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Schrillere Töne
US-Homohasser bewundern Russland
- 03. Juli 2013 3 Min.

Amerikanische Homo-Hasser sind davon überzeugt, dass Schwule und Lesben das heterosexuelle Amerika mit Gehirnwäsche gefügig machen wollen (Bild: CBN Screenshot)
Homo-Propaganda, darin sind sich viele evangelikale und katholische Aktivisten einig, ist Schuld am Verfall der Sitten. Daher sehen sie plötzlich im einstigen amerikanischen Erzfeind ein Vorbild.
Von Dennis Klein
"Man muss einige Sachen bewundern, die in Russland gegen Homo-Propaganda unternommen werden", sagte Austin Ruse, der Chef des Catholic Family and Human Rights Institute. Leider, so Ruse weiter, sei der Maulkorb für Homo-Aktivisten ja in den USA undenkbar, aber Russland habe mit seiner Homo-Politik die Unterstützung vieler amerikanischer Nichtregierungsorganisationen.
Auch Peter LaBarbera von der Gruppe "Americans for Truth About Homosexuality" lobt Russland plötzlich in den höchsten Tönen: "Die Russen wollen nicht Amerikas gefährlicher und dekadenter Verherrlichung von Geschlechtsverwirrung, sexueller Perversion und antibiblischer Ideologien folgen".
Putin ist der neue Reagan

Wladimir ist der neue feuchte Traum von Homo-Hassern aus Amerika
Die aus Illinois stammende Gruppe "World Congress of Families" will zu Ehren Russlands sogar seine nächstes Treffen im Moskauer Kreml abhalten. Bei den letzten Zusammenkünften in Amsterdam, London und Sydney, an denen jeweils mehrere tausend Aktivisten teilgenommen hatten, musste die Organisation noch viel Kritik von lokalen Politikern einstecken. Diese Gefahr besteht in Russland nicht.
Es scheint überraschend, wie schnell die amerikanische Rechte Russland als Vorbild sieht und Putin in eine Reihe mit Ronald Reagan stellt. Bis Anfang der 90er Jahre galt das Land als "Reich des Bösen", danach nach China als größter wirtschaftlicher Konkurrent auf der Weltbühne. Seit Putins Abgeordnete gegen Homosexuelle vorgehen, bewundern religiös-konservative Aktivisten das Land, das Sarah Palin einst von ihrem Balkon aus beobachtet haben will.
Die amerikanische Rechte übernimmt auch die Argumente aus Russland: So beklagte vergangene Woche etwa der größte christliche Fernsehsender CBN, dessen Programme in Deutschland auf Bibel TV ausgestrahlt werden, dass Homo-Aktivisten Propagandamethoden anwenden, "die den Gehirnwäsche-Methoden von Mao Tse-tung im kommunistischen China sehr ähnlich sind". Das Ziel der bösen Homos sei es demnach, "Heterosexuelle zu desensibilisieren". Mit einer "Flutwelle von homosexuellen Themen" im Fernsehen werde versucht, armen Heterosexuellen Homosexualität als "trojanisches Pferd" unterzuschieben.
Ein christlicher Aktivist beklagt sich in dem Beitrag: "Plötzlich sind Menschen, die sich homosexuell verhalten, also Unzucht begehen, Opfer. Das ist verrückt". Würde die Sendung nicht von Millionen Amerikanern ernst genommen, wäre sie eine wunderbare Satire.
Kampf gegen "Homo-Faschisten"

Michele Bachmann und ihr Ehemann Marcus (links) betreiben seit Jahren einen Kreuzzug gegen Homosexuelle
Die Opferrolle wollen die Homo-Hasser nun selbst übernehmen. Seit der Entscheidung des Supreme Courts, der am vergangenen Mittwoch Homo-Rechte gestärkt hat, warnen die Fundamentalisten davor, dass sie bald unterdrückt werden würden: "Das Urteil warnt zukünftige Christen, dass sie die Wahl haben: Entweder halten sie ihren Mund oder sie werden nicht nur zum gesellschaftlichen Außenseiter, sondern müssen empfindliche Geldstrafe oder Gefängnis befürchten", so Janice Crouse von den "Concerned Women for America", eine in den 70er Jahren von einer Pfarrersgattin gegründete Hassgruppe.
Auch Nazi-Vergleiche werden angestellt, insbesondere wenn Schwule und Lesben vom Catholic Family and Human Rights Institute oder der American Family Association als "Homo-Faschisten" diffamiert werden. Amerikanische Christen, so die Botschaft, werden gegenwärtig so verfolgt wie einst europäische Juden.
Ironischerweise versuchen die kalten Hetero-Krieger auch, die Strategien der Homo-Bewegung zu kopieren. So will das Family Research Council, einer der größten derartigen Gruppen, am 31. Juli den "Ex-Gay Pride" feiern. Weil Schwule und Lesben als "geschützte Klasse" anerkannt werden würden, sollten auch "geheilte" Homosexuelle diesen Status erhalten, meinen die Aktivisten. Sie planen eine große Gala in Washington D.C. mit den homofeindlichsten Kongressabgeordneten, Tim Huelskamp aus Kansas und Michele Bachmann aus Minnesota.
Von Fakten oder aktuellen Entwicklungen lassen sich die Eiferer dabei nicht aufhalten. Denn es ist noch nicht einmal zwei Wochen her, dass die größte Homoheiler-Organisation ihre Auflösung bekannt gegeben hat (queer.de berichtete). Der Vorsitzende entschuldigte sich sogar dafür, Homo-Heilung betrieben zu haben und erklärte, dass sich die sexuelle Orientierung nicht wie die Frisur verändern lasse. Das Family Research Council hält aber auch das nur für "Propaganda".














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