Im Bundestag lobte der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Michael Grosse-Brömer, man habe die Debatte über die Homo-Ehe "immer inhaltlich stilvoll" geführt
Die Union will bereits in der nächsten Woche ein Gesetz zum Ehegattensplitting für Lebenspartnerschaften einbringen. Eine Debatte über Oppositionsanträge wird ebenso abgelehnt wie Forderungen nach einem Adoptionsrecht.
Von Norbert Blech
Nach dem neuesten Urteil aus Karlsruhe will die Union bereits in der nächsten Woche einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen, der schwulen und lesbischen Paaren rückwirkend das Ehegattensplitting gewährt. Medienberichten zufolge gab es auf einer Sondersitzung der Fraktionen von CDU und CSU am Freitagmorgen dazu nur drei Nein-Stimmen und eine Enthaltung.
Nach der Ressortabstimmung soll die erste Lesung in der nächsten Woche abgehalten werden, die zweite und dritte Lesung bereits in der Woche danach folgen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) brachte derweil gegenüber der "Passauer Neuen Presse" eine andere Lösung ins Gespräch: "Mein Modell lautet: Überall, wo in Gesetzen von der Ehe die Rede ist, nehmen wir einfach die Lebenspartnerschaft dazu. Und dazu gehört auch die gemeinsame Adoption, ohne Wenn und Aber."
Daraus wird wohl nichts werden. So sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der "Augsburger Allgemeinen": "Es steht jetzt nur das an, was das Bundesverfassungsgericht entschieden hat – aber keine weiteren Schritte. Es gibt überhaupt keinen Grund, über das Karlsruher Urteil noch hinauszugehen und etwa auch Adoptionen für Lebenspartnerschaften freizugeben."
Während Karl-Josef Laumann anregte, in der Frage der Homo-Rechte "abzurüsten", ging das Poltern aus den eigenen Reihen weiter. Erika Steinbach schrieb in der Nacht via Twitter: "Das BVFG hat heute Ungleiches gleich gestellt und damit den Artikel 6 des GG deformiert und nicht geschützt". Und auch Norbert Geis kritisierte, das Bundesverfassungsgericht diene mehr dem "Zeitgeist" als der Verfassung. Bei der Frage des gemeinschaftlichen Adoptionsrechtes werde es "Widerstand" der Fraktion geben.
Den scheint es auch noch bei der von Karlsruhe bereits im Februar entschiedenen Frage zur Stiefkindaoption zu geben: Volker Kauder sagte am Freitag, eine Umsetzung werde es vor der Bundestagswahl im September nicht mehr geben. Hier seien schwierige rechtliche Änderungen nötig. Kauder berichtete nach dpa-Angaben zudem, er habe in der Sitzung unter großem Beifall der Abgeordneten gesagt: "Für uns gibt es die Homo-Ehe nicht. Es gibt die Ehe und es gibt die gleichgeschlechtliche Partnerschaft."
"Die Behauptung Kauders, die Umsetzung der Entscheidung des Verfassungsgerichts zum Adoptionsrecht sei kompliziert, ist vollkommener Unsinn", kritisierte umgehend der LSVD. "Es sind vielmehr ideologische Komplikationen, mit denen sich die Union herumschlagen muss: Ein kleiner reaktionärer Kreis von Abgeordneten, die immer noch dem Bild der 50er-Jahre Ehe anhängen, steht weiterhin auf der Bremse für die verfassungsrechtlich geforderte Gleichstellung. Frau Merkel verpasst die letzte Chance zum Befreiungsschlag. Der Unions-Wagen muss wohl weiterhin von den Karlsruher Richterinnen und Richtern in die gesellschaftspolitische Gegenwart gezogen werden."
