Jeder zweite homosexuelle Oberstufenschüler wurde in der Schule schon einmal diskriminiert.
Lesbische und schwule Jugendliche werden besonders an Schulen gemobbt. Eine Homo-Gruppe macht dafür die Politik und die Lehrer verantwortlich.
Laut einer Umfrage der LGBT-Gruppe Gay Center unter mehr als tausend homosexuellen Schülern der Oberstufe ist in Italien die Diskriminierung von Jugendlichen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung weit verbreitet. Rund drei Viertel der Schüler gaben an, in ihrem Leben schon einmal Diskriminierung oder Gewalt aufgrund von Homosexuellenfeindlichkeit erlebt zu haben.
Der homophobste Ort ist der Umfrage zufolge die Schule, in der 49 Prozent der Befragten bereits Diskriminierung ausgesetzt gewesen seien. An zweiter Stelle folgt die Familie (42 Prozent) vor Kneipen und Cafés (33 Prozent). Hier gibt es einen Unterschied zwischen Schwulen und Lesben: Während Schwule eher in der Schule gemobbt werden, erleben Lesben eher Diskriminierungen in der Familie.
Nationaler Aktionsplan gegen Homophobie gefordert
Fabrizio Marrazzo, der Chef von Gay Center, beklagte nach der Bekanntgabe der Ergebnisse, dass es in Italien keinen Nationalen Aktionsplan gegen Homophobie gebe. Das führe dazu, dass in Schulen oft "alte Lehrer mit Vorurteilen das Sagen haben". "Die verstehen nicht, warum Anti-Homophobie-Kurse so wichtig sind", so Marrazzo. Er nannte als Beispiel eine Schule in Rom, in der ein Anti-Homophobie-Projekt abgebrochen wurde, weil vor der Schule schwulenfeindliche Plakate aufgehängt wurden. Die Schulen hätten Angst, homophobe Schüler zu provozieren, so Marrazzo. Auch zu Hause würden homosexuelle Jugendliche – anders als Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten – oft keine Unterstützung erfahren.
Mobbing an Schulen wurde in mehreren Studien als Hauptproblem für junge Homosexuelle ausgemacht. So kam im vergangenen Jahr eine britische Umfrage zu dem Ergebnis, dass 55 Prozent von schwulen, lesbischen oder bisexuellen Schülern wegen ihrer Sexualität gemobbt werden (queer.de berichtete). Homophobe Sprache ist demnach an Schulhöfen weit verbreitet.
In Italien ist die Situation besonders prekär, da die rechtliche Lage für Homosexuelle im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern schlecht ist. So werden keine Homo-Partnerschaften anerkannt, außerdem hat das Land nur einen begrenzten Diskriminierungsschutz für Schwule und Lesben. Homosexuelle dürfen anders als in Deutschland beim Zugang zu Dienstleistungen wegen ihrer Sexualität benachteiligt werden. Die neue Regierung unter Führung des Sozialdemokraten Enrico Letta hat bislang keine Verbesserung der Situation angekündigt. (dk)
Wie, und niemand hat sich in bzw. von der christlichen Staatskirche diskriminiert gefühlt? Stand diese Antwort im erzkatholischen Italien etwa nicht zur Auswahl in der Umfrage, um den heiligen Stuhl nicht zu erzürnen?