Die Stimmzettel waren gelb, inhaltlich gab es aber die rote Karte: "Pro Köln" will man nicht beim CSD dabei haben. (Bild: Christian Scheuß)
Die Mitgliederversammlung des CSD-Vereins brachte das von allen erhoffte politische Signal. Der rechtsextremen Wählervereinigung "Pro Köln" wird die Teilnahme untersagt. Die Parade wird in diesem Jahr eine andere sein.
Von Christian Scheuß
Die Mitgliederversammlung des Kölner Lesben- und Schwulentages (KLuST) hat am Dienstagabend beschlossen, der rechtsextremen Wählervereinigung "Pro Köln" die Teilnahme an der CSD-Parade zu untersagen. Dies und die Absichtserklärung, einen friedlichen Gegenprotest gegen Extremisten zu organisieren sowie die Aufklärung über die Ursachen von Menschenfeindlichkeit zu vertiefen, sind mit einem mehr als deutlichen Votum verabschiedet worden: Es gab keine Gegenstimme, nur zwei Enthaltungen.
Eine der bestbesuchten Mitgliederversammlungen in der Geschichte des Trägervereins gab das von vielen erwartete deutliche politische Signal gegen Rechts. Die Community hat nach tagelangen heftigen Diskussionen im Web, in den Vereinen und den Bars die Reihen geschlossen, vorerst unbeeindruckt von möglichen Risiken durch drohende juristische Auseinandersetzungen.
Die "Repolitisierung" des CSD nicht der falschen Seite überlassen
Nach der vielen Kritik gab es für den neuen KLuST-Vorstand Streicheleinheiten von der MV (Bild: Christian Scheuiß)
Dem KLuST-Vorstand auf dem Podium war die Erleichterung nach der zweistündigen Debatte und der Abstimmung anzumerken. Dem erst vor kurzem frisch gewählten Team mit Ina Wolf, Linda Kramer, Pascal Siemens, Daniela Voigt und Jörg Kalitowitsch hatte man zuvor vorgeworfen, sich ungeschickt taktierend und zu defensiv gegenüber dem Manöver der vom Verfassungsschutz beobachteten Vereinigung verhalten zu haben. Dies hatte das schwul-lesbische Kölner Bündnis "queergestellt" sogar veranlasst, kurz vor der Mitgliederversammlung ihren Unmut kundzutun. Rund 30 Teilnehmer kamen zu einer Protestkundgebung vor dem Tagungsort, dem EL-DE-Haus, zusammen. Die ehemalige Zentrale der Gestapo – heute ein NS-Dokumentationszentrum – war ein klug gewählter Ort für diese brisante Mitgliederversammlung
Die mehr als 100 Besucher der außerordentlich einberufenen Sitzung, die wegen Platznot zusätzlich in einen Nebenraum per Videobeamer übertragen werden musste, attestierten dem Vorstand an dem Abend nun Besonnenheit und eine gründliche Vorbereitung. So lag eine gutachterliche Stellungnahme durch einen Juristen vor, der die wenig vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten für ein Teilnahmeverbot auslotet (queer.de berichtete). Und man hatte sich viele Gedanken darüber gemacht, wie denn darüber hinaus die politische Antwort des CSD auf die Provokation lauten könnte. Die lautet in der Kurzformel: Kein Platz für "Pro Köln" bei der Parade, organisierter Gegenprotest durch ein breites solidarisches Bündnis, Aufklärung und Diskussion in Sachen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Hans-Peter Killguss vom NS-Dokumentationszentrum klärte in einem Vortrag über die Herkunft und die Strategien der Anhänger von "Pro Köln" auf, die für ihn unverändert zu den extremen Rechten gehören. "Sie sind keine direkte Gefahr für die Demokratie, aber sie gefährden die politische Kultur", so seine Einschätzung. Denn das Schüren von Angst und die Ausgrenzung von Minderheiten gehören weiterhin zum Repertoire der Organisation.
Der CSD wird sich in diesem Jahr deutlich verändern
KLuST-Vorstand Pascal Siemens: Die inhaltliche Diskussion wird weiter geführt (Bild: Christian Scheuß)
Unterstützung kam auch von Andreas Kossiski, Vertreter des von zahlreichen städtischen Gruppen und Einzelpersonen geschlossenen Bündnisses "Köln stellt sich quer", dem der KLuST seit gut zwei Jahren angehört. Der Gewerkschafter und SPD-Landtagsabgeordnete kennt das populistische fremdenfeindliche Vorgehen von "Pro Köln", das die Wählervereinigung bereits bei den Protesten gegen den Bau der Moschee an den Tag gelegt hatte, sehr gut. "Ich setze mich nicht mit denen an einen Tisch und diskutiere deren Thesen." Aber natürlich müsse man sich dazu verhalten. Als ehemaliger Polizeibeamter ist er aber auch Experte in Sachen Versammlungsrecht. Und plädiert trotz aller Bedenken wegen möglicher teurer Gerichtsverfahren für ein eindeutiges politisches Signal. Sein überzeugendstes Argument "Hätten im Stonewall Inn 1969 erst einmal alle überlegt und sich juristisch beraten lassen, würden wir heute nicht hier sitzen."
Neben dem nun sehr wahrscheinlich folgenden juristischen Scharmützel wird parallel bereits an einem Plan B gestrickt, mit dem man sich auf eine gerichtlich erzwungene Teilnahme der Extremisten an der Parade vorbereiten will. Wegschauen wolle man auf keinen Fall. Auch der von Teilen der Community geforderte Boykott der CSD-Veranstaltung wurde als falsche Reaktion angesehen. "Wenn wir die Rechten mitfahren lassen müssen, dann müssen so viele wie möglich zur Parade kommen, um dagegen zu protestieren", so ein Vertreter des LSVD. Ausschreitungen, Handgreiflichkeiten, Beschimpfungen, mit all dem sei zu rechnen, aber dies müsse vor allem die Polizei verhindern, so KLuST-Vorstand Pascal Siemens. Der friedliche politische Widerstand sei dann unsere Sache.
Der mit Protestformen versierte grüne Landtagsabgeordnete Arndt Klocke konnte dem Geschäftsführer der Kölner Aids-Hilfe Michael Schumacher, der sich nun auf die erste Sitzblockade seines Aktivistenlebens freut, bereits einen guten Tipp geben: "Es gibt schöne Sitzkissen, die man dafür mitnimmt und auf den Asphalt legt…"
Die Risiken sind hinlänglich bekannt, und ein "Gewinner" steht bereits jetzt fest ! ! !