Micha Schulze schreibt an den Berliner Verlagsgründer, der zusammen mit Tino Henn und David Berger 20.000 Euro an schwule Politiker von CDU, FDP, SPD und Grüne spendet – die Linke bei seinem "Dankeschön" aber auslässt.
Lieber Bruno Gmünder!
Als Du mich zu Deiner neuen Facebook-Gruppe "Deine Stimme für gleiche Rechte!" eingeladen hast, hatte ich mich erst sehr gewundert: Macht jetzt ausgerechnet der bürgerlichste aller Homo-Verleger und Duzfreund von Peter Altmaier Werbung für Rot-Grün? Jeder weiß schließlich: Zu einer Öffnung der Ehe wird es in der kommenden Legislaturperiode nur dann kommen, wenn die schwarz-gelbe Regierungskoalition ihre Mehrheit verliert.
Doch nein, bei Deiner jüngsten PR-Aktion geht es eher um schwules Geklüngel: Zusammen mit Deinem Nachfolger in der Verlagsleitung Tino Henn und "Männer"-Chefredakteur David Berger hast Du Dir vier homosexuelle Bundestagsabgeordnete herausgepickt und diesen jeweils 5.000 Euro gespendet.
Verbündete gibt es auch in den Regierungsparteien
Hat im Wahlkampf die Spendierhosen an: Verlags-Gründer Bruno Gmünder (Bild: Bruno Gmünder Verlag)
Bei Volker Beck (Grüne), Johannes Kahrs (SPD), Michael Kauch (FDP) und Stefan Kaufmann (CDU) willst Du Dich mit diesem durchaus stattlichen Sümmchen "für deren bisheriges Engagement im Hinblick auf die rechtliche Gleichstellung Homosexueller bedanken und ihren Bundestagswahlkampf unterstützen", heißt es in einer dazu an Freitag vom Verlag verschickten Pressemitteilung. Zugleich rufst Du zu Wahlkampfspenden für diese vier Politiker auf. "Sie stehen stellvertretend für eine größere Gruppe von Bundestagsabgeordneten aus allen Parteien, die sich in den letzten Jahren für LGBTI-Rechte stark gemacht haben."
Vom Grundgedanken her finde ich Deine Aktion durchaus richtig und unterstützenswert, zumal es bislang nicht wirklich nach einem Regierungswechsel ausschaut. Um in Deutschland mittelfristig gleiche Rechte für Lesben und Schwule durchzusetzen, müssen wir nicht nur die Parteien nach ihren Programmen bewerten, sondern auch einzelne Personen. Freunde (und Gegner) einer umfassenden Gleichstellung gibt es schließlich in allen politischen Lagern. Auch in den Regierungsparteien haben wir Verbündete, die es zu unterstützen gilt, wenngleich diese in der Union in der Minderheit und für mein Befinden viel, viel zu still sind.
Barbara Höll besitzt das falsche Parteibuch
Screenshot aus der Facebook-Gruppe: Für Beck, Kahrs, Kauch und Kaufmann schlägt Bruno Gmünder die Spendentrommel
Doch leider hat Deine großzügige Spendenkampagne einen entscheidenden Schönheitsfehler: Ausgerechnet Barbara Höll von der Linksfraktion ging beim Geldverteilen leer aus. Dabei setzt sich die Leipzigerin seit über zwanzig Jahren im Deutschen Bundestag für LGBT-Rechte und für Menschen mit HIV und Aids ein. Anders als etwa ihr CDU-Kollege Stefan Kaufmann hat sie zahlreiche Gesetzesentwürfe, Anfragen und Debatten zu wichtigen queeren Themen initiiert – und stets für gleiche Rechte und nicht etwa dagegen gestimmt.
Doch offensichtlich besitzt Barbara Höll das falsche Parteibuch – und das entlarvt Dein willkürliches Geldverschenken als Nebelkerze im politischen Streit um gleiche Rechte und als plumpe, nicht mal wirklich durchdachte PR für den Verlag. Ist da etwa der antikommunistische Reflex dreier westdeutscher Unternehmer, die mit der Mauer groß geworden sind, größer als ein wirklich parteiübergreifender und glaubwürdiger Einsatz für LGBT-Rechte? Oder ist für eine engagierte Hetera in Deiner gesponserten Homo-Männer-Kungelrunde kein Platz?
Dein Argument, dass Barbara Höll ja von der sächsischen Linken auf einen unsicheren Listenplatz gesetzt wurde, ist vorgeschoben. Gerade deshalb hätte sie doch in diesem Wahlkampf die besondere Unterstützung der Community verdient!
Wer den Wahlkampf von Barbara Höll finanziell unterstützen möchte, kann auf das folgende Spendenkonto überweisen: Linke Leipzig, Kontonummer 11 2550 4222, Stadtsparkasse Leipzig, BLZ 860 555 92, Betreff: Wahlkampf B. Höll. Die Spendenkonten der anderen Politiker finden sich auf der unten verlinkten Kampagnenseite.
Aber ich finde es auch sehr sonderbar, wenn Bruno Gmünder, Tino Henn und David Berger zwar einem Unionspolitiker, der im Zweifel dann doch eher dem Fraktionszwang als seinem Gewissen folgt und homophobe Beschlüsse abnickt, Geld zukommen lassen, während die Linke, wo nicht nur Einzelpersonen, sondern der Großteil der Partei für Gleichstellung kämpft, leer ausgeht.
Das ist ziemlich unglaubwürdig.