In Tiflis attackierte eine aufgebrachte Menge Busse, in denen Schwule und Lesben von ihrer Demonstration eskortiert wurden. Einige Aktivisten wurden verletzt.
Bei Ausschreitungen in Tiflis wurden im zweiten Jahr in Folge mehrere Menschen verletzt. In St. Petersburg bricht die Polizei einen Rainbow Flashmob ab.
Von Norbert Blech
In der georgischen Hauptstadt Tiflis ist es am Freitag im Rahmen einer Demonstration zum Internationalen Tag gegen Homophobie zu Ausschreitungen gekommen, bei denen bis zu 20 Personen verletzt wurden.
Eine kleine Gruppe von Schwulen und Lesben wollte unter dem von der Regierung versprochenen Polizeischutz friedlich demonstrieren. Allerdings verloren die Beamten die Kontrolle über die mehreren tausend Gegendemonstranten, die von orthodoxen Priestern vor Ort aufgehetzt wurden. Bereits am Tag zuvor hatte der georgische Patriarch zum Protest gegen die "anti-georgische LGBT-Propaganda" ausgerufen.
Demonstranten wurden körperlich angegriffen und mit Steinen beworfen. Schließlich evakuierte die Polizei die Teilnehmer nach wenigen Minuten in Bussen, die ebenfalls angegriffen wurden. Mit einer Mülltone wurde etwa die Scheibe eines Gefährts eingeschlagen.
Youtube | Jagdszenen aus Tiflis: Ein Video zeigt die Attacken auf den Bus
Gewalt gegen vermeintliche "Homo-Propaganda"
Orthodoxe Priester heizten die Situation an
Die Gegendemonstranten trugen Banner wie "Wir brauchen kein Sodom und Gomorrah", "Demokratie heißt nicht Unmoral" oder, auf Englisch, "Stop promoting homosexual propaganda in Georgia". Georgiens Präsident Micheil Saakaschwili hatte noch in dieser Woche einen Schutz der LGBT-Demonstration versprochen, nachdem es im Vorjahr ebenfalls zu Ausschreitungen gekommen war (queer.de berichtete).
Während das Land homosexuelle Partnerschaften nicht anerkennt, schützt es Personen per Gesetz vor einer Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Hauptgegner von mehr Rechten ist die orthodoxe Kirche, der über 80 Prozent der Georgier angehören.
Youtube | Ein georgischer TV-Sender berichtet über die Ausschreitungen
Über 15 Aktionen in Russland
Regenbogen über St. Petersburg (Bild: Yuri Gawrikow)
Auch in der russischen Stadt St. Petersburg war es im letzten Jahr zu heftigen Ausschreitungen gekommen – nationalistische Gegendemonstranten schossen mit einer Gaspistole auf die Teilnehmer und attackierten später einen Bus, von dem sie dachten, dass sich die Teilnehmer darin aufhielten.
In diesem Jahr konnte die Polizei Gewalt durch die rund 150 Gegendemonstranten verhindern, die aus einer Entfernung Eier und Rauchbomen auf die Teilnehmer der LGBT-Demonstration warfen – aber nur, weil sie die Aktion mit rund 100 Teilnehmern vorzeitig abbrach. Immerhin konnten die Regenbogen-Luftballons in die Luft gelassen werden – viele trugen allerdings schwarze Farbe in Erinnerung an Wladislaw Tornowoi, den 23-Jährigen, der in der letzten Woche in Wolgograd ermordet worden war (queer.de berichtete).
In St. Petersburg war der Protest von der Stadtverwaltung genehmigt worden, auch in anderen russischen Städten, in mindestens 15, fanden am Freitag genehmigte Proteste statt. In Tjumen, Samara und Petrosavodsk gab es nach Auskunft des LGBT Network hingegen keine Erlaubnis, die Aktivisten wollten sich auf grundsätzlich erlaubte Einzeldemonstrationen zurückziehen.
Auf der ganzen Welt finden am Freitag erlaubte bis hin zu geheimen Aktionen zum Internationalen Tag gegen Homophobie statt, vor allem Rainbow Flashmobs haben sich wegen ihrer Niedrigschwelligkeit im Vergleich zu einem CSD oder einer Demonstration etabliert. Weitere Vorfälle wurden bislang nicht bekannt; in Nairobi, der Haupstadt Kenias, zogen die Behörden allerdings in letzter Sekunde die Erlaubnis für eine Demonstration zurück.