Auf die Bremse bezüglich weiterer Gleichstellung tritt derweil auch der schwule CDU-Politiker Jens Spahn. Zum Adoptionsrecht bräuchte man "eine breite gesellschaftliche Debatte, die das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellt", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". "Aber auch das ist sicher ein längerer Prozess." In Hinblick auf das lange Hadern seiner Partei mit dem Ehegattensplitting meinte er: "Manchmal ist es richtig, solche Dinge langsam angehen zu lassen." Dadurch nehme man mehr Leute mit.
Youtube | Das Urteil aus Kläger-Sicht aus Saarbrücken
Kurzer Schlagabtausch im Bundestag
Barbara Höll hielt Union und FDP "billiges Taktieren" vor
Am Freitag war das Thema Gleichstellung auch Thema im Bundestag – im Rahmen einer Debatte zur Geschäftsordnung. Die Opposition wollte für den Nachmittag eine Debatte über einen Bundesratsantrag zum Ehegattensplitting führen lassen, was von Union und FDP letztlich abgelehnt wurde.
Dafür musste sich die Union von SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann anhören lassen, sie lebe in einer "homophoben Parallelgesellschaft" und sei in der Frage von Homo-Rechten "so oft mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen, dass es auch beim Zusehen weh tut".
Sein CDU-Amtskollege Michael Grosse-Böhmer hingegen verwehrte sich gegen Anschuldigungen: "Wir brauchen keine Belehrungen". Auch blieben "Ehe und Familie das Fundament der Gesellschaft". SPD und Grüne sollten sich nicht als Kämpfer für das Ehegattensplitting hinstellen, wenn sie es zugleich abschaffen wollten – auch beinhalte der Bundesratsantrag keine Rückwirkung. Zum Homophobie-Vorwurf sagte Grosse-Böhmer, die Union habe die Debatte "immer inhaltlich stilvoll" geführt – ganz im Gegensatz zur Opposition, die eine "Ignoranz gegenüber anderer Meinungen" gezeigt habe. Dafür bekam er auch aus den Reihen der FDP Applaus.
Das brachte Barbara Höll von der Linken auf die Palme, die daran erinnerte, dass die Union in Bundestagsdebatten "Norbert Geis & Co mit Thesen von vorgestern" aufgefahren und damit "Homophobie befördert" habe. Mit dem Warten auf Karlsruhe habe die Union "billiges Taktieren" gezeigt und damit der "Demokratie geschadet". Höll bedankte sich bei den Klägern und ihren Anwälten, erinnerte zugleich daran, dass das Ehegattensplitting allgemein auf den Prüfstand gehört.
"Es geht um mehr als um Steuern"
Jörg van Essen sagte zum vorliegenden Antrag, man bräuchte "keine Nachhilfe vom Bundesrat"
Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Jörg van Essen, hatte als selbst schwuler Politiker offenbar keine Lust auf die Debatte und erinnerte die Kollegen zunächst unter Applaus von CDU/CSU daran, dasss man eine Geschäftsordnungsdebatte führe, die hier "missbraucht" werde. Zugleich lobte er das Urteil; man sei gut beraten, es "1:1 umzusetzen". Durch ein paar Tage sorgfältigen Arbeitens würde niemandem geschadet.
Sein Amtskollege bei den Grünen, Volker Beck, erinnerte Schwarz-Gelb daran, seit 12 Jahren jede Initiative zu blockieren, so derzeit auch Woche für Woche im Rechtsaussschuss. "Und sie wollen es weiter so treiben: Beim Adoptionsrecht!" Eine Rückwirkung sei im Bundesratsantrag vorgesehen, aber es gehe "um mehr als um Steuern und Rechte, es geht um Gleichberechtigung" und ein Signal an die Gesellschaft, wo Unionspolitiker nur "Zoten" setzen würden.
"...ihrem Antrag auf Vergabe der für Ehegatten vorgesehenen Steuerklasse ist
zur Zeit noch abzulehnen, da noch keine Gesetzesänderung vorliegt."
Und dafür dann so früh aus dem Bett! ;-)