Angela Merkel am Freitag vor Evangelikalen in Schwäbisch Gmünd. Auf einem CSD war sie noch nie, selbst Grußworte für LGBT-Veranstaltungen lehnt sie seit Jahren ab
Bei ihrer Rede vor dem Evangelischen Gemeinschaftsverband betonte die Kanzlerin den besonderen Schutz der Ehe, vergaß aber, sich von dort beworbener Homo-"Heilung" zu distanzieren.
Von Norbert Blech
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Freitag das Jugendtreffen des Evangelischen Gemeinschaftsverbands Baden-Württemberg in Schwäbisch Gmünd mit einer Rede eröffnet. Es war der erste Besuch der CDU-Vorsitzenden bei den "Apis".
Die evangelikalen Altpietisten, ein bibeltreuer Verbund mit Sonderstatus innerhalb der evangelischen Kirche, sprechen sich wie ihre Dachorganisation, der Gnadauer Gemeinschaftsverband, gegen die Öffnung der Pfarrhäuser für Homo-Paare aus wie auch gegen die jüngste Orientierungshilfe der EKD, die schwule und lesbische Beziehungen als gleichwertig bezeichnet.
Vor allem aber befürworten beide Verbände Angebote zur "Veränderung" der Homosexualität. So hatte Apis-Vorsitzender Steffen Kern im Verbandsmagazin "Gemeinschaft" beklagt, dass "homosexuelle Lebensformen massiv gefördert werden". Und in der Ausgabe vom Oktober 2011 alle Texte zum Thema Homosexualität Homo-"Heilern" zur Verfügung gestellt: Dem Institut "Wüstenstrom" sowie dem "Weißen Kreuz", die beide Umpolungsseminare angeboten haben und nun von "Neuorientierung" und einem "tatsächlichen Potential einer Veränderung" schreiben durften (queer.de berichtete). Kern hat sich auch dafür eingesetzt, "Wüstenstrom" ins Diakonische Werk aufzunehmen und sich gegen eine öffentliche Verurteilung des Verbands gewandt.
Für den "Schutz" der Ehe
Im "Apis"-Magazin "Gemeinschaft" wurde offen für Homo-"Heilung" geworben (PDF)
Wenngleich die Bundesregierung sich in diesem Jahr nicht dazu durchringen konnte, Homo-"Heilung" zumindest bei Jugendlichen zu verbieten (queer.de berichtete), lehnt sie entsprechende Therapien zumindest offiziell ab (so etwa eine Aussage aus dem Jahr 2008).
Das hielt Merkel aber nicht davon ab, bei dem Apis-Jugendtreffen eine Rede unter dem Titel "Das christliche Menschenbild und die christlichen Grundwerte als Voraussetzung für unser politisches Handeln" zu halten. Merkel hätte wissen müssen, bei wem sie da eingeladen ist – die queer.de-Berichte über Apis und Gnadauer Gemeinschaftsverband, dem Merkel Anfang des Jahres ein Grußwort geschrieben hatte (queer.de berichtete), waren von Politikern wie Volker Beck verbreitet worden und sicher auch den Lesben und Schwulen in der Union aufgefallen. Das Thema Homo-"Heilung" wurde bei dem Treffen aber von ihr nicht angesprochen.
Zumindest gibt es keine entsprechenden Presseberichte; ein Redemanuskript ist online nicht verfügbar und die CDU-Pressestelle hat auf eine entsprechende Anfrage bislang nicht reagiert. Dafür sprach Merkel das Thema Homo-Ehe an; der Apis-Vorsitzende, der Landessynodale und Pfarrer Steffen Kern, hatte in seiner Eröffnungsrede Merkel gebeten, an der Ehe als Institution festzuhalten und sich für den Schutz von Ehe und Familie "als nicht aufzugebende Institution" einzusetzen.
"Wir wollen den besonderen Schutz der Ehe", sagte Merkel dazu in ihrer Rede – eine klare Absage an eine Gleichstellung. Zugleich betonte sie immerhin: "Aber wir haben auch immer wieder darum gerungen und uns ganz klar gegen die Diskriminierung anderer Lebensformen ausgesprochen." Auch Befürworter einer Gleichstellung hätten gute Argumente, etwa wenn es um gegenseitige Verantwortung ginge.
Wahlkampf mit Gott
Auf Facebook zeigte sich Angela Merkel mit Kreuz und Blumenstrauß. Ihn überreichte der Apis-Vorsitzende Steffen Kern, der für Menschen, die "ihre homosexuelle Prägung nicht ausleben wollen", eine "unterstützende Begleitung" fordert.
Ansonsten erwähnte Merkel bei dem Vortrag, zu dem sie per Diensthubschrauber aus Berlin gebracht wurde, dass christliche Werte "einen wichtigen ethisch-moralischen Kompass" liefern würden. Das "C" im Parteinamen sei keine Folklore, sondern eine Basis, vor der politische Entscheidungen Bestand haben müssten. Zwar ließen sich diese aus dem Glauben nicht direkt herleiten, "wir müssen ja in der Welt von heute leben". Aber sie suche das "Gespräch mit Gott, um zu fragen, ob das richtig ist, was ich mir überlegt habe".
Merkel betonte, dass bereits im Grundgesetz die "Verantwortung vor Gott und den Menschen" angesprochen werde, und bekannte sich zum Religionsunterricht und zum Staatskirchenrecht mit den umstrittenen Punkten Kirchensteuer, Staatsleistungen und Arbeitsrecht. Die Politik brauche die Stimmen kritischer Christen, so Merkel. "Ohne die Kirchen wäre Deutschland nicht nur geistig ärmer, sondern auch sozial kälter. Kirchen wirken sinnstiftend und stärken den Zusammenhalt der Gesellschaft."
Die Rede wurde, wie wohl im Wahlkampf erwünscht, von konservativen Medien gut aufgenommen. "Bundeskanzlerin Merkel nimmt sich manchmal Zeit zum Beten", freute sich etwa "Focus Online". Die "Welt" verbreitete Merkels Versprechen, fest "an der Seite der Kirche" zu stehen. Allgemein wurde Merkels Spruch zur Ehe überraschend als Nicht-Einknicken vor den Forderungen der Bibeltreuen bewertet.
Das evangelikale Nachrichtenportal idea.de machte mit einem weiteren Zitat Merkels auf: "Vor Gott bin ich nicht die Bundeskanzlerin." Idea hatte erst in der letzten Woche berichtet, dass die Homo-"Heiler"-Organisation "Wüstenstrom" mit Sitz in Tamm, also im Einzugsgebiet der Landessynode, nach eigenen Angaben derzeit etwa 300 Menschen betreut. "Je älter die Betroffenen seien, desto schwieriger sei eine Umorientierung", wird "Wüstenstrom"-Leiter Markus Hoffmann indirekt zitiert. "Die Veränderungsrate bei unter 20-Jährigen liege bei 85 Prozent. Jenseits des 40. Lebensjahres fänden rund 30 Prozent zu einer Neuorientierung."
Da ist es wohl gut, dass es mit Unterstützung der Bundeskanzlerin evangelikale Jugendverbände gibt, die früh für die "Heilung" werben…
Details zu den Homo-"Heilungs"-Thesen der angesprochenen Verbände in den früheren Berichten. Angela Merkel ist am Sonntag zu Gast im "Bericht aus Berlin" (ARD, 18.30h).
Und diese Partei, die diese lebensgefährliche Gehirnwäsche unterstützt wird auch noch von Bruno Gmünder und David Berger unterstützt.