"Wir machen keinen Hehl daraus: Wir sind als Partei gegen die völlige Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft": Tony-Xaver Fiedler, Fraktionsgeschäftsführer Markus Wiener und der schwule Michael Gabel erklären sich (Bild: Christian Scheuß)
Normalerweise bieten wir Rechtsextremen keine Plattform. Um die Substanzlosigkeit ihrer CSD-Strategie offenzulegen, machen wir bei Pro Köln eine Ausnahme. Protokoll einer Pressekonferenz.
Von Christian Scheuß
Die geplante Teilnahme der vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation Pro Köln an der Kölner CSD-Parade am 7. Juli hat einerseits für kräftige Aufschreie gesorgt, andererseits verspürt man bei der rechtsextremen "Bürgerbewegung" bereits einen kräftigen Aufwind. Pro Köln, seit 2004 auch im Stadtrat vertreten, lud vergangenen Mittwoch zum Pressegespräch in die Geschäftsstelle in der Kölner Altstadt.
Fraktionsgeschäftsführer Markus Wiener, Kulturausschussmitglied Michael Gabel (bislang der einzig bekannte Schwule in der Partei) und der für die CSD-Wagenausstattung zuständige Tony-Xaver Fiedler versammelten sich am Dienstag unter einer an der Wand hängenden Mohammed-Karikatur und dem bekannten Moschee-Verbotsschild, um den Medien zu erklären, warum und wie sie bei einer politischen Demonstration von Schwulen und Lesben dabei sein wollen. Die hier in Auszügen zusammengefassten Aussagen lassen gut erkennen, welche Strategie die Rechtsextremen verfolgen und wie wenig Substanz hinter ihrem plötzlichen Homo-Engagement steckt.
Markus Wiener (re.): Konkrete Zahlen zur angeblichen Bedrohungslage hat er nicht (Bild: CS)
Warum nehmen Sie überhaupt am CSD teil?
Wiener: Wir wollen den CSD, der in den letzten Jahren teilweise zum politikfreien Spektakel mutiert ist, zu seinen Wurzeln zurückführen. Wollen ihn wieder zu einer politischen Veranstaltung machen, wo wir den Schwerpunkt auf das Thema legen werden: Mehr Sicherheit für unsere homosexuellen Mitbürger in Köln. Wir wollen darauf hinweisen, woher in Köln die Bedrohung für Schwule und Lesben hauptsächlich herkommt. Diese Bedrohungsszenarien kommen heutzutage hauptsächlich von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, zumeist muslimischem Migrationshintergrund. Es gibt dazu entsprechende Untersuchungen aus der schwulen Community und viele Erfahrungsberichte, die das bestätigen.
Das diesjährige Motto des CSD spricht uns aus dem Herzen: 'Wir sind. So oder so'. Das sagt für uns aus, dass bei Schwulen und Lesben vielfältige politische Einstellungen vorhanden sind, die auch unsere Forderungen nach mehr Sicherheit, mehr Sauberkeit, gegen Islamisierung, gegen Überfremdung in Köln teilen. Wir sind auch Teil dieser Community. Sowohl in den Mainstreammedien, als auch in den Medien der Community ist bundesweit eine Riesendebatte entstanden. Wenn sie nur queer.de nehmen, das größte Onlinemagazin, da wird heftig diskutiert.
Und auch bei uns kommen E-Mails an, wo Homosexuelle sagen: Jawohl, ich habe Homophobie aus islamistischen Kreisen am eigenen Leib erfahren. Aber ich kann nicht offen darüber reden. Man wird sofort mit der Nazikeule bedroht, die Diskussion wird unterdrückt. Aber das Problem ist ja trotzdem da. Da ist ein Ventil geöffnet worden dank unserer CSD-Anmeldung. Allein deswegen ist das für uns schon ein voller politischer Erfolg. Die linken Blockwarte der Political Correctness, die das unterdrücken wollen, tun sich da ziemlich schwer, habe ich den Eindruck.
Bitte nennen Sie die Zahlen für Köln oder NRW, die sie für die von Ihnen behauptete Bedrohungslage als Beleg nehmen.
Wiener: Über diese Zahlen streiten sich ja viele, die dann auch in der Schwulencommunity wieder angezweifelt werden. Mir ist eine Zahl präsent, dass vierzig Prozent aller Übergriffe von muslimischen Tätern erfolgen sollen. Das wäre ja weit mehr als der Bevölkerungsanteil der Muslime. Diese Zahl ist aber auch umstritten. Konkretere Zahlen habe ich nicht, aber es gibt das subjektive Empfinden vieler Homosexueller, die sagen: Nach Köln-Kalk, nach Köln-Mülheim kann ich mich mit meinem Freund nicht hin trauen. Warum geht denn der CSD nicht durch solche Stadtteile? Das hat schon seinen Grund.
Warum hat sich Pro Köln erst in diesem Jahr für eine Teilnahme entschieden?
