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  • 05. Juni 2013 14 3 Min.

Andreas Geisel ist seit 2011 Bezirksbürgermeister von Berlin-Lichtenberg

Aus Protest gegen das russlandweit geplante Gesetz gegen "Homo-Propaganda" hat der Bezirksbürgermeister von Berlin-Lichtenberg seine Reise nach Kaliningrad abgesagt.

Eigentlich wollte Andreas Geisel, der Bezirksbürgermeister von Berlin-Lichtenberg, bei den Feierlichkeiten zum "Tag der Stadt" in Kaliningrad am 12. und 13. Juli 2013 dabei sein. Doch nun sagte der SPD-Politiker seinen Besuch in der langjährigen Partnerstadt ab. Als Grund nannte er das russlandweit geplante Gesetz gegen "Homo-Propaganda".

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, bitte verstehen Sie, dass den Bürgerinnen und Bürgern Berlin-Lichtenbergs und auch mir als Bezirksbürgermeister angesichts dieses Gesetzesvorhabens der russischen Duma gegenwärtig der Sinn nicht nach Feiern steht", schrieb Geisel an seinen Kaliningrader Amtskollegen Alexander Yaroshuk. Der Bezirksbürgermeister nimmt in seinem Brief kein Blatt vor den Mund: "Dieses homophobe Gesetzesvorhaben ist nach unserer Auffassung mit der Mitgliedschaft der Russischen Förderation im Europarat unvereinbar. Es schürt Vorurteile und wird Intoleranz und Hass gegen Minderheiten befördern und institutionalisieren."

Eine Einschränkung der Bürgerrechte in Russland würde auch die Menschen in der Partnerstadt tangieren, schrieb Seibel. "Wir können und dürfen der Verabschiedung dieser menschenrechtsverletzenden Gesetzgebung nicht tatenlos zusehen und erklären uns deshalb solidarisch mit den Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern in Kaliningrad und ganz Russland. Wir fordern alle demokratischen Kräfte in Kaliningrad auf, sich dem Gesetzesvorhaben in der Duma entgegenzustellen."

Zu wahrer Freundschaft gehört auch Kritik


Polizei verhindert "Homo-Propaganda": Festnahme eines schwulen Aktivisten in St. Petersburg

Die Partnerschaft zwischen Berlin-Lichtenberg und Kaliningrad besteht seit 2001. Dazu gehören u.a. ein Jugend- und Kulturaustausch, Kooperationen bei Sportereignissen und zwischen Sportvereinen sowie eine Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltungen. "Zu wahrer Freundschaft und Partnerschaft gehört es auch, sich gegenseitig Kritik nicht zu verschweigen und Probleme offen anzusprechen", begründete Geisel seine deutlichen Worte. In einem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung war der Bürgermeister zuvor zum Schreiben des Briefes aufgefordert worden.

Einen ähnlichen Beschluss fasste der Berliner Bezirk Spandau gegenüber seiner Partnerstadt Wolgograd. Damit ist man in der Hauptstadt auf Bezirks- deutlich weiter als auf Landesebene. Erst in der vergangenen Woche hatte sich das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der rot-schwarzen Regierungskoalition geweigert, gegenüber der Partnerstadt Moskau das geplante russische Gesetz zur Homo-"Propaganda" zu verurteilen (queer.de berichtete). Die Schwusos zeigten sich im Nachhinein über das Abstimmungsverhalten der SPD entsetzt.

In Hamburg hatte die Bürgerschaft im vergangenen Jahr einstimmig ihre Partnerstadt St. Petersburg für die Einführung eines Gesetzes gegen Homo-"Propaganda" gerügt (queer.de berichtete). Mailand und Venedig legten aus diesem Grund sogar die Zusammenarbeit mit der ehemaligen Zaren-Metropole komplett auf Eis (queer.de berichtete).

Weitere Initiativen, den Druck auf Russland über Städtepartnerschaften zu erhöhen, gibt es in ganz Deutschland. Der niedersächsische Lesben- und Schwulenverband (LSVD) forderte im April beispielsweise 17 Bürgermeister in Briefen auf, im Rahmen der Kooperationen Einfluss zu nehmen, um das landesweit geplante Anti-Homo­sexuellen-Gesetz zu stoppen. Oldenburg, Hatten und Zerbst sicherten als erste Städte Unterstützung zu. Der Münsteraner Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) wiederum wurde von der grünen NRW-Landtagsabgeordneten Josefine Paul schriftlich aufgefordert, hart mit der Partnerstadt Rjasan ins Gericht zu gehen, die bereits ein eigenes Gesetz gegen "Homo-Propaganda" verabschiedet hat. (cw)

-w-

#1 timpa354Ehemaliges Profil
  • 05.06.2013, 12:51h
  • Endlich mal Regierungsvertreter und Amtsinhaber mit Rückgrat! Mehr davon, sollte doch nicht so schwer sein, wenn man nicht gerade von den Russen gekauft ist, wie seinerzeit Gerhard Schröder.
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#2 Oliver2013Anonym
  • 05.06.2013, 12:51h
  • Meiner Meinung nach wäre es politisch eindrucksvoller, den Dialog vor Ort zu suchen und gerade durch die Partnerschaft, die LSBTI-gruppen vor Ort zu stärken.

    Es ist wichtig, dass demokratisch legitimierte Bürgermeister aus einer weltoffenen Stadt wie Berlin, dies auch ihren russischen KollegInnen klar machen. Dies geht aber nur, wenn sie hinfahren und "vor Ort" jede Gelegenheit nutzen, Ängste abzubauen und für Verständnis zu werden.

    Dafür sind natürlich alle prädestiniert, "hetero Bürgermeister" auch. Vielleicht sogar besonders, gerade wenn die Diskussionen / Ängste / Vorurteile sich gerade so gestalten wie in einigen Ländern Mittel- Osteuropas bzw. Russland.

    Ein Boykott des Dialoges und des Austausches macht es den homophoben Gruppen / Politikern überall auf der Welt leicht zu sagen: "Seht ihr, die kommen nicht, weil es bei uns "HOMOS" gibt. " (Ein absurdes Argument natürlich, aber leider wird es politisch instrumentalisiert).

    Veränderung gelingt nur, wenn für Verständnis geworben wird, in vielen kleinen und großen Schritten. Nicht durch Boykott.
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#3 lucdf
  • 05.06.2013, 12:52hköln
  • Sehr gute Entscheidung von diesem Bürgermeister! Danke!
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