Diese neun Richter sind auf Lebenszeit berufen, um die US-Verfassung zu interpretieren. Hinten von links: Sonia Sotomayor, Stephen G. Breyer, Samuel A. Alito und Elena Kagan. Vorne von links: Clarence Thomas, Antonin Scalia, John Roberts, Anthony Kennedy und Ruth Bader Ginsburg (Bild: US Supreme Court)
Die Anhörungen des amerikanischen Supreme Court zum Thema Homo-Ehe haben begonnen – sie wird begleitet von Demonstrationen und Aktionen auf sozialen Netzwerken.
Der Oberste US-Verfassungsgerichtshof in Washington D.C. verhandelt über die Verfassungsmäßigkeit des kalifornischen Eheverbots für Homosexuelle ("Proposition 8") und ein vor knapp zwei Jahrzehnten erlassenes Bundesgesetz, das die Anerkennung von Homo-Ehen untersagt ("Defense of Marriage Act"). Am Montag hat die Anhörung zu Proposition 8 begonnen. Die Fragen der neun Richter deuten auf eine knappe Entscheidung hin.
Konservative und linksliberale Richter zeigten dabei Medienberichten zufolge ihre eigene politische Neigung. So fragte etwa der konservativste Richter Antonin Scalia, warum Homosexuelle jetzt plötzlich Rechte verlangten – und seit wann die Verweigerung der Rechte gegen die Verfassung verstoße: "Seit 1791? Oder 1868, als der 14. Verfassungszusatz eingeführt wurde?" Auf diesen Verfassungszusatz, der die Gleichstellung von Schwarzen sichern sollte, berufen sich die Homo-Aktivisten in ihrer Klage. Konservative kritisieren jedoch, dass die Verfassungsrichter bei einem Votum pro Homo-Ehe die Verfassung uminterpretieren würden und dass diese nicht mehr dem Willen der "Founding Fathers", der US-Staatsgründer aus dem 18. Jahrhundert, entsprechen würde.
Auf der anderen Seite kritisierte die von Barack Obama ernannte Richterin Elena Kagan, dass Homo-Gegner hauptsächlich damit argumentieren, dass Homosexuelle nicht ohne fremde Hilfe Nachwuchs zeugen könnten. So sagte sie in der Debatte: "Wenn die Frau und der Mann über 55 Jahre alt sind, werden nicht viele Kinder aus dieser Ehe entstehen."
Bei der Gerichtsentscheidung spielt die Politik eine entscheidende Rolle: Vier der Richter gelten als linksliberal, vier als konservativ und der von Ronald Reagan ernannte Jurist Anthony Kennedy stimmt unterschiedlich ab, auch bei Homo-Fragen. So sprach er 2000 den Pfadfindern das Recht zu, Schwule wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminieren zu dürfen; 2003 hielt er das in 14 Bundesstaaten gültige Sexverbot für Homosexuelle jedoch für verfassungswidrig. Er könnte damit bei diesen Entscheidungen das Zünglein an der Waage sein. Bei der Verhandlung zeigte sich Kennedy für die Argumentation der Homo-Gegner offen, die behaupteten, die gleichgeschlechtliche Ehe schade der Gesellschaft: "Wir haben nur Informationen aus den letzten fünf Jahren, die wir gegen über 2.000 Jahre Geschichte abwägen müssen." Am Mittwoch werden die Richter Zeugen zum "Defense of Marriage Act" befragen.
Youtube | ABC News berichtet über den "historischen Tag"
"Todesstrafe für Schwuchteln"
Das rote Zeichen für Gleichstellung verbreitet sich exponentiell auf Facebook (Bild: Facebook)
Um den Supreme Court haben sich Gegner und Befürworter der Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben mit Transparenten versammelt. Die Ehe-Aktivisten hielten Schilder mit Aufschriften wie "Ich bin kein Bürger zweiter Klasse" in die Höhe, während die Gegner vor allem Homosexuelle als Gefahr für Kinder darstellten ("Ein Kind braucht Vater und Mutter"). Auch die Aktivisten der radikalen Westboro Baptist Church versammelten sich vor dem Gericht mit Schildern wie "Todesstrafe für Schwuchteln".
Auch im Internet kämpfen Homo-Aktivisten für Gleichstellung: Auf Twitter und Facebook haben viele ihr Profilbild in das rot eingefärbte Logo der schwul-lesbischen Gruppe Human Rights Campaign geändert, also in ein (mathematisches) Gleichheits-Zeichen. Auch viele Prominente wie George Takei ("Raumschiff Enterprise") werben intensiv auf sozialen Netzwerken für die Gleichstellung.