Wiener: Weil wir uns in dieser Frage neu positioniert haben…
Gabel: Das hängt natürlich auch mit mir zusammen. Ich bin 2010 zu Pro Köln dazu gekommen. Zunächst war der Bau der Moschee das große Thema. Aber ich habe es in die Partei mit hineingetragen. Ich wurde von Mitgliedern gebeten, mich als Beisitzer zu bewerben. Es war allen klar, dass ich schwul bin, und bin dennoch gewählt worden. […] Ich glaube, langfristig wird es so sein, dass auch die linken Parteien sich fragen müssen: Wen wollen wir? Wollen wir die Muslime oder wollen wir die Homosexuellen bei uns haben? Beides zusammen, das wird nicht funktionieren.
Wie soll der Auftritt mit dem CSD-Paradewagen von Pro Köln aussehen?
Fiedler: Das Motto unseres Wagens wird lauten "Proud to be Kölsch". Dementsprechend wird der Wagen in den Kölner Farben Rot und Weiß geschmückt sein. Wir sehen uns auch anders als die Anderen, entsprechend werden wir unsere Inhalte präsentieren. Dazu gehört auch, dass wir bestimmte Strömungen im Islam kritisieren, eben die Homosexuellenfeindlichkeit. Dementsprechende Werbemittel werden wir parat haben. Wir wollen dabei auf eine Initiative aus unserer Ratsarbeit aufmerksam machen: Wir haben den Oberbürgermeister per Antrag aufgefordert, sich im Zuge der Städtepartnerstadt mit Istanbul dafür einzusetzen, dass es auch dort einen CSD gibt. Wir werden auch musikalische Beiträge haben, die unser Motto widergeben. Sprich, es wird kölsche Musik laufen, es werden aber auch Titel dabei sein, die uns inhaltlich präsentieren…
Zum Beispiel?
Fiedler: Es gibt ja unzählige Lieder mit bestimmten politischen Aussagen, mit denen wir übereingehen. Also jetzt nicht in die Richtung Rechtsrock, sondern ganz normale Lieder. Auf Anhieb fällt mir jetzt keins ein, das ist noch in der Planung…
Gabel: 'Jauchzet, frohlocket' von Johann Sebastian Bach…
Werden Sie die Mohammed-Karikaturen mit auf den Wegen nehmen?
Fiedler: Die Karikaturen nicht, aber unser Logo mit dem Moschee-Verbotsschild.
Zu ihrem Antrag: Sie wissen, dass es in Istanbul bereits seit Jahren einen CSD gibt…?
Wiener: Der muss aber gut versteckt sein dieser CSD…
Ein kurzer Blick ins Internet gibt da reichlich Auskunft….
Wiener: Das wär mir neu. Dann muss es da eben einen größeren CSD geben.
Michael Gabel soll bei der nächsten Kommunalwahl eine größere Rolle spielen (Bild: CS)
Befürchten Sie nicht, dass Sie mit ihrer Teilnahme zu einer Spaltung und Schwächung der Community beitragen, was am Ende zur Verschlechterung der Lebenssituation von Schwulen und Lesben führen kann, wenn beispielsweise deutschnationale Stimmen stärker werden?
Gabel: Das glaube ich nicht. Das Wichtige ist ja, dass es viele pluralistische Meinungen gibt und diese gehört werden.
Bei Pro Köln gibt es auch eine Gruppierung fundamentalistischer Christen, die Homosexualität sehr kritisch betrachtet…
Wiener: Die Kölner Dumont-Presse hat es geschafft, in den vergangenen neun Jahren von einer gewählten Fraktion nicht einmal eine Stellungnahme zu einem politischen Thema einzuholen. Nicht ein Interview mit einer Fraktion, die von 20.000 Bürgern gewählt worden ist. Sie würden sich wundern, wie offen und differenziert wir auftreten könnten, wenn man uns die Gelegenheit zu einem vernünftigen Gespräch geben würde. Das oftmals nur diese Zuspitzungen und Provokationen hängen bleiben, das ist doch auch eine politische Notwehr unsererseits, um das Verschweigen und Ausgrenzen zu durchbrechen. […]
Schwule und Lesben erkennen inzwischen, dass sie eine Wahl treffen müssen. Will man sich vor einer Gefährdung schützen, die Leib und Leben bedroht? Eben auch durch fanatisch-islamische Einwanderer. Und sucht man sich dafür eine politische Interessensvertretung, die wirksam dagegen vorgeht? Oder will man weiter Multikulti-Gesang mitträllern und singend in den eigenen Untergang gehen? […]
Bei uns bekommen Schwule und Lesben eine klare Auskunft. Sie wissen, woran sie sind. Wir machen keinen Hehl daraus: Wir sind als Partei gegen die völlige Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft. Wir sind auch gegen die finanzielle Förderung der Schwulen und Lesben, weil wir sagen: Sexualität ist Privatsache. Ich brauche auch keine finanzielle Förderung der Heterosexuellen. Jeder soll sich organisieren, wie er es möchte, muss es dann aber auch aus Eigenmitteln finanzieren. Jeder soll nach eigener Facon glücklich werden, solange er keine Gesetze dabei bricht. Das ist eine klare Ansage, aber von uns gibt es keine Gefährdung für die eigene Lebensführung an sich.
