Der CSD von São Paulo ist der größte der Welt - hier wird seit Jahren die Gleichbehandlung gefordert (Bild: SPressoSP / flickr / by 2.0)
Im größten katholischen Land der Welt hat eine Kontrollbehörde Standesbeamte angewiesen, Heiratsurkunden auch an gleichgeschlechtliche Paare auszugeben.
Der brasilianische Justizrat (Conselho Nacional de Justiça) hat mit 14 gegen eine Stimme entschieden, dass Standesämter Zivilehen von Schwulen und Lesben anerkennen müssen. Es gebe keinen Grund, auf die Entscheidung des Parlaments zu warten. Standesbeamte seien somit "verpflichtet", Homo-Paaren eingetragene Partnerschaften oder – wenn sie das wünschen – Zivilehen anzubieten. Sie dürfen nicht aus moralischen oder religiösen Gründen gleichgeschlechtliche Paare abweisen. Außerdem müssen sie auf Wunsch Lebenspartnerschaften in Ehen umwandeln.
Hintergrund ist eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes aus dem Jahr 2011, das wegen des Diskriminierungsverbots in der Verfassung die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften einforderte (queer.de berichtete). Zwar verlangten die Richter nicht ausdrücklich die Öffnung der Ehe, allerdings klagten sich viele Homo-Paare das Recht auf eine Zivilehe ein, andere durften eingetragene Partnerschaften eingehen. Derzeit gleicht Brasilien einem Flickenteppich bei Homo-Rechten: Zwölf der 26 Bundesstaaten haben die Ehe geöffnet.
Keine Mehrheit für Ehe-Öffnung im Parlament
Die Entscheidung des Justizrates ist auch eine Ohrfeige für das Parlament, den Nationalkongress. Hier gibt es seit Jahren Gesetzesanträge für die Öffnung der Ehe, die aber nie eine Mehrheit fanden. Insbesondere der Einfluss von katholischen und evangelikalen Kirchen hat bislang die Ehe-Öffnung verhindert.
Knapp drei Viertel der 190 Millionen Brasilianer sind Katholiken. Insbesondere die Papst-Kirche betreibt seit Jahren Lobbyarbeit gegen ein Gesetz zur Gleichstellung. Erst vergangenen Monat exkommunizierte eine Erzdiözese einen Pfarrer wegen "Ketzerei", weil er sich für Homo-Rechte eingesetzt hatte (queer.de berichtete).
Das Urteil des Justizrates wird voraussichtlich kommende Woche in Kraft treten, wenn es offiziell bekannt gegeben wird. Es gibt aber noch die Möglichkeit, vor dem obersten Verfassungsgericht dagegen zu klagen. Allerdings ist Joaquim Barbosa, der Vorsitzende des Justizrates, auch der Chef des Obersten Gerichtshofs.
In Südamerika haben bislang Argentinien und Uruguay die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet. (dk)
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