Die Berliner Opposition ist empört, dass Rot-Schwarz nicht wie andere Städte Verfehlungen gegen Schwule und Lesben in der Partnerstadt in einer Entschließung verurteilt
Aus formalen Gründen will die Große Koalition in Berlin wenige Tage nach der Verhaftung von Dutzenden CSD-Teilnehmern in Moskau das geplante russische Gesetz zur Homo-"Propaganda" nicht verurteilen.
In einer mündlichen Abstimmung haben die Abgeordneten von SPD und CDU am Donnerstag einen Entschließungsantrag der Oppositionsparteien Grüne, Linke und Piraten abgelehnt, in dem "Sorge" über die Duma-Vorbereitungen für ein Gesetz gegen die "Propagierung" von Homosexualität zum Ausdruck gebracht wird. In dem Antrag heißt es: "Das Abgeordnetenhaus von Berlin erklärt sich solidarisch mit den lesbisch, schwul, bisexuell und transgender lebenden Bürgerinnen und Bürgern der Partnerstadt Moskau, denen mit diesem Gesetz wesentliche Bürger_innenrechte entzogen werden sollen."
Der Antrag, der von den Grünen ausgegangen ist, wurde auch vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) abgelehnt. In der Antwort auf eine mündlichen Anfrage argumentierte Wowereit: "Bei dem angesprochenen Gesetzentwurf handelt es sich um ein russisches Bundesgesetz. Nach Artikel 32 GG ist Außenpolitik allein Sache des Bundes. Formelle diplomatische Initiativen sind demnach Sache der Bundesregierung". Außerdem habe er sich als Stadtoberhaupt in der Presse bereits kritisch über das Gesetz geäußert.
Die CDU-Abgeordnete Hildegard Bentele erklärte bei der Debatte zwar ebenfalls, dass die Opposition mit dem Inhalt ihres Antrages "grundsätzlich recht" habe. Allerdings: "Wir stehen nicht für abstrakte Entschließungen, wir stehen für konkretes Handeln", so die europapolitische Sprecherin der Christdemokraten.
Hamburger Bürgerschaft verurteilte einstimmig St. Petersburg
Thomas Birk ist der queerpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion
Die Grünen zeigten Unverständnis über die Entscheidung der Landesregierung. So hätten die Hirschfeld-Eddy-Stiftung und der russische Exilverein Quarteera e.V. alle deutschen Städte und Länder, die Partnerschaften mit russischen Städten und Regionen haben, aufgefordert, gegenüber den russischen Partnern gegen den Gesetzentwurf zu protestieren. Viele Städte und Oberbürgermeister sind dem Aufruf schon gefolgt.
"Wir hätten uns ein klares Zeichen des Abgeordnetenhauses gewünscht", erklärte Thomas Birk, der queerpolitische Sprecher der Grünenfraktion. Unter anderem hat die Hamburger Bürgerschaft im vergangenen Jahr einstimmig ihre Partnerstadt St. Petersburg für die Einführung eines Gesetzes gegen Homo-"Propaganda" gerügt (queer.de berichtete). Die russische Partnerstadt von Berlin ist Moskau. Zudem haben Spandau und Lichtenberg noch letzte Woche zwei ähnliche Antrag zu Wolgograd und Kaliningrad angenommen.
In Russland gibt es derzeit in rund einem Dutzend Regionen Gesetze gegen Homo-"Propaganda". Die positive öffentliche Darstellung von Homosexualität kann damit in diesen Gegenden mit Geldstrafen belegt werden. Die Staatsduma hat außerdem im Januar in erster Lesung ein nationales Gesetz abgenickt (queer.de berichtete). Die Gesetze dienen offiziell dem Schutz von Minderjährigen. Auch in der Hauptstadt Moskau, in der es noch kein derartiges Gesetz gibt, wird diese Argumentation bereits angewendet: So hat die Stadt eine schwul-lebische Demo verboten und das mit dem "Schutz von Kinderrechten" begründet (queer.de berichtete). Am Wochenende wurden anschließend bei Kundgebungen rund 40 Homo-Aktivisten festgenommen (queer.de berichtete). (dk)
Da braucht man auch gar nicht erst auf Steinbrück zu schauen, sondern das gilt sogar für Wowereit.