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- 20. März 2013 4 Min.

Seit Jahren kämpft die NPD gegen Minderheiten, darunter auch Schwule
Dummheit kann man nicht verbieten, gefährliches Reden und Handeln aber schon. Der Staat sollte die NPD mit allen Mitteln bekämpfen, anstatt die Partei auch noch zu finanzieren.
Ein Kommentar von Norbert Blech
Homosexuelle tragen "biologisch nicht zum Bestand des Volkes bei", sie sind "Außreißer aus der Humanevolution". Die Homo-Ehe ist eine "Missachtung" der "vom Volk als normal gehaltenen Ehe" aus Mann und Frau und nur eine "rosarote Beliebigkeitsgesellschaft", "linksliberal verstrahlte Wählerschichten", ein "Schwulenkult in Politik und Medien" sowie eine "Homo-Lobby" könnten zu dieser "Fehlentwicklung" führen.
Diese Worte stammen nicht etwa von einem kreuz.net-Nachfolger, sie stammen auch nicht von einem anonymen PI-Redakteur. Sie fielen, ganz offiziell, am letzten Donnerstag im Sächsischen Landtag. Der NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel äußerte sie, und nicht zum ersten Mal: 2011 hatte er den Grünen eine "Verschwuchtelung des sächsischen Parlamentarismus" vorgeworfen (queer.de berichtete). Man findet diese Reden in Parlamentsprotokollen, in Landtagsvideos und gar auf Youtube.
Homosexuelle tragen "biologisch nicht zum Bestand des Volkes bei". So begründeten bereits die Nazis die Verfolgung und Ermordung von homosexuellen Männern; durch Homosexualität würden "potentielle Erzeuger von Kindern verloren gehen", hieß es etwa, sie widerspreche dem "Gemeinnutz". Die Gefährlichkeit dieser Thesen (die man, das nebenbei, auch Katherina Reiche mit ihren Zukunfts-Tiraden vorwerfen kann) muss also nicht länger bewiesen werden.
Doch Konsequenzen hat das keine, wie vieles andere, was NPD-Chefideologe Gansel und Parteikollegen von sich geben. Der Abgeordnete besitzt Indemnität und Immunität, seine Fraktion wird aus Steuermitteln finanziert. Muss man das in einer Demokratie wirklich aushalten? Eine staatlich geförderte Partei im Parlament, die nicht nur rechtsextrem argumentiert, sondern auch Verbindungen zu faschistischen Gruppen und Gewalttätern hat?
Geschlossenes Handeln? Leider nicht.
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch beschlossen, dass sich die Bundesregierung nicht dem NPD-Verbotsantrag der Bundesländer anschließen wird. Die FDP hatte sich geweigert und durchgesetzt. Die Gründe dafür sind zunächst legitim: Es wird befürchtet, dass der Antrag erneut scheitern könnte – wenn nicht in Karlsruhe, dann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das wäre ein ungewollter Sieg für die NPD.
Doch das Nein der Partei kommt viel zu spät – und die Argumentation ist nach dem Beschluss der Länder für ein Verbotsverfahren, nachdem es also ohnehin zu einem Sieg oder einer Niederlage kommen wird, nicht stichhaltig, hätte zumindest einer Aktualisierung bedurft. Letztlich wäre jetzt nur ein geschlossenes Handeln möglich gewesen, um zumindest ein Zeichen zu setzen: Wir wollen und akzeptieren das nicht! Stattdessen kann sich die NPD schon jetzt über einen Sieg freuen: Die gemeinsame Front gegen die Partei bröckelt im Streit auseinander.
Damit nicht genug: "Dummheit lässt sich nicht verbieten", begründete FDP-Chef Philipp Rösler das Nein. Das ist des Themas unwürdig, eine viel zu flapsige Bemerkung für eine reale Bedrohung, die Gewalt fördert und forderte. Und sie ist falsch. Man kann sehr schwer Meinungen umstimmen, man sollte es aber versuchen. Und eine ausgeübte "Dummheit" lässt sich sehr wohl bekämpfen und verbieten: Man bestraft einzelne Äußerungen ebenso wie Gewalttaten, man zerstört Strukturen, man zerstört Finanzierungswege.
Das hat als Privatinitiative geklappt, man denke an den Kampf gegen kreuz.net, das hat auch wiederholt als entschlossener Kampf des Staates funktioniert: Immer wieder werden Verbände und Vereine verboten, die eine Gefahr darstellen. Ein entschlossener Kampf, der Früchte trägt. Bei der NPD hingegen wird nun der Eindruck vermittelt, man sei machtlos und die Haltungen der Partei seien legitim und hinzunehmen.
Das ist nicht nur gefährlich, es nimmt die Bedrohung durch die Braunen und deren Opfer nicht ernst genug. Der Schutz der Bürger und speziell von Minderheiten ist eine Kern-Aufgabe des Staates. Wie bei der Debatte um die Homo-Ehe, in der die FDP homophoben Ausfällen in der Koalition selten öffentlich widersprach, setzen die Liberalen in Fragen der Rechts- und Menschenrechtspolitik erneut die falschen Signale. Rechtsextreme in einem Landtag sind zu bekämpfen, mit allen Mitteln.















Wenn Fipps sagt, Dummheit lasse sich nicht verbieten, hat er zwar grundsätzlich nicht ganz unrecht - Dummheit lässt sich aber vermindern, indem man der Jugend so etwas wie Chancengleichheit durch klassenübergreifenden Zugang zu guter Bildung ermöglicht, was in diesem Land leider schon lange nicht mehr gegeben ist. Auch und gerade dank schwarz-gelber Schul- und Bildungspolitik!