Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gehört zu den Erstunterzeichnern der "Berliner Erklärung" (Bild: Henning Schach)
In Berlin wird am Mittwoch die "Berliner Erklärung: Gemeinsam gegen Homophobie. Für Vielfalt, Respekt und Akzeptanz im Sport" vorgestellt. Die "Sport Bild" erscheint dazu mit einem Homo-Schwerpunkt, der DFB veröffentlicht seine lang angekündigte Broschüre.
Auf Initiative der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld haben Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Familienministerin Kristina Schröder (CDU) gemeinsam mit der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes sowie Spitzenfunktionären von Sport- und Fußballvereinen die "Berliner Erklärung: Gemeinsam gegen Homophobie. Für Vielfalt, Respekt und Akzeptanz im Sport" unterzeichnet. Der Appell wird am Mittwochmittag in Berlin auf einer von ZDF-"Sportstudio"-Frontfrau Katrin Müller-Hohenstein moderierten Veranstaltung in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom vorgestellt (queer.de wird darüber ausführlich berichten).
"In weiten Teilen des Sports sind homophobe Tendenzen […] nach wie vor stark ausgeprägt, homosexuelle Sportlerinnen und Sportler fühlen sich diskriminiert und in ihren Entfaltungsmöglichkeiten eingeschränkt", heißt es in der Berliner Erklärung. Zudem werde das Attribut der (vermeintlichen) homosexuellen Orientierung "gezielt für Anfeindungen, Verunglimpfungen und Herabsetzungen sowie als Ventil für eigene Ängste, Frustrationen und Aggressionen im Sport eingesetzt".
Empirisch belastbare Daten zur Homophobie im Sport gefordert
Die Urkunde der Berliner Erklärung wurde vorab verbreitet
In dem unten dokumentierten Appell heißt es weiter: "Wir setzen uns von daher für ein aktives Vorgehen gegen Homophobie auf allen Ebenen des Sports ein. Wir unterstützen Maßnahmen zur Förderung eines vorurteilsfreien Klimas sowie zur Schaffung einer Kultur gelebter Vielfalt auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung und Achtung." Um diese möglichst adressatengerecht anbieten zu können, seien empirisch belastbare Daten zur Homophobie im Sport "unabdingbar".
Jörg Litwinschuh, Vorstand des Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, bedankte sich in einer Pressemitteilung bei den Unterzeichnern dafür, "dass sie erstmals gemeinsam ein deutliches Zeichen gegen Homophobie und für die Akzeptanz von homosexuellen Sportlerinnen und Sportlern setzen". Er stellte zudem das von der Universität Vechta entwickelte Bildungsprojekt "Fußball für Vielfalt" vor, das die Hirschfeld-Stiftung in die Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen integrieren möchte. Litwinschuh lud alle Profi-Sportler dazu ein, sich ím Rahmen der Kampagne zu engagieren: "Denn wir brauchen Vorbilder im Sport, die deutlich sagen, dass sie Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle und Intersexuelle (LSBTI) im Sport akzeptieren bzw. dass sie selbst lesbisch, schwul, bisexuell, trans* oder inter* sind!"
DFB veröffentlicht Infobroschüre "Fußball und Homosexualität"
Parallel zur Berliner Erklärung stellt die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ihr Bildungsprojekt "Fußball für Vielfalt" vor
Mit gutem Beispiel scheint der Medienpartner "Sport Bild" vorangegangen zu sein: Die Wochenzeitschrift aus dem Axel Springer Verlag – immerhin auflagenstärkstes Sportblatt in Europa – veröffentlicht am Mittwoch zum Kampagnenauftakt erstmals eine Ausgabe mit dem Schwerpunkt "Homosexualität im Fußballsport" (queer.de wird sie am Mittwoch unter die Lupe nehmen).
