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Grüner Antrag ohne Chance
Schwarz-Gelb lehnt Strafen für Homo-"Heilung" ab
- 26. April 2013 3 Min.

Ansgar Heveling (CDU) sieht "überhaupt keine Notwendigkeit" dafür, Homo-"Heilung" zur Ordnungswidrigkeit zu erklären (Bild: Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde)
Abgeordnete von CDU und FDP halten nichts vom Antrag der Grünen, Umpolungstherapien für minderjährige Homosexuelle zu verbieten.
Von Dennis Klein
Bei sogenannten "Konversionstherapien" sollen Schwule und Lesben zu aufrechten Heterosexuellen zurechtgebogen werden, im Extremfall wie früher in Amerika mit Mitteln wie Eisbädern oder Elektroschocks oder heute noch, und auch in Deutschland, mit einer fragwürdigen psychologischen Begleitung. Mediziner und Psychologen sind sich einig, dass das nicht funktioniert – und die Betroffenen damit in die Depression oder sogar den Selbstmord getrieben werden.
Die grüne Bundestagsfraktion will daher zumindest Jugendliche unter 18 Jahren vor dieser Tortur schützen. "Wir müssen diese Quacksalberei und Scharlatanerie verbieten", so der eindeutige Appell des grünen Fraktionsgeschäftsführers Volker Beck. Er hat am Donnerstag den Gesetzentwurf "zur Ahndung von Therapien mit dem Ziel der Änderung der sexuellen Orientierung bei Minderjährigen" in den Bundestag eingebracht. Demnach soll die Homo-"Heilung" von Jugendlichen zur Ordnungswidrigkeit erklärt und mit einer Geldstrafe in Höhe von mindestens 500 Euro belegt werden (queer.de berichtete). Die Debatte wurde nicht im Parlament geführt, sondern lediglich zu Protokoll gegeben.
Union verteidigt "autonome Entscheidungen Einzelner"
Eine Mehrheit für den Vorschlag ist nicht in Sicht: Union und FDP lehnten den Gesetzentwurf als überflüssig ab, dagegen wollen SPD und Linke das Verbot prüfen. Der Abgeordnete Ansgar Heveling (CDU) aus dem nordrhein-westfälischen Korschenbroich stellte die Sicht der größten Fraktion dar: Für die Bundesregierung seien die "Therapien" zwar "fragwürdig" und zu missbilligen, allerdings warf er den Grünen vor, Showpolitik zu betreiben: "Es wird plakativ etwas beantragt, wofür es in der Sache überhaupt keine Notwendigkeit gibt". Es ginge in dieser Frage "nicht um Zwangstherapien, sondern um die autonomen Entscheidungen Einzelner". Würde ein Kind wirklich durch diese "Therapien" geschädigt, gebe es andere Gesetze gegen "fragwürdige Entscheidungen der Erziehungsberechtigten", etwa das Familienrecht und "die Körperverletzungsvorschriften des Strafgesetzbuches".
Allerdings hofiert die Union Homo-"Heiler" im Bundestagswahlkampf: So würdigte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Januar den Gnadauer Gemeinschaftsverband, der die "Korrektur" von Homosexuellen fordert (queer.de berichtete). Außerdem hat Merkel angekündigt, im Juli ein Treffen einer Organisation in Schwäbisch Gmünd zu besuchen, die ebenfalls klar für eine Homo-"Heilung" eintritt (queer.de berichtete). Dagegen weigert sich die Kanzlerin seit Jahren beharrlich, für CSDs ein Grußwort zu verfassen.
Die FDP stellte sich wie so oft hinter die Union: In einer extrem kurzen Rede sagte der schwule Abgeordnete Jörg van Essen, dass Konversionstherapien "zu negativen und schädlichen Effekten führen" könnten. Allerdings halte er nichts von einer "Bußgeldbewehrung" und führte verfassungsrechtliche Frage wie die Religionsfreiheit ins Feld. Es sei ohnehin genug, "entsprechenden Angeboten mit Aufklärung und Hilfe entgegenzutreten".
Konversionstherapie ist "dumm, respektlos und diskriminierend"

Sonja Steffen (SPD) will den Antrag der Grünen "eingehend prüfen" (Bild: Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde)
Die anderen Oppositionsfraktionen können sich dagegen eher mit dem Vorschlag anfreunden. Die SPD-Politikerin Sonja Steffen nannte die Idee der Homo-"Heilung" in der Debatte "dumm, respektlos und diskriminierend" und erklärte, dass die Politik auch die Aufgabe habe, Kinder zu schützen: "Wenn ein Verbot von gefährlichen und dubiosen Therapieangeboten dafür einen Beitrag leisten kann, sollten wir das auch eingehend prüfen und in die Wege leiten", so Steffen.
Für die Linksfraktion warnte Barbara Höll eindringlich vor Konversionstherapien: "'Homoheiler' betreiben wissenschaftlichen Mumpitz und gefährden junge Menschen", erklärte die Leipzigerin. Ihre Fraktion sei aber "skeptisch, ob der Vorschlag der Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten der geeignete Weg ist, 'Homoheilern' das Handwerk zu legen." Zunächst müsse geprüft werden, ob nicht die Gewerbeaufsicht Homo-"Heilern" bereits jetzt die Tätigkeit untersagen können. Immerhin sei das Versprechen diese Mediziner, Homosexualität zu heilen, "Betrug" am Patienten.
Links zum Thema:
» Reden im Plenarprotokoll (PDF, Seite 29868-72)














