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Diskriminierung
Schwarz-Gelb verweigert Beamten rückwirkende Gleichstellung
- 19. April 2013 3 Min.

Im Bundestag wird keine Homo-Politik mehr gemacht - das hat Karlsruhe und Luxemburg übernommen (Bild: Deutscher Bundestag/Thomas Koehler/photothek.net)
Europäische und deutsche Gerichte fordern einhellig die rückwirkende Gleichstellung von schwulen und lesbischen Staatsdienern. Doch Schwarz-Gelb betreibt Salamitaktik.
Die Bundesregierung hat am Donnerstag die vollständige und rückwirkende Gleichstellung von verpartnerten Beamten mit ihren verheirateten Kollegen abgelehnt. Im sogenannten Professorenbesoldungsneuregelungsgesetz (17/12455), das ohne Debatte am Donnerstag Abend beschlossen wurde, hat Schwarz-Gelb lediglich die Minimalforderung aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erfüllt, indem nur der Familienzuschlag rückwirkend ab Antragsstellung gezahlt wird -wenn die einzelnen Beamten Einspruch gegen ihren Bescheid eingelegt haben. Die Bundesregierung beziffert die Ausgaben aus dieser Neuregelung bei insgesamt 80 Antragstellern auf 0,2 Millionen Euro.
Die Lebenspartner von lesbischen oder schwulen Beamten wurden bei Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes wie Fremde behandelt. Das heißt, sie erhielten weder Familienzuschlag, wie er etwa kinderlosen verheirateten Heterosexuellen zusteht, noch Beihilfe (Krankenmitversicherung) oder andere Rechte wie vor allem die Hinterbliebenenversorgung. Nach mehreren Gerichtsurteilen und Protesten stellte die Bundesregierung aus Union und Liberalen schließlich verpartnerte Beamte gleich, aber erst ab 2009 (queer.de berichtete).
Bundesverfassungsgericht und Europäischer Gerichtshof mahnen Gleichstellung an
Das Bundesverfassungsgericht hatte dann im vergangenen Jahr entschieden, dass Beamte rückwirkend ab der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Jahr 2001 gleichgestellt werden müssen (queer.de berichtete). Karlsruhe berief sich dabei auf den im deutschen Grundgesetz in Artikel 3 verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz. Da es in dem vorliegenden Fall aber nur um den Familienzuschlag gegangen war, setzte die Bundesregierung am Donnerstag nur diesen Punkt um. Andere Rechte für den Zeitraum zwischen 2001 und 2008 müssen Beamte weiterhin einklagen.
Auch das höchste EU-Gericht hat Deutschland wegen der Diskriminierung verpartnerter Beamter bereits mehrfach verurteilt. Zuletzt hatten die Luxemburger Richter entschieden, dass Schwule und Lesben bei der Beihilfe in Krankheitsfällen ab Ende 2003 gleich behandelt werden müssen (queer.de berichtete). Sie beriefen sich dabei auf Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/78/EG, die Diskriminierung von Schwulen und Lesben am Arbeitsplatz untersagt. Die Richtlinie war am 3. Dezember 2003 in der Union im Kraft getreten.
Die grüne Bundestagsfraktion hatte noch diese Woche beantragt, die Gleichstellung auch bei der Hinterbliebenenversorgung von verpartnerten Beamten rückwirkend durchzuführen, scheiterte aber an CDU/CSU und FDP. Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck zeigte sich empört: "Die Regierung Merkel bleibt damit bei ihrem Motto: Diskriminieren um jeden Preis, homophobe Vorurteile statt Verfassungstreue." Es sei "unerträglich", dass Schwarz-Gelb die Betroffenen zwinge, ihre Rechte andauernd einzuklagen. "Die Dauerbeschäftigung der Justiz muss beendet werden", so Beck.
"Und wieder stimmt die Bundesregierung für die Diskriminierung, statt die Vorgaben des Verfassungsgerichtes umzusetzen", kritisierte auch Manfred Bruns vom LSVD. Erneut halte die Koalition an der Linie fest, "Lebenspartnerschaften nur das zuzugestehen, wozu das Bundesverfassungsgericht den Bund ausdrücklich verurteilt hat". "Besonders enttäuscht" sei man von der FDP, so Bruns: "Wir hatten die FDP gebeten, sich schon im Vorfeld im Rechtsausschuss für eine sachgemäße Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzusetzen. Aber auch im Rechtsausschuss hat die FDP für die Fortsetzung der rechtswidrigen Diskriminierung der Lebenspartner gestimmt." (dk)














