"Wir sind, wie wir sind" - Noch ist offen, ob das CDU-Plakat vom Berliner CSD 2009 in diesem Jahr wieder aufgehängt werden darf (Bild: LSU Berlin)
Die ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde moderiert zusammen mit Maneo-Chef Bastian Finke ein Treffen zwischen dem Vorstand des Berliner CSD e.V. und Vertretern der Union.
Im Streit um den Ausschluss der CDU von der diesjährigen CSD-Parade in Berlin ist das letzte Wort doch noch nicht gesprochen. Jetzt haben sich der Vorstand des Berliner CSD e.V. und die CDU Berlin dafür ausgesprochen, Anfang Mai ein gemeinsames und von Moderatoren begleitetes Gespräch zu führen.
Als Schlichter wurden Lala Süsskind, die ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, sowie Bastian Finke, Leiter des schwulen Anti-Gewalt-Projekts Maneo, von beiden Seiten akzeptiert. "Das Gespräch soll dazu beitragen, dass die Teilnahme der CDU Berlin an der CSD-Parade möglich gemacht wird", heißt es in einer Pressemitteilung von Maneo. Die Moderatoren appellierten an die Beteiligten, "bis zu diesem Gesprächstermin den Schlichtungsfrieden zu wahren".
Als Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde war Süssklind u.a. an der Gründung des Bündnisses gegen Homophobie beteiligt. Seit Anfang des Jahres ist die 66-Jährige Vorsitzende des Kuratoriums des LSVD Berlin-Brandenburg. Für ihr Engagement gegen Homophobie hatte Süsskind 2011 den Tolerantia-Preis erhalten.
LSU kritisiert CDU-Ausschluss als "Schlag ins Gesicht"
Will LSU und CDU nicht auseinander dividieren lassen: Allexander Vogt, Bundesvorsitzender der Lesben und Schwulen in der Union
In einer Erklärung vom Freitagabend äußerte der Bundesverband der Lesben und Schwule in der Union (LSU) seine "große Enttäuschung" über den Ausschluss der CDU von der Berliner CSD-Parade sowie über die Erwägung der Kölner CSD-Veranstalter, keinen Redner der Union auf der Abschlusskundgebung zuzulassen.
"Diese Überlegungen sind doch ein Schlag ins Gesicht für alle Befürworter in der Union, die die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe fordern", erklärten der LSU-Bundesvorsitzende Alexander Vogt und sein Stellvertreter Thomas Mehlkopf. "Bislang haben sich ja genau jene überhaupt auf den CSDs engagiert, die die Forderungen der homosexuellen Community unterstützen und gerade innerhalb der CDU Flagge zeigen."
Nun werde ausgerechnet den Befürwortern von gleichen Rechten eine wichtige Plattform genommen, heißt es in der Erklärung der LSU-Spitze. Durch den Ausschluss der CDU von Parade oder Kundgebung würden die CSD-Veranstaltungen "politisch einseitig gefärbt". Dies gebe all jenen Oberwasser in der Union, die dieses Thema "sowieso schon immer als Thema der anderen Parteien sehen wollen".
Der LSU sei "sehr wohl bewusst, dass die Wähler aus der LGBT-Community die Union ohnedies kritisch sehen insbesondere wegen deren bisheriger Entscheidung gegen die steuerrechtliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften", räumte Alexander Vogt ein. "Gerade auch deshalb sehen wir unser Mitwirken bei den CSDs nicht als Wahlkampf, sondern in erster Linie als Unterstützung für die Rechte von Schwulen und Lesben gerade gegenüber CDU und CSU an." Auch wenn die LSU selbst nicht von der Ausladung betroffen sei, wolle man sich nicht auseinander dividieren lassen. Für die Lesben und Schwulen in der Union bedeute die Lobbyarbeit in den beiden Parteien "echte Kärrnerarbeit".