Was hieße das denn beispielsweise für das Jugendzentrum anyway, das seit Jahren als erste Anlaufstelle für schwule und lesbische Jugendliche dient. Würden sie das denn in Zukunft als Fraktion unterstützen oder nicht?
Wiener: Ich glaube eher nicht, bislang haben wir das auch nicht getan, es gibt keine neue Beschlusslage dazu. Für die Ewigkeit will ich nichts ausschließen, aber bislang sehe ich keinen Grund, das zu ändern.
Gabel: Meine Idee dazu wäre ja: Man geht ja immer von zehn Prozent Schwulen und Lesben in der Kölner Bevölkerung aus, geschätzte 100.000 Personen. Dann stehen ihnen auch zehn Prozent der öffentlichen Gelder zu.
Das würde ja eine enorme Umschichtung der bisherigen Töpfe durch Pro Köln bedeuten, denn schwul-lesbische Projekte werden derzeit mit weit weniger als zehn Prozent unterstützt…
Wiener: Man kann ja über vieles diskutieren, aber vorerst kann ich nur auf die geltenden Beschlüsse der Partei hinweisen.
Planen Sie die Teilnahme an weiteren CSD-Veranstaltungen?
Wiener: Konkrete Planungen gibt es dazu nicht, wir machen jetzt erst einmal die eine Veranstaltung mit. Aber es wäre durchaus vorstellbar, dass wir künftig auch in anderen Städten mit Pro NRW präsent sein werden.
Was werden Sie tun, wenn Ihnen die Teilnahme untersagt wird?
Wiener: Wir gehen davon aus, dass uns die Teilnahme nicht verwehrt werden kann und werden notfalls gerichtliche Schritte bis zum Bundesverfassungsgericht unternehmen, falls uns in rechtswidriger Weise eine Teilnahme verwehrt werden sollte. […]
Wir werden am 17. Juni auch bei der öffentlichen Verlosung der Wagenreihenfolge mit dabei sein. Das wird demokratisch entschieden, so dass wir davon ausgehen, mittendrin im Zug dabei sein zu können und für Stimmung zu sorgen. Die Idee, uns an das Ende der Parade zu setzen, ist allein schon durch diese Wahl gar nicht möglich.
Der Versammlungsleiter hat dennoch das letzte Wort und kann unabhängig von der Loswahl Wagen an eine andere Position setzen, wenn das notwendig erscheint…
Wiener: Das ist meiner Kenntnis nach nur möglich, wenn es irgendwelche Sicherheitsbedenken gäbe, das müsste dann aber polizeilich angeordnet werden.
Und genauso gibt es auch Muslime, die beim CSD mitmarschieren, die uns vom Wegesrand zuwinken, etc. Oder z.B. einen Sportverein (Türkiyemspor), der unsere Anliegen aktiv unterstützt. Welcher deutsche Verein macht das?
Homophobie muss bekämpft werden, ja. Egal, welche Hautfarbe, welche Nationalität, etc. dahinter steht. Aber keiner will pauschale Anschuldigungen gegen alle Angehörigen einer Nationalität oder Religion. Ich will auch nicht im Ausland als Nazi abgestempelt werden, nur weil ich Deutscher bin...
Ja, CSDs sind heute nicht mehr politisch genug, sondern oft genug nur noch Party ohne Forderungen und ohne Protest. Aber das heißt nicht, dass CSDs deswegen jetzt plötzlich die politischen Ziele von ProKöln oder ProNRW verbreiten sollen.
Die Strategie ist doch klar:
die wollen den CSD politischer machen, um IHRE politischen Positionen zu verbreiten. Noch dazu unter dem Deckmäntelchen des Schutzes von Homosexuellen.
Dabei ist auch oft genug aus den Reihen der Pro...-Parteien homophobe Hetze gekommen. Wer schützt uns dann vor denen?
Das ist ein Missbrauch des CSD. Es geht beim CSD nicht um das Thema, ob man Moscheebauten verbieten soll oder Karikaturen zeigen darf. Genauso daneben fände ich, wenn die Grünen auf ihrem Wagen plötzlich keine homopolitischen Forderungen mehr stehen hätten, sondern Sachen zur Verkehrspolitik oder zur Agrarwende. Nur dass diese Themen wenigstens nicht voller Hass sind. Die Themen von Pro Köln dagegen haben nicht nur nichts mit dem CSD zu tun, sondern sind auch voller Hass und voller pauschaler Vorverurteilungen.
Nicht zuletzt geht es auch um die Sicherheit:
müssen wir uns für ProKöln in Gefahr begeben, weil die unbedingt Sachen zeigen wollen, die andere provizieren. Pro Köln WILL ja gerade eine Eskalation der Gewalt statt eine Eindämmung. Das sieht man ja immer bei ihren Demos. Aber sowas sollten wir nicht auch noch auf CSDs dulden.