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Rudolf Brazda
Thüringen ehrt schwulen KZ-Häftling
- 12. April 2013 2 Min.

Rudolf Brazda als junger Mann und kurze Zeit vor seinem Tod im Jahr 2011
Im Juni wird in Deutschland erstmals ein homosexuelles Opfer der NS-Diktatur einen Gedenkakt erhalten – auch Politprominenz hat sich angekündigt.
Thüringen ehrt mit Rudolf Brazda als erstes Bundesland einen Schwulen, der wegen seiner Sexualität von den Nazis verfolgt und in ein KZ eingewiesen wurde. Jean-Luc Schwab, der einstige Betreuer des im Alter von 98 Jahren 2011 verstorbenen Ex-Insassen des Konzentrationslagers Buchenwald, bestätigte gegenüber dem MDR, dass ein Gedenkakt in Weimar geplant sei. Der Staatsakt findet am 23 Juni um 17 Uhr im Deutschen Nationaltheater statt. Organisiert wird die Veranstaltung von der Staatskanzlei in Erfurt, die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ist Kooperationspartnerin.
Es werden rund 1.000 Gäste erwartet, darunter auch Brazdas Nichte. Zudem hat sich Politprominenz angekündigt: Neben Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sollen auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) teilnehmen. Es ist das erste Mal, dass auf höchster politischer Ebene an einen schwulen KZ-Insassen erinnert wird.
Brazda wurde 1937 in Thüringen denunziert

Jörg Litwinschuh, der Chef der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, bei einem Treffen mit Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) im Februar (Bild: Thüringer Staatskanzlei/Jens-Ulrich Koch)
Brazda war bereits 20 Jahre alt, als Hitler an die Macht kam. Zur gleichen Zeit lernte er in Leipzig seinen ersten Freund kennen, lebte später mit ihm im thüringischen Meuselwitz zusammen. Dort wurde er 1937 denunziert, wegen "unnatürlichen Verhaltens" zunächst in Untersuchungshaft gesteckt und zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt.
Er wurde des Landes verwiesen, zog nach Karlsbad, wo er auch nach der Einverleibung des Sudetenlandes durch Nazi-Deutschland blieb. 1941 musste er erneut für sechs Monate ins Gefängnis, 1942 wurde er einer der rund 650 schwulen Inhaftierten des KZ Buchenwald. Die meisten von ihnen mussten im Steinbruch arbeiten. Brazda wurde verschont, weil ein politischer Häftling, der als Aufseher arbeitete, ein Auge auf ihn geworfen hatte.
Ein anderer Aufseher rettete ihm später das Leben, indem er ihn in einem Schweinestall versteckte, während die anderen Inhaftierten einen Todesmarsch antreten mussten. Am 11. April 1945 wurde das KZ von der US-Armee befreit. Brazda zog ins französische Mulhouse und lernte dort seinen Lebenspartner Edouard kennen, mit dem er ein halbes Jahrhundert bis zu dessen Tod im Jahr 2003 zusammen war.
Zwischen 10.000 und 15.000 Schwule sollen während der Nazi-Herrschaft wegen ihrer sexuellen Orientierung in Konzentrationslager eingewiesen worden sein. Die wenigsten von ihnen erlebten das Kriegsende. Für sie ging die Verfolgung weiter: Der schwulenfeindliche Paragraf 175 wurde erst 1994 restlos abgeschafft. (dk)










