Die CSDs fordern die sofortige Gleichstellung von Schwulen und Lesben, während die Union im Bund auf die Bremse drückt - als einzige Fraktion im Bundestag. (Bild: dk)
CSD-Organisatoren hatten der Union "öffentliche Hetze und Hassreden" vorgeworfen – jetzt wehrt sich die LSU gegen die Angriffe, aber auch lokale CSD-Veranstalter betonen Gemeinsamkeiten.
Einige CSD-Organisatoren präzisierten am Dienstag ihre Haltung zur Union. Am Tag zuvor hatten der CSD Deutschland e.V. und 17 deutsche CSD-Vereine in einer gemeinsame Erklärung angedroht, nicht mehr das "Verhalten der Union auf Bundesebene zu akzeptieren". Grund ist die Weigerung der Union, verpartnerte Homo-Paare mit heterosexuellen Eheleuten gleichzustellen (queer.de berichtete).
Nun betonen lokale CSDs, dass sie mit vielen regionalen CDU-Politikern gut zusammenarbeiten würden. So erklärte der CSD Hamburg, dass man die "differenzierte Haltung" der Landes-CDU begrüße und diese Politiker "nicht in Sippenhaft für das Verhalten der Partei auf Bundesebene" nehmen wolle. Beim CSD Darmstadt honoriere man "die Versprechen der CDU Darmstadt im Koalitionsvertrag, in dem jegliche sexuelle Diskriminierung abgelehnt wird und Aktionen gegen Homophobie unterstützt werden". Mathias Fangohr vom Magdeburger CSD erklärte, dass die angedrohten Aktionen "abhängig von der Dialog- und Handlungsbereitschaft der CDU" auf lokaler Ebene seien.
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Nicht alle CSD-Organisatoren waren von der Erklärung überzeugt. So sagte Pascal Siemens, der Pressesprecher der Kölner CSD, gegenüber queer.de, dass man die "Meinungsbildung zu diesem Thema noch nicht abgeschlossen" habe. Am entscheidenden Treffen des CSD Deutschland e.V. habe man nicht teilgenommen, man könne sich bei Bedarf der Initiative aber noch später anschließen.
Siemens sagte, er hätte den Text so nicht unterzeichnet, da es inzwischen viele Unterstützer innerhalb der Union gebe. Außerdem dürfe die Erklärung nicht dazu führen, dass CDU-Vertreter bei CSDs nicht mehr erwünscht seien: "Als demokratisch denkender Mensch würde ich niemanden ausschließen", so Siemens. "Es gibt nicht nur die eine Union, sondern viele Strömungen." Gerade die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) hätten in schwierigem Umfeld einiges in Bewegung gebracht.
Arbeit von LSU-Aktivisten "massiv eingeschränkt"
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Die LSU zeigt sich unterdessen empört über die Initiative: "Die Erklärung des CSD Deutschland ist ein Schlag ins Gesicht für die vielen aktiven Kämpfer innerhalb der Union und ein Angriff auf eine demokratische Partei", sagte Martin Och, der Regionalvorsitzender der LSU Ost. Die Arbeit der LSU-Aktivisten werde dadurch "massiv eingeschränkt". So würden die "gewählten Worte und die Drohung leider nicht helfen, die Debatte zu einem positiven Ende zu führen".
Gegenüber queer.de erklärte Och auch, dass nicht jeder, der Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Ehe-Öffnung habe, ein Gegner von Homo-Rechten sei. Die Gleichstellung im Eherecht ist dieses Jahr bei vielen CSDs das wichtigste politische Thema. Allerdings sei die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben "verfassungsrechtlich nicht gesichert" und könne gegen den besonderen Schutz von Ehe und Familie im Grundgesetz verstoßen, so Och. Es wäre daher ohne eine Verfassungsänderung fahrlässig, die Ehe zu öffnen und die eingetragene Lebenspartnerschaft abzuschaffen. Politiker von SPD und Grünen haben dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Unterstützung für die Erklärung kommt von der schwul-lesbischen Arbeitsgemeinschaft in der SPD. Für die Schwusos bringen die CSD-Organisatoren "das Problem auf den Punkt", wie Schwusos-Chef Ansgar Dittmar am Montag erklärte. Immerhin halte die Union "als einzige Partei im Bundestag weiterhin an einer diskriminierenden Position gegenüber Menschen mit anderen Lebensentwürfen oder sexuellen Identitäten fest".
Zuletzt hatte der Bundestag im März über die Ehe-Öffnung debattiert. Die Union schickte mit Norbert Geis (CSU) und Ute Granold (CDU) zwei ausgesprochen homofeindliche Redner in die Debatte und blockierte daraufhin die Abstimmung im Parlament (queer.de berichtete). (dk)