Eine neue Ausstellung im ehemaligen KZ Sachsenhausen dokumentiert die Zwangssterilisation von homosexuellen Häftlingen.
Von Tanja Reinsfelder
Eine Dauerausstellung mit dem Titel "Medizin und Verbrechen" eröffnet am Sonntag, 7. November 2004, in der Gedenkstätte Sachsenhausen bei Oranienburg. Thema der Ausstellung ist die Geschichte des Krankenreviers im ehemaligen Konzentrationslager. Auf 800 Quadratmetern Ausstellungsfläche und mit rund 1.000 Exponaten werden in den einzigen beiden original erhaltenen und denkmalgerechten sanierten Barracken des Krankenreviers die verschiedenen Aspekte des Themas von der medizinischen Versorgung über medizinische Versuche mit KZ-Häftlingen bis hin zum Krankenmord beleuchtet. Die ehemalige Pathologie mit den Leichenkellern ist ebenfalls Bestandteil der Ausstellung.
Ein Raum der Ausstellung beschäftigt sich im Besonderen mit der Zwangssterilisation von Häftlingen. Im Rahmen dieses Themas wird auch der Lebensweg des Schauspielers und Kabarettisten Fritz Junkermann dokumentiert, der wegen seiner Homosexualität verurteilt und schließich auch in Sachsenhausen kastriert wurde. "Es ist das erste Mal, dass die Bekämpfung von Homosexualität durch medizinische Eingriffe in einer Dauerausstellung dargestellt wird", erklärt Eberhard Zastrau, der für den Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) dem Internationalen Beirat der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten angehört. Junkermann kam 1941 nach Sachsenhausen, wurde nach seiner "Verstümmelung" mit einem sogenannten Invalidenzug nach Dachau transportiert und verstarb dort 1942.
Unter dem NS-Regime machte seit 1935 eine Gesetzesverschärfung "zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" die angebliche freiwillige Entmannung von "Sittlichkeitsverbrechern" möglich und stellte so die Bekämpfung der Homosexualität unter Hitler auf eine neue Stufe. "Hatten die Nazis zunächst die 'Umerziehung' von Homosexuellen auch in brutalstmöglicher Form propagiert, so steht bei den Kastrationen die biologisch-medizinische Bekämpfung der Homosexualität im Vordergrund," so Zastrau. "Die nächsten Schritte waren dann die Hormonversuche Vaernets in Buchenwald, die nicht nur die sexuellen Wünsche ausschalten, sondern homosexuelle Bedürfnisse in heterosexuelle Orientierung umwandeln sollten."
Neben Zastrau waren auch Joachim Müller, der als Vorgänger Zastraus dem Beirat der Stiftung angehörte, und Andreas Pretzel maßgeblich durch ihr Engagement und ihre Forschungsarbeit an der Entstehung der Ausstellung beteiligt.
05. November 2004
Will sagen: Was die DB als Komfort verkauft, gilt andernorts als Mißhandlung ...