Die Erklärung der LSU-Spitze endet mit einem Appell an die CSD-Veranstalter in Berlin und Köln: "Wir wollen zeigen, dass wir nicht aufgeben, für gleiche Rechte zu kämpfen. Gebt uns weiterhin die Chance dazu!"
Vorsichtige Kritik am Berliner CSD e.V. von Schwusos, Grünen und Piraten
Die lesbische Grünen-Abgeordnete Anja Kofbinger kritisierte, dass die Entscheidung für den CDU-Ausschluss eigenmächtig vom Vorstand des Berliner CSD e.V. getroffen wurde
Bei den Berliner Parteien stieß der CSD-Ausschluss der CDU auf ein geteiltes Echo. Er sei von der Entscheidung überrascht worden, sagte etwa Schwusos-Landeschef André Rostalski, gegenüber dem "Tagesspiegel". Sein Verband sei im Berliner CSD e.V. engagiert – doch in der "wichtigen Grundsatzfrage" habe der Vorstand allein gehandelt. "Die Argumente für den Ausschluss zielen auf die Politik der Bundes-CDU ab und treffen auf die Berliner so nicht zu", kritisierte Rostalski.
Die grüne Abgeordnete Anja Kofbinger, Fraktionssprecherin für Frauen- und Queerpolitik, nannte den Ausschluss "menschlich verständlich", aber demokratisch nicht legitim – die Entscheidung hätte ihrer Meinung nach im CSD-Forum fallen müssen, wo alle Mitglieder des Berliner CSD e.V. Stimmrecht besäßen. Ihr wäre es lieber gewesen, "dass wir sie trotzdem teilnehmen lassen, weil wir nämlich tolerant sind und weltoffen". Ähnlich äußerte sich die Piratenpartei. Er halte den Ausschluss der CDU "als politisches Zeichen" für richtig, meinte Piraten-Sprecher Enno Lenze, betonte aber, dass die CDU in Berlin wesentlich liberaler sei als im Bund. "Ich finde es schade, dass Einzelne mitbestraft werden."
Vom Landeschef der Linkspartei kam dagegen Unterstützung für den CSD-Vorstand: "Die CDU in Berlin mag sich verbal offener geben als die Bundespartei, in der Praxis folgt daraus nicht viel", sagte Klaus Lederer dem "Tagesspiegel." Dafür werde sie nun in Haftung genommen: "Große Teile der queeren Community haben wenig Lust, beim CSD einen großen CDU-Wahlkampfwagen zu erleben."
Bundesstiftung Magnus Hirschfeld lädt zu Podiumsdiskussion
Lederer wird zusammen mit der Grünen-Abgeordneten Anja Kofbinger und LSU-Chef Alexander Vogt auch an der Podiumsdiskussion "''Wir müssen draußen bleiben!' Sind Parteienausschlüsse von CSD-Paraden der richtige Weg?" teilnehmen, die die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld am Freitag, den 10. Mai in Berlin veranstaltet.
Ihre Teilnahme zugesagt haben außerdem der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann, SPD-Landesgeschäftsführerin Kirstin Fussan sowie Marc-Pierre Hoeft als Vorstand des Hamburg Pride. Weitere Teilnehmer sind angefragt. Die Veranstaltung beginnt um 18.30 Uhr im Rathaus Charlottenburg, Festsaal, 3. Obergeschoss, Otto-Suhr-Allee 100, 10585 Berlin. (cw)
Das setzt uninformierte Gutwilligkeit auf der anderen innerparteilichen Seite voraus. Die wollen aber mit dem Appell an den inneren Schweinehund am rechten Rand auf Stimmenfang gehen.
PS Dass Frau Süsskind Sozialarbeit bei der CDU im Sinne des Grundgesetzes leisten will, nötigt mir Dankbarkeit und Respekt ab. Gerade angesichts der Tendenzen in Frankreich, wo sich ganz andere inhumane Bündnisse formiert haben.