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Gleichstellung von Schwulen und Lesben
Union schaltet beim Adoptionsrecht auf stur

Parteichefs Seehofer und Merkel: Mit der Union gibt es eine Gleichstellung nur nach Urteilen aus Karlsruhe – und selbst dann sehr zögerlich (Bild: Freud / wikipedia)
- 09. Juni 2013 4 Min.
Nach der Gleichstellung im Steuerrecht wollen CDU und CSU an der letzten großen Diskriminierung Eingetragener Lebenspartner festhalten.
Manchmal kann es doch ganz schnell gehen: Noch vor der Sommerpause will die Union Eingetragene Lebenspartner im Steuerrecht mit heterosexuellen Eheleuten gleichstellen – freilich nur weil sie vom Bundesverfassungsgericht dazu verurteilt wurde (queer.de berichtete). Doch die Devise bei CDU und CSU lautet: Keinen Schritt weiter! Immer mehr Unions-Politiker meldeten sich am Wochenende zu Wort, die eine Gleichstellung von Lesben und Schwulen im Adoptionsrecht kategorisch ablehnen.
Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer etwa sagte der "Bild am Sonntag", beim Adoptionsrecht gehe es "vor allem um die Frage des Kindeswohls". Seehofer kritisierte zudem die jüngste Entscheidung aus Karlsruhe: "Ich teile nicht alle Schlussfolgerungen des Gerichts. Wir sind gut beraten, Ehe und Familie in unserer Gesellschaft weiter zu privilegieren."
In dasselbe Horn stieß der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und hessische Ministerpräsident Volker Bouffier: "Die Frage der Adoption kann man nicht mit einem Schnellschuss beantworten", erklärte er gegenüber dem "Spiegel". Viele Menschen fühlten "ein gewisses Unbehagen" in der Frage nach vollem Adoptionsrecht für schwule und lesbische Paare. "Zu diesen Menschen gehöre auch ich."
Laschet: Kinder haben Recht auf Vater und Mutter

Will beim Adoptionsrecht nur nach einem neuen Urteil aus Karlsruhe aktiv werden: CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt (Bild: Deutscher Bundestag / Lichtblick / Achim Melde)
Der stellvertretende CDU-Chef Armin Laschet behauptete sogar, Kinder hätten das Recht auf Unterschiedlichkeit, auf Vater und Mutter. "Dies prinzipiell auszuschließen, um jemandem ein individuelles Recht auf Gleichstellung zu geben, halte ich für falsch." Für die CSU im Bundestag stellte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt klar: "Beim Thema Adoptionsrecht werden wir nur handeln, wenn und so weit das Bundesverfassungsgericht es uns auferlegt."
Was Hasselfeld dabei ignoriert: Bereits im Februar hatte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der Sukzessivadoption für Eingetragene Lebenspartner für grundgesetzwidrig erklärt (queer.de berichtete).Verpartnerte Schwule oder Lesben müssen nach Auffassung der Karlsruher Richter ein zuvor von ihrem Partner angenommenes Kind adoptieren dürfen. Anders als beim Steuerrecht vertagte die schwarz-gelbe Koalition die geforderte gesetzliche Neuregelung jedoch auf die Zeit nach der Bundestagswahl.
CDU: Neuregelung beim Adoptionsrecht scheitert an FDP
Fraktionsvize Günter Krings (CDU) machte den Koalitionspartner für die Verschiebung verantwortlich: "Wenn es nach mir ginge, nach der Unionsfraktion ginge, hätten wir das schon längst – jedenfalls so habe ich die meisten Kollegen verstanden – umsetzen können", sagte er dem "Deutschlandfunk". "Da will die FDP aber gerne gleich mehr, also die Volladoption, auch die Fremdadoption ermöglichen. Das geht weit über das Urteil, das letzte Urteil damals aus dem Ersten Senat hinaus."
Seit Anfang März sind allerdings auch in der Frage der Volladoption zwei Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig. In den Fällen aus Berlin fordern zwei Lebenspartner das volle Adoptionsrecht für ihre Pflegekinder. Wann dazu ein Urteil gefällt wird, ist offen. Die Chancen der Kläger stehen indes gut. Bereits in ihrem Urteil zur Sukzessivadoption vom 19. Februar 2013 hatten die Karlsruher Richter festgestellt: "Unterschiede zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft, welche die ungleiche Ausgestaltung der Adoptionsmöglichkeiten rechtfertigen könnten, bestehen nicht."
Von der Leyen: Debatte um Adoptionsrecht wird weitergehen

Allein auf weiter Flur: CDU-Arbeitsministerin von der Leyen sprach sich für das volle Adoptionsrecht aus
Als eine von wenigen Unions-Politikern sprach sich Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für das volle Adoptionsrecht für Eingetragene Lebenspartner aus. "Ich kenne keine Studie, die sagt, dass es Kindern, die in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften aufwachsen, anders geht als Kindern, die in gemischtgeschlechtlichen Ehen aufwachsen", sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende im "Deutschlandfunk". Die Debatte darüber werde "sicherlich weitergehen".
Die Grünen forderten unterdessen die Bundesregierung auf, die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft bei Adoption und Steuerrecht noch vor der Sommerpause zu beschließen. "Hier werden wir den Bundestag auf jeden Fall zu einer Entscheidung zwingen! Falls die Koalition sich nicht besinnt, werden wir einen Änderungsantrag zur Abstimmung stellen", kündigte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck an. Dem bayrischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer warf er "Verfassungsbruch" vor. "Es ist absurd, das Verfassungsgerichtsurteil zur Einkommensteuer von Juni umzusetzen, das Urteil aus Februar zum Adoptionsrecht aber zu ignorieren". Seehofer wolle "unbedingt seine Abwertung und Verachtung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften zum Ausdruck zu bringen". (cw)














