Mounir Baâtour soll in einem Sheraton-Hotel Sex mit einem Mann gehabt haben: Die Regierungspartei beschimpft den liberalen Politiker als unislamisch
Die islamistische Regierung in Tunesien geht mit einer Rufmord-Kampagne gegen die Opposition vor: Jetzt wurde der Anführer einer liberalen Partei festgenommen, weil er angeblich schwulen Sex hatte.
Ein tunesischer Richter hat am Mittwoch Haftbefehl gegen den Rechtsanwalt Mounir Baâtour, der die kleine Oppositionspartei "Liberales Tunesien" anführt, erlassen. Wie "TF1 News" berichtet, soll der Politiker in einem Sheraton-Hotel beim Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann inflagranti erwischt worden: Ein Angestellter der amerikanischen Hotelkette soll zufällig die beiden Männer in ihrem Zimmer gesehen haben und dann die Polizei alarmiert haben. In Tunesien stehen auf homosexuellen Sex drei Jahre Haft.
"Er hat alles abgestritten", erklärte der Anwalt des Verhafteten am Mittwoch. Er warf den Ermittlern vor, keinerlei Beweise präsentiert zu haben. Diese erklärten jedoch, dass sie aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht alle Erkenntnisse teilten.
In Tunesien haben seit dem Ende des Regimes von Diktator Ben Ali die gemäßigten Islamisten die Macht übernommen: Bei der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung im Oktober 2011 ging mit 37 Prozent die Ennahda-Partei als stärkste Kraft hervor. Sie lehnt Homosexualität aus religiösen Gründen ab. Auf der Website der Partei ist bereits kurz nach der Verhaftung ein Video veröffentlicht worden, in dem Baâtour heftig beschimpft wird. So glaubt Abd Wahab Heni, der Anführer der weltlichen Majd-Partei, dass die Anschuldigungen "frei erfunden" worden sind, um die liberale Opposition als unislamisch zu diskreditieren.
Homofeindliche Atmosphäre im neuen Tunesien
Die Regierungspartei hat bereits wiederholt Stimmung gegen sexuelle Minderheiten gemacht. So hat Menschenrechtsminister Samir Dilou im vergangenen Jahr Homosexualität als Perversion bezeichnet und Schwulen und Lesben das Recht auf freie Meinungsäußerung abgesprochen (queer.de berichtete). Die homophobe Denunzierungskampagne wurde aber auch gegen die Ennahda-Partei angewendet: Anfang des Jahres ist anonym ein verschwommenes Video veröffentlicht worden, das den damaligen Innenminister Ali Larayedh beim Sex mit einem Mann zeigen soll (queer.de berichtete). Die Islamisten beschuldigten daraufhin das alte Regime, der Regierung schaden zu wollen. Inzwischen ist Larayedh zum Premierminister befördert worden.
Anders als in Ägypten gibt es aus Tunesien keine Berichte über systematische Verfolgung von Homosexuellen. Viele Liberale in Tunesien befürchten, dass die Wahl der gemäßigten Islamisten der erste Schritt in einen Gottesstaat sein könnte. Die Ennahda-Partei hat aber wiederholt versucht, diese Befürchtungen zu zerstreuen. So versicherte der Parteichef nach der gewonnenen Wahl, dass seine Bewegung nicht anstrebe, Homosexualität und Atheismus zu bestrafen, den Erwerb und Genuss von Alkohol zu verbieten oder Frauen zu benachteiligen. Schwulen und Lesben sicherte er etwa das "Recht zu existieren" zu (queer.de berichtete). (dk)
Aber nein, sie wollen nur in der Verfassung die Frau als "Gefährtin des Mannes" und als dessen "Ergänzung im Schoße der Familie" bezeichnen, anstatt als gleichberechtigte Bürgerinnen.
"Schwulen und Lesben sicherte er etwa das "Recht zu existieren" zu"
Wow, und das dürfen die sogar bevorzugt im Gefängnis tun.