Der 1. FC Kaiserslautern kämpft um den Aufstieg und schert sich nicht um Kollateralschäden (Bild: Wiki Commons / Thomas Hilmes / http://www.der-betze-brennt.de / CC-BY-SA-3.0-DE / Montage queer.de)
Für den Aufstieg ordnen die Roten Teufel alles andere unter: Der Verein verharmlost homofeindliche Äußerungen seines Star-Stürmers und durchkreuzt damit die Bemühungen gegen Homophobie im Fußball. Dafür erhält der FCK als erster Sportverein die Homo-Gurke.
Von Dennis Klein
Es ist ärgerlich genug, wenn sich ein frustrierter Fußballer nach einem verlorenen Spiel vor laufender Kamera ein Foulspiel gegen Homosexuelle erlaubt – wie es Mohamadou Idrissou am Montagabend in einem Interview tat. Er sei kein verweichlichter Schwuler, sondern ein echter Kerl, raunte der 33-Jährige einer "Sky"-Reporterin ins Mikrofon (queer.de berichtete). Rotwürdig ist es aber, wenn der Verein anschließend solche Äußerungen verharmlost, weil er im Aufstiegskampf einen "echten Kerl" nicht auf die Strafbank schicken will.
Genau das hat der Zweitligist 1. FC Kaiserslautern getan. Auf seiner Website jammert der Verein, dass die Worte des Spielers "auf potentielle homophobe Aussagen" reduziert würden. "Dies ist in keinerlei Weise von Mohamadou Idrissou beabsichtigt gewesen. Vielmehr liegt der Fokus seiner Aussage auf seiner persönlichen Männlichkeit und seiner Körpersprache als Ausdruck derselben", so die Vereinsführung. Die klischeehafte Gleichsetzung von "schwul gleich unmännlich" wird von der FCK-Führung unreflektiert verteidigt.
FCK: "Echte Kerle" sind halt so
Mohamadou Idrissou will keine Schwuchtel sein, sondern ein Mann
Die Reaktion zeigt, wie blind die Vereine nach wie vor bei alltäglicher Schwulenfeindlichkeit im deutschen Fußball sind. Dabei geht es auch anders: Im Gegensatz zur Homophobie gibt es beim Rassismus eine strikte Null-Toleranz-Regel. Wenn zum Beispiel Spieler mit afrikanischen Wurzeln als "Affen" diffamiert werden, behauptet kein Fußball-Manager, dies sei nur eine "potentielle rassistische Aussage".
Im vergangenen Jahr hatte der damalige FCK-Trainer rassistische und antisemitische Sprüche von Fans nach einem verlorenen Spiel auf der Stelle als "beängstigend und in höchstem Maße zu verurteilen" kritisiert. Genau so ist es richtig. Kaiserslautern scheint die Verunglimpfung von sexuellen Minderheiten hingegen als Kavaliersdelikt anzusehen. So etwas kann einem emotionsgeladenen Spieler eben passieren, laviert der FCK in seiner Erklärung: Die Medien wollten schließlich "echte Kerle", die klar ihre Meinung sagten. Voll heterolike halt; wer die Klappe hält, ist ein schwules Mädchen…
Wirtschaftliche Interessen wichtiger als Schutz von Minderheiten
Die Reaktion der Kaiserslauterer mag aus sportlicher wie wirtschaftlicher Sicht verständlich sein. Immerhin kämpfen die Pfälzer gegen Köln und den FSV Frankfurt um den Relegationsplatz und damit um den Aufstieg in die 1. Bundesliga; da wollen sie nicht auf einen Stürmer verzichten, der in dieser Saison schon 16-mal getroffen hat. Das rechtfertigt aber nicht, mal eben alle Verantwortung über Bord zu werfen. Wer erklärt, offen für alle Minderheiten sein zu wollen, der darf dies nicht aus taktischen Erwägungen beiseite schieben.
Der DFB veranstaltet schöne Seminare zur Gleichbehandlung von Homosexuellen, Kanzlerin Angela Merkel ermutigt Profis zum Coming-out. "Vereine, Verbände, Fans und Medien müssen sich als homofreundlich outen, dann werden sich auch die Fußballer outen", sekundierte DFB-Diversityberater Marcus Urban noch im Februar (queer.de berichtete). Die Homophobie, die Idrissou im Interview offen zur Schau stellt, macht alle Bemühungen zunichte, ein offenes Klima für die schwulen Profis zu schaffen.
Der DFB hat Ermittlungen gegen Idrissou aufgenommen. Es wird sich zeigen, wie wichtig dem Verband die Frage der Homophobie im deutschen Fußball ist. Sollte der FCK mit einer symbolischen Strafe durchkommen, ist ein Coming-out eines Profispielers in der Bundesliga – wie das von Jason Collins in der amerikanischen Basketball-Profiliga – noch in weiter Ferne. Dank Idrissou und FCK gehen die Versteckspiele samt Alibi-Ehefrau und Doppelleben in die nächste Runde.
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