Parallel hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB), dessen Präsident Wolfgang Niersbach zu den Erstunterzeichnerm gehört, die seit mehreren Monaten angekündigte Informationsbroschüre Fußball und Homosexualität veröffentlicht. Auf 28 Seiten liefert das Heft zahlreiche Informationen, Begriffserklärungen und Kontaktadressen rund um das Thema Homosexualität und Homophobie im Fußball. Es soll in den kommenden Tagen an die Regional- und Landesverbände sowie alle rund 26.000 Vereine in Deutschland versendet werden, heißt es in einer Pressemitteilung des DFB.
"Es ist die klare Haltung des DFB, dass jede Person, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen will, auf die Unterstützung durch unseren Verband zählen kann", erklärte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. "Es war uns wichtig, im engen Austausch mit Experten eine Broschüre zu entwickeln, die einen Beitrag zu einem vorurteilsfreien Umgang mit dem Thema leisten kann. Sie soll darüber hinaus Vereinen, Aktiven, Trainern und Betreuern praxisorientierte Informationen an die Hand geben." (cw)
Dokumentation
Berliner Erklärung: Gemeinsam gegen Homophobie. Für Vielfalt, Respekt und Akzeptanz im Sport
Als Akteur_innen und Partner_innen des Sports fühlen wir uns dessen integrativer Kraft in unserer Gesellschaft verpflichtet: Der Sport steht für Vielfalt, er verbindet Menschen unterschiedlichster Herkunft, Weltanschauung und Persönlichkeitsattribute. Zentrale Werte im Sport sind Respekt, Toleranz und Fair Play. Nachdrücklich anerkennen wir die bedingungslose Umsetzung dieser Werte im Sport.
In weiten Teilen des Sports sind homophobe Tendenzen dennoch nach wie vor stark ausgeprägt, homosexuelle Sportlerinnen und Sportler fühlen sich diskriminiert und in ihren Entfaltungsmöglichkeiten eingeschränkt. Zudem wird das Attribut der (vermeintlichen) homosexuellen Orientierung gezielt für Anfeindungen, Verunglimpfungen und Herabsetzungen sowie als Ventil für eigene Ängste, Frustrationen und Aggressionen im Sport eingesetzt.
Wir setzen uns von daher für ein aktives Vorgehen gegen Homophobie auf allen Ebenen des Sports ein. Wir unterstützen Maßnahmen zur Förderung eines vorurteilsfreien Klimas sowie zur Schaffung einer Kultur gelebter Vielfalt auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung und Achtung. Solche Maßnahmen sollten vor allem auch auf Jugendliche und junge Erwachsene ausgerichtet sein, um entsprechende Haltungen im Zuge ihrer Identitätsentwicklung zu stärken.
Um diese Maßnahmen möglichst adressatengerecht anbieten zu können, sind empirisch belastbare Daten zur Homophobie im Sport unabdingbar. Wir unterstützen von daher entschieden die Intensivierung der wissenschaftlichen Forschung auf diesem Gebiet. Das Zusammenwirken möglichst vieler Einrichtungen des Sports und der Zivilgesellschaft für Vielfalt, Respekt und Akzeptanz im Sport bietet die besten Voraussetzungen für einen nachhaltigen Wandel im Denken und Handeln aller Beteiligten."
Erstunterzeichner_innen: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, MdB (Bundesministerin der Justiz, Vorsitzende des Kuratoriums der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld); Dr. Hans-Peter Friedrich, MdB (Bundesminister des Innern); Dr. Kristina Schröder, MdB (Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend); Ilse Ridder-Melchers (Vizepräsidentin Deutscher Olympischer Sportbund); Wolfgang Niersbach (Präsident Deutscher Fußball-Bund); Uli Hoeneß (Präsident FC Bayern München); Klaus-Dieter Fischer (Präsident SV Werder Bremen); Martin Kind (Präsident Hannoverscher Sportverein von 1896); Thorsten Manske (Vizepräsident Hertha BSC Berlin); Ralf Auer (Präsident VfR Mannheim 1896); Dirk Zingler (Präsident 1. FC Union Berlin); Stefan Orth (Präsident FC St. Pauli von 1910); Christine Lüders (Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes); Aletta Gräfin von Hardenberg (Geschäftsführerin Charta der Vielfalt); Jörg Litwinschuh (Geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld)