
Überraschung in Hessen: Die bislang als Gleichstellungsgegner geltenden Regierungsfraktionen von CDU und FDP haben am Donnerstagvormittag bei einer Anhörung im Landtag einen Gesetzentwurf vorgestellt, mit dem verpartnerte Richter und Beamte mit ihren verheirateten Kollegen rückwirkend zum 1. August 2001 gleichgestellt werden sollen – dem Tag des Inkrafttretens des Lebenspartnerschaftsgesetzes.
Anders als in Bayern (queer.de berichtete) soll die Rückwirkung unabhängig davon gelten, ob die Betroffenen ihre Ansprüche zeitnah geltend gemacht haben. Mit einer Verabschiedung des "Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Dienstrechts" wäre Hessen damit das zweite CDU-geführte Bundesland (nach dem damals schwarz-grün regierten Hamburg), das ohne jede Einschränkung rückwirkend zum Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes gleichstellt. Entsprechende Regelungen gelten sonst nur in Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.
FDP-Justizminister hatte Gleichstellung seit langem versprochen
Konnte sich gegenüber dem konservativen Koalitionspartner durchsetzen: FDP-Justizminister Jörg-Uwe Hahn (Bild: Sven Teschke / CC-by-sa-3.0 de)
In Hessen hat die FDP damit Wort gehalten. Bereits im vergangenen Sommer hatte sich der liberale Justizminister Jörg-Uwe Hahn für die "vollkommene Gleichheit zwischen der Ehe auf der einen und homosexuellen Partnerschaften auf der anderen Seite" ausgesprochen. Die Grünen, die einen eigenen Gesetzentwurf in den Landtag einbrachten, hatten in den vergangenen Monaten mehrfach kritisiert, dass Hahns Worten bislang keine Taten folgten (queer.de berichtete). Mehrere Gleichstellungs-Initiativen der Opposition waren zudem in den vergangenen Wochen von Schwarz-Gelb abgelehnt worden (queer.de berichtete).
Der Lesben- und Schwulenverband Hessen begrüßte den jetzt vorgelegten Gesetzentwurf von CDU und FDP. "Die hessische Landesregierung macht damit, was aus Gründen der Gerechtigkeit geboten ist", erklärte Vorstandsmitglied Marwin Merkel-Zurek, der an der Anhörung im Innenausschuss teilnahm. Dieser Auffassungswandel sei "sehr positiv". Der LSVD Hessen forderte die Landesregierung auf, sich nun auch im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung für eine volle Gleichstellung einzusetzen.
Katholische Kirche bei Anhörung gegen Gleichstellung
Lob für Schwarz-Gelb kam auch vom QueerNet-Hessen. "Die Anhörung hat deutlich gemacht, dass es einen breiten gesellschaftlichen Konsens zur rechtlichen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften gibt", erklärte Netzwerk-Sprecherin Constance Ohm. "Dies ist ein großer Erfolg der LGBTIQ-Gruppen in unserem Land." Als einzige Gruppe der Anzuhörenden im Innenausschuss des Landtags habe sich das Kommissariat der Katholischen Bischöfe in Hessen gegen eine rechtliche Gleichbehandlung von Lebenspartnerschaften mit Ehen ausgesprochen.
Wie alle Bundesländer ist auch Hessen durch ein Bundesverfassungsgerichtsurteil vom Juni 2012 zu einer rückwirkenden Gleichstellung zum 1. August 2001 verpflichtet (queer.de berichtete). Karlsruhe überließ es jedoch den Gesetzgebern, ob diese auf ein zeitnahes Geltendmachen der Ansprüche bestehen. Die europäische Rechtsprechung verlangt die Gleichstellung ohne jede Einschränkung rückwirkend zum Dezember 2003. (cw/pm)
Rückwirkende Gleichstellung: hoffentlich folgen den hohlen Phrasen endlich Taten!!!