Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Vorsitzenden Ferdinand Kirchhof (4.v.l.) (Bild: BVerfG)
Nach den bereits deutlichen Äußerungen von Gerichtspräsident Voßkuhle hat nun sein Stellvertreter Ferdinand Kirchhof die bayrische Landesregierung regelrecht verfrühstückt.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich erneut öffentlich in den politischen Streit um die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft eingeschaltet und Kritik an seiner Rechtsprechung zurückgewiesen.
Im Gespräch mit dem Südwestrundfunk sagte der Vizepräsident des Gerichts, Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof, am Freitag, er weise die Kritik aus Bayern an dem Urteil zum Adoptionsrecht für Homo-Paare zurück. Der Vorsitzende des ersten Senats hatte an dem einstimmig ergangenen Urteil mitgewirkt.
Von Seiten der Union, speziell aber aus der CSU, hatte es deutliche Kritik an dem Urteil gegeben. Kirchhof sagte im "Interview der Woche", die bayrische Landesregierung sei während des Verfahrens zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung aufgefordert worden, habe sich aber nicht sehen lassen. Es sei problematisch, "wenn jemand, der mitwirken könnte an dem Verfahren, seinen Einfluss einbringen, seine Interessen darlegen, Tatsachen erklären, wenn der (…) nachher unser Produkt angreift und sagt, das ist nicht richtig, da war nicht alles drin. Das hätte er vorher tun sollen."
Politikerglück ist juristisch egal
Kirchhof war von der CDU zu seinem Amt gebracht worden
Auch sei das Verfassungsgericht "kein Organ, was Glücksgefühle wecken soll". Es sorge schlicht dafür, dass die Grundrechte eingehalten, die Bürger geschützt und der Staat rechtlich einwandfrei organisiert werde, so der Jurist, der wie zuvor sein Bruder Paul auf dem "CDU-Ticket" nach Karlsruhe gekommen war.
Kirchhof erklärte zudem erneut die Rechtsprechung, wonach Ehe und Familie vom Staat besonders zu schützen seien, von einem "Abstandsgebot" zu anderen Rechtsinstituten in der Verfassung jedoch nichts zu finden sei. Unionspolitiker betonen immer wieder die fehlende Gleichstellung mit dem grundgesetzlichen Schutz von Ehe und Familie, obwohl Karlsruhe schon in seinem ersten Urteil zur Homo-Ehe von vor elf Jahren geurteilt hatte, dass der entsprechende Artikel 6 auch einer vollständigen Gleichstellung nicht im Weg stehe.
Ein Abstandsgebot sei nicht begründet, wiederholte Kirchhof nun in dem Interview. Zudem bilde die Lebenspartnerschaft keine Konkurrenz zur Ehe zwischen Mann und Frau. Man müsse auch Rechnung tragen, dass sich "öffentliche Meinung und auch die Ansichten quasi um 180 Grad gedreht" haben.
Unterstützung für Voßkuhle
Kirchhof nahm zudem den Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle in Schutz, der bereits vor rund zwei Wochen die Politik diplomatisch, aber deutlich kritisiert hatte (queer.de berichtete). Voßkuhle hatte sich verwundert gezeigt, dass über einen "vorhersehbaren" Richterspruch Überraschung und Ärger herrsche, und betont, dass das Bundesverfassungsgericht für Minderheiten da sei.
Auch dafür war Voßkuhle von der Union angegriffen worden. Dabei habe Voßkuhle keine Aussage über zukünftige Gerichtsentscheidungen getroffen, sondern nur die Rechtsprechungsgeschichte der beiden Verfassungsgerichtssenate aufgezeigt, kritisierte Kirchhof nun. (nb)
Das Interview ist am Samstag um 18.30h auf SWR 2 zu hören und danach auch hier online.
ich kann nur meinen hut ziehen, vor solchen richtern, die offenbar TATSÄCHLICH (ohne ansehen ihrer herkunft und vita?), wirklich noch RECHT SPRECHEN !!! (was man in diesem land ja kaum noch für möglich hält !!!)
hier mache ich einen 3fachen KOTAU !